Wer den Tod ruft: Thriller (German Edition)
hat mein Vater mit unserem Problem zu tun?«
Er starrte sie ein paar endlose Sekunden an. »Bevor Sie vergangenen Herbst hier aufgetaucht sind, ist etwas Interessantes passiert. Jemand aus Quantico hat mich angerufen. Wussten Sie das?«
Elaina saß da mit offenem Mund, brachte aber kein Wort heraus. Ob das ihr Vater gewesen war?
»Jemand, der beim FBI durchaus geschätzt wird, hat mich inständig angefleht. Ich sollte Sie ermuntern, Ihre Berufswahl noch einmal zu überdenken.«
»Sie sollten … was tun?«
»Sie aussortieren, McCord.«
Scarborough lehnte sich zurück und betrachtete sie. »Manche Leute glauben, hier gehe es zu wie im Wilden Westen. Und manchmal stimmt das auch. Quantico lässt uns gewöhnlich viel Bewegungsfreiheit. Das mag ich. Was ich nicht mag, sind Telefonanrufe von Sesselfurzern, die mir vorschreiben wollen, wo’s langgeht. Außerdem war der Anruf unnötig. Sie sind auf dem besten Weg, sich selbst auszusortieren.«
Er öffnete eine Akte, die vor ihm lag. Elaina hatte das Dossier bisher nicht bemerkt.
»Hier die Beurteilung von Ihrem Field Supervisor«, sagte er. »Die Agentin ist hochintelligent, verfügt über großes Organisationstalent und widmet dem Detail große Aufmerksamkeit.«
Elaina räusperte sich. »Danke, Sir. Ich …«
»Hier steht aber auch, dass Sie eine Einzelgängerin sind. Eigensinnig, mit der Tendenz zur Befehlsverweigerung.«
Elaina verstummte wieder.
»Loomis’ Einschätzung ist noch schlechter. Er sieht in Ihnen eine Belastung für das Büro und schlägt wegen Ihres Verhaltens bei der Task Force einen schriftlichen Verweis vor.«
Ein Verweis würde sie jahrelang verfolgen. Den Traum, als Profilerin in ein Eliteteam aufgenommen zu werden, könnte sie sich für alle Zeiten abschminken.
»Das ist Loomis’ Sicht der Dinge«, sagte Scarborough. »Ich finde, wir sollten nichts überstürzen.«
»Warum, Sir?«
»Wegen dieses Computerspiels, das Sie ins Spiel gebracht haben. Loomis hält Ihre Theorie für übergeschnappt. Aber wir haben es mit jemandem zu tun, der Spaß daran hat, Frauen auszuweiden. Und so jemand ist garantiert übergeschnappt.«
Sie hielt den Atem an und wartete.
»Ihre Querdenkerei hat Ihnen noch mal Ihren Hintern gerettet.« Er schlug die Akte zu. »Der Verweis ist vom Tisch, aber aus der Task Force sind Sie draußen. Sie verlassen sofort die Insel und sitzen am Montag wieder in Brownsville an Ihrem Schreibtisch.«
»Aber ich wollte heute Abend ins Coconuts gehen und observieren.«
»Schlagen Sie sich das aus dem Kopf. Wir haben genügend Leute da.«
Sie wollte etwas sagen, doch Scarboroughs Blick hielt sie davon ab.
»Das war’s, McCord. Sie gehören nicht mehr zur Task Force. Selbst wenn Loomis Sie behalten wollte – was er nicht will –, der Täter ist auf Sie fixiert. Er hat sich nach den letzten drei Morden bei Ihnen gemeldet.«
»Nicht bei Angela«, beeilte sie sich zu sagen. »Ich habe seit Tagen nichts von ihm gehört.«
»Sind Sie sich sicher? Keine merkwürdigen Anrufe, Zettel auf der Windschutzscheibe oder Nachrichten, die unter der Tür durchgeschoben wurden?«
Elaina erschrak. Ihr fiel der Vorfall mit den eingeschalteten Autoscheinwerfern wieder ein.
»Vielleicht macht er eine Verschnaufpause. Doch lange wird sie nicht dauern.« Scarborough schob die Akte weg und kreuzte die Arme. »Er spielt mit Ihnen, und ich habe nicht vor, ihm eine meiner Agentinnen als Köder unter die Nase zu halten. Sie können gehen.«
»Aber, Sir …«
»Sie können gehen, McCord. Ich sehe Sie am Montag.«
23
Die Frau musste doch irgendwo stecken. Gut, die Bar war brechend voll, so dass Mia Mühe hatte, überhaupt von der Stelle zu kommen.
Jetzt landete auch noch eine Ladung Bier auf ihrem T-Shirt. Ein Mann mit Baseballkäppi grinste sie an.
»’Tschuldigung.« Er prostete ihr zu. »War nicht so gemeint.«
Schon gut.
Mia wollte dem Kerl gerade ihre Meinung geigen, als sie Elaina am anderen Ende des Volleyballfeldes entdeckte. Sie stand mit ein paar Agenten zusammen.
»Darf ich dir einen Drink spendieren?«, fragte der Pechvogel.
Mia ignorierte ihn und kämpfte sich weiter durch die Menschenmenge. Elaina war in ein Gespräch mit Weaver vertieft, der in seinen Partyklamotten heute Abend besonders grimmig aussah. Elaina trug einen schwarzen Hosenanzug und eine weiße Bluse – ein Spitzenoutfit für eine Agentin.
Sie tat so, als würde sie Mia nicht sehen.
»Ist das wahr?«, fragte Mia.
Elaina sah Weaver an, bevor sie antwortete.
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