Wer den Tod ruft: Thriller (German Edition)
Aufmerksamkeit mehr.
»Mia? Hörst du mir zu?«
Sie blickte in Rics Augen. Verbarg sich hinter seiner finsteren Entschlossenheit vielleicht doch Sorge um sie?
»Wie geplant reise ich morgen ab«, sagte sie. »Vier Augen sehen mehr als zwei. Und zehn Augenpaaren fällt wahrscheinlich noch mehr auf. Du hast mich in die Sache hineingezogen, und ich werde weiterhin mein Bestes geben.«
Die zudringlichen Blicke ihrer Kollegen versuchte Elaina gelassen hinzunehmen – was schwierig war. Sah sie doch aus, als hätte sie ein chemisches Hautpeeling über sich ergehen lassen. Sie marschierte geradewegs auf ihren Schreibtisch zu und durchforstete alle Notizzettel und Memos, mit denen ihr Arbeitsplatz übersät war. Sie loggte sich in ihren Computer ein und checkte ihr Postfach. Dutzende von Mails, die beantwortet werden mussten, hatten sich angesammelt. Aber keine von Special Agent Rey Santos aus San Antonio.
»McCord.«
Sie sah hoch. Neben ihr stand Loomis, in gestärktem Hemd und mit Krawatte. Ein hübscher Gegensatz zu ihrem verbrühten Äußeren.
»Schön, dass Sie auch mal vorbeischauen«, sagte er. »Wir müssen reden.«
Loomis deutete mit dem Kopf zu dem Konferenzraum. Sie folgte ihm wortlos. Schön, dass Sie auch mal vorbeischauen. Seit wann hatte Loomis etwas mit ihrem Dienstplan zu tun? Gut, sie war Mitglied in seiner Task Force, aber verantwortlich war sie – wie alle anderen in dem Gebäude – einzig Scarborough.
»Nehmen Sie Platz«, sagte er. Sie warf einen verstohlenen Blick auf die Uhr. »Bringe ich Sie in zeitliche Bedrängnis?«
»Nein«, log sie ihn an und setzte sich.
Er lehnte sich in seinem Sessel zurück. »Wir haben Sie heute Morgen bei unserer Besprechung vermisst.«
»Ich war im Nationalpark. Officer Chavez und ich haben …«
»Ich weiß, ich weiß.« Er winkte ab. » Geocaching. Ist wohl nichts dabei herausgekommen.«
»So kann man es nicht sagen. Wir haben zwei von drei Versteckengefunden. Leider waren beide leer. Ich habe die Spurensicherung hingeschickt.«
Teils verärgert, teils verständnislos sah er sie an.
»Das war die zweite Besprechung der Task Force, bei der Sie gefehlt haben.«
Elaina bemühte sich, Schultern und Rücken gerade zu halten. »Ich bin einer Spur …«
»Sie sind einer Spur nachgegangen, ich weiß. Aber Sie sind auch ein Mitglied des Teams. Zumindest waren Sie es. Und es gehört nicht zu Ihren Aufgaben, allein Hals über Kopf nach Mexiko oder sonst wohin zu gondeln, um auf Libellenjagd oder Schatzsuche zu gehen. Wir arbeiten hier zusammen.« Er fixierte ihre Stichwunde. »Auch zu Ihrem eigenen Schutz.«
Elaina schluckte. »Habe ich Sie richtig verstanden? Ich gehöre nicht mehr zur Task Force?«
»Das ist korrekt.«
Sie sprang auf. »Aber das ist nicht fair. Sie haben mir nicht einmal zugehört, als …«
» Sie haben nicht zugehört. Sie haben sich über Anweisungen hinweggesetzt. Sie haben sich idiotisch verhalten. Wie kann man einen Verdächtigen zu einem abgesperrten Tatort mitschleppen?«
»Cinco Chavez ist nicht verdächtig«, protestierte sie. »Das habe ich Ihnen …«
»Das liegt nicht in Ihrem Ermessen, sondern in meinem. McCord, Sie sind draußen.«
»Aber …«
»Sparen Sie sich Ihre Worte.« Jetzt stand auch er auf. »Es war nicht meine Entscheidung. Aber ich stehe voll dahinter.«
Sie war fassungslos. »Wessen Entscheidung war es?«
Ihre Frage wurde beantwortet, als Scarborough den Raum betrat. Loomis tauschte mit ihm ein paar bedeutungsschwangere Blicke, verabschiedete sich mit einer unfreundlichen Geste von Elaina und verließ das Konferenzzimmer.
Scarborough übernahm Loomis’ Platz. Er ließ die Jalousien zur Arrestzelle herunter. Elaina rutschte das Herz in die Hose.
»Setzen Sie sich.«
Sie setzte sich.
Scarboroughs Blick war streng. Er stützte einen Ellenbogen auf dem Tisch ab.
»Special Agent McCord.« Der Tonfall seiner Stimme verhieß nichts Gutes.
»Ja, Sir.«
Er legte den Kopf zur Seite. »Wissen Sie, wie lange ich diesen Job mache?«
Sie mühte sich mit einer Antwort ab. »Viele, wahrscheinlich sehr viele … Sir, ich weiß es nicht.«
»Dreiundzwanzig Jahre. Die letzten zehn hier.« Er schlug mit den Fingerknöcheln auf die Tischkante. »Das sind drei Jahre mehr als Ihr Vater, bevor der den Dienst quittierte, um seine Bücher zu schreiben. Kapieren Sie das?«
Das mulmige Gefühl, mit dem sie vor ein paar Monaten zum ersten Mal dieses Büro betreten hatte, war wieder da.
»Entschuldigen Sie, Sir. Aber was
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