Wer den Himmel berührt
und auf ihren Gesichtern zeigte sich Interesse, wenn nicht gar Ehrfurcht.
Hinter der Garage kam im Dauerlauf Jennifer heraus, die sich das graumelierte Haar zu einem Knoten zusammengesteckt hatte. Sie trug eine Reithose und eine blaßtürkise Bluse. Sie hatte die Taille und den Gang einer Achtzehnjährigen. Als sie dem Flugzeug näher kam, breitete sie beide Arme aus.
»Willkommen auf Tookaringa.« Sie lächelte Sam strahlend an, als sie sich bei Cassie einhängte und sie mit sich zu ziehen begann. »Wir haben auf der Veranda alles aufgebaut, was unserer Vorstellung davon entspricht, was Sie für Ihre Sprechstunde und für Ihre ambulanten Behandlungen gebrauchen könnten.«
Sie liefen über einen ausgetretenen Pfad und kamen an einstöckigen Häusern vorbei. Jennifer zog Cassie zu dem dritten Haus. »Das hier ist die Schlafbaracke der Männer. Einer unserer Viehhüter ist gestern vom Pferd gefallen, und wir wissen nicht, ob er sich ein Bein gebrochen hat. Sehen Sie sich ihn als ersten an, denn er hat ziemlich schlimme Schmerzen.« Sie lief durch die offenstehende Tür in einen großen Gemeinschaftsraum mit bequemen alten Sesseln, die absolut nicht zusammenpaßten, und einem Sofa. Ein Radio stand da, und Zeitschriften waren im ganzen Raum verstreut. In einem Bücherschrank standen Dutzende von Büchern, von denen die meisten, nach dem Zustand ihrer Einbände zu urteilen, häufig durchgeblättert worden waren.
»Walt liegt in diesem Gang«, erläuterte Jennifer und ging in einen anderen großen Raum voraus, in dem ein Dutzend Pritschen stand. Auf einer von ihnen lag ein schlafender Mann. »Ich kann mir gut vorstellen, daß seine Kumpel ihm etwas gegeben haben, damit er den Schmerz nicht spürt.« Jennifer lächelte, trat an sein Bett und rüttelte ihn an der Schulter. Er stöhnte, wachte jedoch nicht auf.
Cassie beugte sich vor und sah sich seinen geschwollenen Fuß an. Er erwachte selbst dann nicht, als sie auf seinen Knöchel drückte. »Eine Verstauchung von der übelsten Sorte. Zum Glück hat er sich den Fuß nicht gebrochen, aber es sieht ganz so aus, als sei einer seiner Zehen gebrochen. Der Nagel hat sich violett verfärbt, und der Zeh ist geschwollen. Gegen einen gebrochenen Zeh kann man nichts tun. Das kann nur die Zeit heilen. Ich komme später noch einmal wieder, wenn er wach ist.« Nüchtern wäre das treffendere Wort gewesen. »Ich denke, er wird etwa eine Woche lang nicht laufen können.«
»Gott sei Dank, daß es nichts Schlimmeres ist«, sagte Jennifer. Sie lief durch die großen Räume zurück auf die Veranda, hängte sich wieder bei Cassie ein und führte sie zum Haupthaus des Gehöfts. Auf dem Weg erklärte sie die Funktion der einzelnen Gebäude. »Dort bewahren wir unsere Vorräte auf. Wir bekommen nur zweimal im Jahr Waren geliefert. Wir schicken Bestellungen an Teakle und Robbins, und die liefern uns alles, was wir wollen, aber irgendwo müssen wir die Sachen unterbringen. Wir haben hier praktisch unsere eigene Gemischtwarenhandlung. Ich muß Listen von Dingen anfertigen, von denen wir glauben, daß wir sie in den nächsten sechs Monaten brauchen werden. Und das ist die Schlafbaracke der Mädchen. Sie ist wesentlich gemütlicher als die der Männer. Dieses Gebäude dort drüben, das gleich vor dem Haupthaus steht, ist Stevens Büro – dahinter haben der Buchhalter und der Aufseher ihre Räume. Und das … das, meine Liebe, ist Tookaringa.«
Sie waren vor den anderen Gebäuden stehengeblieben und gelangten jetzt zu einem Hang. Dort stand mit einem Ausblick auf eine ausgedehnte frisch gemähte Rasenfläche und ein Dutzend hohe Palmen, die in regelmäßigen Abständen voneinander gepflanzt worden waren, ein dreistöckiges gelb und weiß gestrichenes viktorianisches Haus – das reinste Lebkuchenhaus, mit allen erdenklichen Schnörkeln und Verzierungen versehen. Es war auf allen Seiten von einer breiten Veranda umgeben.
Es erhob sich majestätisch und wirkte deplaziert in diesem Land mit seinen wenigen Häusern – und selbst diese waren immer möglichst flach gehalten. Am unteren Ende des Rasens, der den Hang überzog, standen hohe Eukalyptussträucher an einem Teich. Schwarze Schwäne und Enten trieben auf dem Wasser.
»Selbst nach dreißig Jahren habe ich mich noch nicht daran satt gesehen«, sagte Jennifer und drückte Cassies Arm.
»Das ist kein Wunder. Es ist zu schön.« Ein schwarz-weißer Vogel mit einem langen Schnabel schwang sich aus einem der Bäume am Wasserrand auf und
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