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Wer den Himmel berührt

Wer den Himmel berührt

Titel: Wer den Himmel berührt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Bickmore
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Maxim sie geliebt hat«, sagte Grace. »War Rebecca nicht trotz allem eine scheußliche Frau?«
    »Isabel, lassen Sie sich von Grace das Morphium holen«, schlug Cassie vor. »Es gibt keinen Grund dafür, daß Sie so sehr leiden sollten.«
    Isabel schlug die Augen auf und schüttelte den Kopf.
    »Nein«, sagte Grace. »Sie hat zu mir gesagt, daß sie nichts und niemandem verpflichtet sterben will.«
    Cassie wußte nicht, ob sie sie dafür bewundern oder es für eine Dummheit halten sollte. Sie warf einen Blick auf die Frau, die kaum einen Abdruck auf dem Kissen hinterließ, auf dem ihr Kopf lag. Die Haut schien von ihren Armen herunterzuhängen.
    Cassie stand auf. »Morgen fliegen wir zu einer Sprechstunde raus, und daher werde ich nicht vorbeikommen, wenn wir nicht außergewöhnlich früh zurück sind, was zu bezweifeln ist. Wenigstens brauchen wir diesmal nicht über Nacht zu bleiben.« In Wirklichkeit genoß sie es, über Nacht auf den Gehöften zu bleiben. Alle waren so gastfreundlich. »Aber wie wäre es mit einer Agatha Christie, wenn ich das nächste Mal komme?«
    Grace nickte. »Ich liebe Kriminalromane. Und Izzie mag alles. Es lenkt sie von sich selbst ab, verstehen Sie.«
    Isabel hatte den ganzen Nachmittag über kein Wort gesagt; sie lag einfach nur mit geschlossenen Augen auf dem Sofa oder starrte die Decke an.
    Cassie klemmte sich das Buch unter den Arm und sprang die drei Stufen hinunter. Die Hitze des Tages hatte bisher kaum nachgelassen, und sie schwitzte auf dem Weg nach Hause, als sie durch die Hauptstraße lief, an den Geschäften und an »Addie’s« vorbei ans andere Ende der Stadt. Sie war wütend auf sich.
    Ein einziger Abend, ein paar Küsse, ein paar schmeichelnde Worte, und sie hatte angebissen. Sie beschloß, daß sie keinen Charakter hatte, kein Rückgrat. Fiona und Don hatten ihr gesagt, daß Blake nahm, was er kriegen konnte, um die Mädchen dann weinend zurückzulassen. Sie wollte keinen solchen Mann. Sie wollte überhaupt keinen Mann. Was auf Erden brachte sie dazu, so heftig auf ihn zu reagieren? Warum konnte sie ihn sich nicht aus dem Kopf schlagen? Es waren inzwischen zehn Tage vergangen, und sie dachte immer noch an nichts anderes als an Blake.
    Sie war sicher, daß sie ihn wiedersehen würde, aber ob sie sich das wünschte oder nicht, hätte sie nicht sagen können. Sein Gesicht schwebte vor ihr, wenn sie nachts die Augen schloß, oder es spiegelte sich im Flugzeugfenster wider, wenn sie über das rote Herz des Kontinents flog.
    Sie vermißte Fiona. Es gab niemanden, mit dem sie über die Ereignisse des Tages reden konnte. Niemanden, mit dem sie lachen konnte. Niemanden, für den sie kochen konnte. Das Haus war leer. Ihr war nicht klar gewesen, wieviel ihr Fionas Freundschaft längst bedeutete. Cassie ertappte sich dabei, daß sie wütend auf Fiona war, weil sie sie allein gelassen hatte. Es war nicht nur das Haus, das leer zu stehen schien; ihr gesamtes Leben war ärmer.
    Die Behandlungen liefen jetzt in geregelteren Bahnen ab. Dienstags und donnerstags flogen sie zu Sprechstunden hinaus. Einer der beiden Behandlungstage zog sich im allgemeinen so lange hin, daß sie über Nacht blieben, und somit wurden der Mittwoch oder der Freitag ebenfalls zu einem Behandlungstag. An den anderen Tagen brauchten sie im allgemeinen nicht hinauszufliegen, da die meisten medizinischen Probleme über Funk gelöst werden konnten. Ein- oder zweimal in der Woche erforderte ein medizinischer Notfall meistens, daß sie hinausflogen, vielleicht nur, um einen Patienten wegen einer Blinddarmentzündung oder dergleichen ins Krankenhaus zu bringen, und dann sprang Chris natürlich ein. Er war umgänglicher geworden und fragte Cassie jetzt ausnahmslos, ob sie ihm assistieren oder die Narkose übernehmen wollte, wenn es sich um einen von ihren Patienten handelte. Außerdem bat er sie um Hilfe, wenn Dr. Edwards immer häufiger »arbeitsuntauglich« war, vor allem, wenn mitten in der Nacht eine Notoperation erforderlich wurde.
    Cassie hätte nicht behauptet, sein Verhältnis zu ihr sei mit der Zeit ein freundschaftliches geworden, denn zwischen ihnen herrschte immer eine Spannung, die sie nicht klar definieren konnte. Sie stritten ständig miteinander. Nicht etwa über medizinische Fragen. Das war der einzige Punkt, in dem sie einig miteinander waren, das einzige, was sie miteinander verband. Doch selbst in diesem Bereich widerstrebte Cassie vieles an seiner Haltung. Er brachte immer Mitgefühl mit den

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