Wer den Himmel berührt
wir zweimal wöchentlich routinemäßig Patienten besuchen, bis wir uns einen Überblick verschafft haben und wissen, wie es hier weitergeht.«
Cassie nickte. Sie trug eine schicke hellbraune Gabardinehose, ein rosa Baumwollhemd und die Reitstiefel mit den hohen Absätzen, die die Rinderzüchter bevorzugten. Ihren neuen Stetson hatte sie auf einen Stuhl geworfen.
»Woher werden all diese Menschen dort draußen wissen, wann wir soweit sind, unsere Routinebesuche anzutreten?« fragte sie Horrie.
Sam antwortete. »Wann werden wir Zeit für unsere Routinebesuche haben, wenn wir jetzt schon soviel zu tun hatten, wie es der Fall war, ehe wir unseren Bereitschaftsdienst offiziell auch nur begonnen haben?«
Horrie lachte. »Betty wird in zehn Tagen hier eintreffen, ziemlich genau um die Zeit, zu der wir offiziell mit unserer Arbeit beginnen. Wir werden auf der Stelle heiraten. Im Grunde genommen kenne ich hier überhaupt niemanden, und daher wäre es mir lieb, wenn ihr beide für uns da wärt.«
Cassie freute sich ganz außerordentlich.
»Ich glaube, ich sollte ständig über Funk erreichbar sein. Vielleicht kann ich eine Zeitlang hier wohnen.«
Sie sah sich um, und diese Betty tat ihr jetzt schon leid.
»Betty sagt, sie wird lernen, die Funkgeräte zu bedienen, damit sie zwischendurch für mich einspringen kann.«
Sams Stuhlbeine knallten auf den Boden.
Horrie sagte: »Ich werde nachfragen, ob einige der größeren Gehöfte uns die Erlaubnis geben, dort auch die Patienten aus der Umgebung zu behandeln. Wir werden improvisieren. Von Tag zu Tag dazulernen. Alle werden darauf versessen sein. Natürlich werdet ihr routinemäßig die AIM -Hospitale aufsuchen.«
Cassie schlang sich die Arme um den Oberkörper. Trotz der trostlosen Landschaft spürte sie, wie die Aufregung angesichts dieser neuen Herausforderung sie packte.
Horrie schien es keine Schwierigkeiten zu bereiten, sie zu akzeptieren. Ganz im Unterschied zu Sam. Sam wußte, wie er mit den süßen jungen Mädchen umzugehen hatte, die ihm in die dunklen Augen sahen und ihn anlächelten, ihn neckten und ihn herausforderten, sie zu küssen und sie in die Arme zu ziehen. Er wußte bestimmt, was er mit diesen Frauen anfangen sollte, dachte Cassie, aber er wußte nicht so recht, was er mit ihr anfangen sollte. Er benahm sich, als seien ein denkendes menschliches Wesen und eine Frau zwei verschiedene Dinge. Es war nicht etwa so, daß er etwas gesagt oder sich jemals anders als äußerst kooperativ verhalten hätte, und doch herrschte eine Spannung zwischen ihnen. Cassie wußte, daß er es nicht guthieß, wenn Frauen beschlossen, Ärzte zu werden … oder Anwälte, vermutete sie, oder Ingenieure oder Piloten, wenn sie irgendeinen dieser Berufe ergriffen, die als männliche Domäne galten. Andererseits verhielt er sich ausnehmend höflich. Aber warum konnte er nicht so sein wie Horrie? Offen, freundlich und herzlich.
Sam und Dr. Adams. Jetzt schon zwei Pfähle in ihrem Fleisch.
»Das war ja wirklich eine prima Fete«, sagte Cassie, die das Geschirr abtrocknete, das Fiona spülte. Sie hatten gerade für Mitglieder des Komitees des Fliegenden Ärztedienstes, die sich in Augusta Springs getroffen hatten, um Sam und Cassie kennenzulernen und über die Vorgehensweise zu diskutieren, eine Party veranstaltet.
»Wenigstens hat es mir etwas gebracht«, bemerkte Fiona, während sie sich mit einem Arm die feuchte Stirn abwischte. Ihre Hände waren voller Seifenschaum. »Ich bin jetzt Ehrenmitglied des Komitees.«
»Ja«, sagte Cassie. »Wie kommt es, daß keine Frauen in diesem Rat sitzen?«
Fiona drehte sich zu ihr um, sah sie an und zog eine Augenbraue hoch. »Vielleicht hast du es noch nicht gehört.«
»Du meinst, daß wir in einer Männerwelt leben?« Cassie stellte gerade ein paar Tassen in den Schrank.
»Da wir gerade von Männern sprechen, fang schon an!«
»Womit soll ich anfangen?«
»Über die Männer zu reden, die hier waren. Mein Gott, dieser Steven Thompson ist wirklich eine Wucht. Er mag zwar fünfzig sein, aber, meine Güte!«
Cassie lächelte. »Du hast recht. Und seine Frau hat mir auch gefallen. Sie ist einfach toll.«
»Ihr Sohn auch. Er ist der größte Herzensbrecher, der hier rumläuft. Wie gewonnen, so zerronnen, und doch wüßte ich nicht ein einziges Mädchen, das nicht schon allein für einen Tanz mit ihm Liebeskummer riskieren würde.«
»So gut kann niemand sein!«
Fiona schüttelte das Spülwasser in den Ausguß. »Eines Tages
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