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Wer den Tod begruesst

Wer den Tod begruesst

Titel: Wer den Tod begruesst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cindy Gerard
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eröffnet, dass Sonntagslunch mit ihren Eltern von jetzt an regelmäßig auf ihrem Terminplan stünde, solange ihr Vater ihn bezahlte.
    Home sweet home. Dreiundvierzigtausend Quadratmeter kalte, prunkvolle Eleganz, tropische Gärten und üppige landschaftliche Anlagen. Der Besitz am Ozean war das Monument des verlegerischen Erfolgs ihres Vaters, für ihre Mutter die Eintrittskarte für den ersten Platz in der High Society von Palm Beach und für Jillian die Quelle einiger ihrer schlechtesten Erinnerungen – trotz der letzten beiden Wochen.
    Gott. Ihr Leben wurde bedroht, und hier saß sie und bedauerte ihr Pech, als armes, kleines, reiches Mädchen geboren worden zu sein. War das nicht jämmerlich?
    Eines Tages, das schwor sie sich, würde sie dieses Gemisch aus Liebe, Schuldgefühl und Verbitterung, das ihre unregelmäßigen Besuche zu Hause immer begleitete, in den Griff bekommen. Sie musste nur einen Fuß ins Haus setzen, und all die Jahre der väterlichen Dominanz erstickten sie geradezu, quälte sie aufs Neue der instabile Gesundheitszustand ihrer Mutter.
    Genug. Sie fragte sich, wie Garrett es aushielt. Er kam ihr nicht gerade vor wie ein Mann, der sich leicht beeindrucken oder einschüchtern ließ, aber Golden Palms konnte schon entmutigend wirken. Genauso wie eine dieser übertriebenen Essenseinladungen ihrer Mutter. Und dann war da schließlich noch die doppelte Bedrohung durch den gemeinsamen Auftritt ihrer Eltern und die Dynamik, die so ein gestörtes Familientreffen entwickeln konnte.
    Sie warf ihm einen Blick zu über den Tisch hinweg. So was von gestört!
    Sie war sich nicht sicher, was sie erwartet hatte, als sie ihn heute Morgen beim Kaffeemachen getroffen hatte, aber es war bestimmt nicht diese abrupte Kehrtwendung gewesen. Auffallend abwesend war der nette Kerl, der anscheinend aufrichtig Anteil genommen hatte an ihrer Verfassung. Sie war total am Boden zerstört gewesen von der letzten Drohung. So sehr offenbar, dass er sich ihr gegenüber tatsächlich menschlich verhalten hatte. Sein Quantum musste allerdings aufgebraucht sein, denn welches Bedürfnis ihn auch immer hatte nett sein lassen, es war zusammen mit dem Omelett verschwunden, das er vertilgt hatte, während sie ihr Essen auf dem Teller nur hin und her geschoben hatte, bevor sie sich leise entschuldigte.
    Er hatte nichts gesagt, aber er hatte sie beobachtet, nachdenklich und ernst, als sie weggegangen war und die Schlafzimmertür hinter sich geschlossen hatte.
    Heute konnte sie Garretts Verfassung eindeutig einordnen: eine Nebelwand.
    Der wirkliche Nolan Garrett war wieder da. Stoisch, ruppig und arrogant. Fein. Okay. Sie hatte es kapiert. Er hatte einen Job zu erledigen. Sie begrüßte es, dass er so professionell war und eine gewisse professionelle Distanz brauchte. In dieser Hinsicht hatte sie auch einen Job zu erledigen: das hier lebend zu überstehen. Die Kontrolle über ihr Leben zurückzugewinnen. Und ihre Chancen standen besser, wenn sie einen klaren Kopf behielt – wozu sie ihre ungewollte Zuneigung zu ihm sowohl ignorieren als auch verleugnen musste und auch das, was sie inzwischen als erzwungene Abhängigkeit von ihm betrachtete. Nun, da er sich wieder wie ein Vollidiot benahm, war es sehr viel leichter geworden. Für freundliches, rücksichtsvolles Verhalten und sie zu bekochen wurde er nicht bezahlt.
    Aber auch nicht für das Geräusch, das sie aus seinem Schlafzimmer gehört hatte, als sie letzte Nacht in die Küche gewandert war, um sich etwas zu trinken zu holen. Es war nicht gerade ein Schrei gewesen. Mehr etwas wie ein gequältes Stöhnen.
    Bis eben hatte sie es vergessen. Vergessen, dass sie ganz nah zur Tür getreten war, die Hand schon auf den Türgriff gelegt hatte und beinahe hineingegangen wäre, um nachzusehen, ob ihn die gleichen Albträume geweckt hätten wie sie.
    Wahrscheinlich nicht. Ein Mann wie Garrett hatte ohne Zweifel seine eigenen Dämonen, die ihn quälten.
    »Was genau machen Sie noch, Mr. Garrett?«, fragte Clare Kincaid mit distanzierter Höflichkeit, und ihre Frage machte Jillian bewusst, dass ihre Gedanken schon wieder woanders waren.
    »Nolan ist ein Bekannter von mir«, mischte sich ihr Vater ein.
    Ihr Vater tauschte Blicke sowohl mit Jillian als auch mit Garrett aus. Es war abgemacht, dass ihre Mutter nichts von den Drohungen erfahren sollte. Jillian war froh darüber. Auch wenn ihre Mutter großen Wert auf Schicklichkeit legte, so konnte sie doch auf eine Art melodramatisch und theatralisch

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