Wer den Tod ruft: Thriller (German Edition)
T-Shirt, und sie tat wie ihr befohlen. An dem Stoff klebte Blut.
Sie war verletzt. Dieses Arschloch hatte sie mit seinem Messer verletzt.
Jemand marschierte geradewegs auf sie zu. Elaina wich zurück, aber es war nur ein kleiner Junge. Troy sprach mit ihm in fließendem Spanisch, dann gab er ihm Geld. Der Junge hatte auf seinen Wagen aufgepasst.
Troy hatte den schwarzen Ford in einer Seitengasse geparkt. Elaina war überglücklich, den guten alten Pick-up wiederzusehen. Die Beifahrerseite war von einem Haus eingekeilt. Elaina musste bei der Fahrertür einsteigen. Troy half ihr. Kaum saß sie, heulte auch schon der Motor los. Die Rückreise begann.
Sie lehnte sich zurück. Ihre Schultern waren schlaff. Sie blickte auf das blutige T-Shirt in der Hand.
»Mach dein Gesicht gründlich sauber«, sagte Troy. »Damit sie an der Grenze keine Fragen stellen.«
Elaina griff nach der Wasserflasche. Ihre Hände zitterten. Verdammt, ihre Knie auch. Sie drückte die Schenkel zusammen. Aufhören! Sie atmete tief durch.
»Bist du mit dem Wagen da?«
»Ja, er steht in einer Garage«, sagte sie. »Nördlich der Brücke.« Sie hatte Geschichten von amerikanischen Wagen gehört, die in Matamoros gestohlen wurden, und die die Touristen dann für teures Geld zurückkaufen konnten. Deshalb war sie zu Fuß über die Brücke gegangen und hatte sich nach der Grenze ein Taxi genommen.
Jetzt lag die Brücke, die sich über den träge dahinfließenden Fluss spannte, vor ihnen. Zum Glück gab es keinen Stau, nur besoffene Amerikaner mit Sombreros verstopften den Gehweg.
Sie befeuchtete das T-Shirt mit Mineralwasser und tupfte sich damit das Gesicht ab. Es brannte, doch ihr Gesicht in einem Spiegel zu betrachten war das Letzte, was sie jetzt wollte. Troys Reaktion hatte ihr genügt. Musste sie genäht werden? Vielleicht musste sie von nun an wie Baron Frankenstein mit Narben durchs Leben gehen.
Scheiße, er hat dich erwischt. Wie wäre die Sache ausgegangen, wenn Troy nicht aufgetaucht wäre?
Gegen den ersten Angreifer war ihre Reaktion okay gewesen, mehr als okay – denn sie hatte ihn zu Boden geworfen. Mit dem zweiten hatte sie nicht gerechnet.
Ihr Fehler.
Und dann tauchten in ihrer Vorstellung diese Hände wieder auf, die sie betatschten und an ihr zogen. Und auch die Angst beschlich sie wieder.
»Alles in Ordnung?«
Sie sah zu Troy. Er wirkte so ruhig, so kontrolliert hinter dem Steuer seines Pick-up.
»Elaina?«
»Mir geht’s gut. Ich bin nur …« Durcheinander. Angewidert. Am Ende. »Ich bin nur ein bisschen durch den Wind.«
Troy konzentrierte sich auf die Straße. Sie waren kurz vor der Grenze.
Sie beeilte sich, ihr Gesicht zu säubern. Aber auch Troy trug noch Spuren des Kampfes im Gesicht.
»Hier.« Sie zögerte einen Augenblick, dann tupfte sie mit dem nassen T-Shirt seinen Mund ab. Er ließ sich nichts anmerken, obwohl es sicher wehtat. Schließlich hatte er einen ordentlichen Schlag abbekommen.
Es war ihre Schuld. Aber daran wollte sie jetzt nicht denken. Stattdessen setzte sie sich in Positur für die Grenzbeamten. Die hielten sie wahrscheinlich für eine Touristin, die es in Mexiko zu bunt getrieben hatte. Mit den amerikanischen Grenzpolizisten witzelte Troy herum. Sie biss die Zähne zusammen, versteckte die verletzte Schläfe hinter einer Hand und versuchte die Gelangweilte zu mimen. Bloß nicht rechts ranfahren müssen und mit Fragen gelöchert werden.
Die Beamten winkten sie durch. Erleichtert sah sie, wie der Grenzübergang im Seitenspiegel immer kleiner wurde, bis er ganz verschwand.
Troy kurbelte das Fenster hoch, ließ aber einen kleinen Schlitz offen: frische Luft für Elaina.
Der Knoten in ihrem Hals hatte sich gelöst. »Mein Wagen steht in der Garage rechts.«
Er sah sie an. »Hast du die Wagenschlüssel?«
Die Schlüssel. Sie schloss die Augen und fluchte still vor sich hin. »Die sind in der Handtasche. Dann muss ich wohl morgen mit den Ersatzschlüsseln wieder hierher.« Warum hatte sie die Wagenschlüssel nicht wie ihren Pass in den Brustbeutel gesteckt?
Sie sah wieder zu ihm. »Wie hast du mich eigentlich gefunden?«
»Die Stadt ist nicht sehr groß.«
»Aber woher hast du gewusst, dass ich dort bin?«
Er blickte ihr in die Augen, gab aber keine Antwort.
»Ich habe dich vor dem Café entdeckt«, sagte er. »Dann warst du plötzlich weg. Aber nach ein paar Minuten konnte ich problemlos deine Spur wieder aufnehmen.«
Sie spürte die Schärfe in seinem Ton. Bilder von der Schlägerei
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