Wer den Tod ruft: Thriller (German Edition)
wie ein Bein.«
Elaina stand nebem einem Scheinwerfer. Einer der Kriminaltechniker legte einen Knochen auf ein weißes Tuch.
»Ist das ein menschlicher Knochen?«, fragte sie ihn.
Er sah hoch. »Sieht so aus.« Mit der Hand versuchte er die Insekten zu vertreiben, die seine Chirurgenlampe auf der Stirn umschwirrten. »Sieht aus wie ein Schienbeinknochen. Wir sollten aber zur Sicherheit einen forensischen Anthropologen befragen.«
»Wir haben noch einen gefunden.«
Der Hundeführer kam zurück. Ike, sein schwarzer Labrador, hatte in der letzten Stunde zwölf Knochen angeschleppt. Bisher aber noch keinen Schädel. Vielleicht jetzt?
»Es tut mir leid, Ma’am.«
Es war durchaus möglich, dass sie niemals das ganze Skelett fanden. Mit Schrecken dachte Elaina daran, dass sie Valeries Eltern die furchtbare Nachricht überbringen musste. Ihr fiel die Begegnung auf dem Polizeirevier wieder ein. Die Mutter hatte zum Fenster hinausgestarrt. Der Vater hatte geweint und sie mit seinen blauen Augen, um gute Nachrichten bettelnd, angesehen. Es hätten die Augen ihres Vaters sein können. Doch der weinte nie.
» Haben Sie Kinder, Ms McCord?«
»Nein.«
»Erst wenn Sie welche haben, werden Sie verstehen, wie uns das Herz blutet.«
»McCord!«
Sie drehte sich um. Scarborough stand unter dem offenen Zelt, das man zur Klassifizierung der Beweisstücke aufgebaut hatte.
»Sir?«
»Hierher. Da ist jemand, den ich Ihnen vorstellen muss.«
Elaina zerrte am Saum ihrer blumigen Shorts, als sie zu ihm hinüberlief. Sie war dreckig – von Kopf bis Fuß.
Scarborough trug wie immer Stoffhosen und ein klassisches Hemd, dessen Ärmel er hochgekrempelt hatte. Er nickte ihr kurz zu.
»Das ist Special Agent Bob Loomis. Er leitet hier die Ermittlungen.«
Elaina nickte dem Kollegen zur Begrüßung zu. Sicher wollte ihr im Moment niemand die Hand schütteln.
»Loomis hat Ihr Täterprofil studiert. Er hat ein paar Ideen dazu. Bringen Sie ihn auf den neuesten Stand.«
»Was meinen Sie damit, Sir?«
»Ich meine Ihren geheimnisvollen Anrufer«, sagte Scarborough und stolzierte davon.
Elainas neuer Kollege war groß, hatte einen dicken Bauch und trug einen Ehering. Elaina schätzte ihn auf Mitte vierzig.
»Ich habe Ihr Profil gelesen«, sagte er. »Darin kommt kein Komplize vor.«
»Richtig. Ich glaube, er hat keinen.«
»Und wer war die Frau, die Officer Chavez angerufen hat?«
»Das war irgendeine«, antwortete Elaina. »Irgendeine Frau, die er auf der Straße angesprochen hat und die sich ein paar Dollar dazuverdienen wollte.«
Er überlegte kurz. »Die Frau klang aufgewühlt. Das hat Chavez gesagt.«
»Oder vielleicht hat sie die Knochen gefunden. Das würde jeden aufwühlen. Und sie wollte nicht weiter in den Fall verwickelt werden. Deshalb der anonyme Anruf.«
»Mit Angabe der GPS -Koordinaten?«
Elaina schluckte. Ihre Theorie wackelte. Dennoch war sie sich sicher, dass die Anruferin keine Komplizin des Mörders war. Sie hatten es mit einem Einzeltäter zu tun. Davon war sie felsenfest überzeugt.
»Die Schachtel mit den Spielsachen und Corn Flakes, die Sie gefunden haben«, fuhr Loomis fort, »gibt es irgendeine Verbindung zu unserem Fall?«
»Nichts Stichhaltiges«, sagte sie und ärgerte sich sofort über ihre Wortwahl.
»Reden Sie, McCord.«
»Das ist nur eine Theorie. Vielleicht ein Hirngespinst.«
»Vielleicht auch nicht.«
Sie zögerte. »Es geht um die Corn Flakes.«
»Reden Sie.«
»Das Erdbeer-Schoko-gute-Laune-Frühstück aus der Special-K-Serie«, sagte sie. »Special K sagt man in der Drogenszene zu Ketamin. Ketamin ist eigentlich ein Narkosemittel. Heute betäubt man damit nur noch Schweine auf dem Weg zum Schlachthof. Aber in der Partyszene wird es gerne eingenommen. Vielleicht ist es nur ein Zufall. Jedenfalls hat man bisher bei allen Opfern Ketamin im Körper gefunden.«
Er verschränkte die Arme und sah sie an. Und sie faltete ihre Hände fest zusammen, um nicht ständig an ihren Stichen zu kratzen.
»Soviel ich weiß, liegen die toxiologischen Untersuchungsergebnisse des Mädchens aus Houston noch nicht vor«, sagte er. »Von ihr war nicht mehr viel übrig. Wir werden nie erfahren, ob sie Gift im Körper hatte.«
»Doch«, entgegnete Elaina. »Dem Rechtsmediziner wurde aufgetragen, nach Ketamin zu suchen. Er hat eine Probe von ihrem Auge genommen.«
»Woher wissen Sie das?«
»Ich war bei der Obduktion dabei.«
Das schien ihn zu überraschen. Er drehte den Kopf zur Seite. War es Respekt
Weitere Kostenlose Bücher