Wer den Tod ruft: Thriller (German Edition)
das lernt man nur in der Praxis. Indem man sich mit ihnen herumschlägt.«
Sie lächelte ironisch. »Du hast wahrscheinlich eine Menge praktische Erfahrung.«
»Das weißt du doch.«
Sie hatte sein Vorstrafenregister gelesen. Wirtshausschlägereien, Trunkenheit und ungebührliches Benehmen in der Öffentlichkeit. Eine Menge Geldstrafen. Doch schon lange hatte er keine Nacht mehr auf einem Polizeirevier verbracht. Er war auf dem Weg der Besserung.
Sie wusste über seine bewegte Vergangenheit Bescheid. Dass ihm das peinlich war, ärgerte ihn.
Sie goss sich einen Schluck Tequila ins Glas.
»Fährst du oft nach Mexiko?«, fragte sie.
»Ab und zu.«
Sie nahm einen winzigen Probeschluck und zuckte wieder zusammen. »Hast du dort Spanisch gelernt?«
»Nee. Das habe ich hauptsächlich bei Cinco zu Hause gelernt. Als kleiner Junge.«
»Ihr beide seid Freunde? Ist er nicht jünger als du?«
»Ja.« Troy ließ einen Schluck Tequila auf der Zunge zergehen. »Aber er hat vier Brüder, die älter sind. Cinco ist der jüngste. Sein ältester Bruder war mein bester Jugendfreund. Ich war mehr bei ihm zu Hause als bei meinen Eltern.«
»Mit solchen Menschen aufzuwachsen muss schön gewesen sein.«
»Manchmal.«
»Bei mir zu Hause war es meistens ruhig.« Sie nahm noch einen kleinen Schluck. »Ich bin Einzelkind. Mein Vater hat immer gearbeitet. Außerdem war ich ein Einzelgänger.«
»Das kann ich mir vorstellen.«
»Das freut mich.«
»Wahrscheinlich warst du auch ein ernstes Kind.«
»Stimmt.«
»Und wie war’s auf der Highschool?«
»Wie soll’s da gewesen sein?«
»Da seid ihr doch nach Virginia umgezogen. War sicher nicht leicht.«
»Es ging«, sagte sie. »Wenn dein Dad FBI -Agent ist, vereinfacht das nicht gerade deine sozialen Kontakte. Die meisten haben einen weiten Bogen um mich gemacht. Und wenn ich nach Hause gekommen bin, war es wie bei einem Verhör: ›Wo bist du gewesen? Wen hast du getroffen? Was hast du hinterher gemacht?‹ Es war zum Verrücktwerden.« Sie warf ihm einen skeptischen Blick zu. »Interessiert dich das überhaupt?«
»Ja, es interessiert mich.« Er nahm noch einen Schluck.
»Erst am College stand ich auf eigenen Füßen. Eigentlich erst an der Graduate School.«
Graduate School. Troy hatte es noch nicht einmal aufs College geschafft. Das war ein großer Unterschied zwischen ihm und ihr und deshalb keines seiner Lieblingsthemen. Dennoch machte es ihm Spaß, mit ihr einmal über etwas anderes als Mord und Totschlag zu reden.
Außerdem verrieten ihm ihre Augen, dass sie der blauen Agave und dem Destillat, das man daraus gewann, eine neue Chance geben wollte.
Sie verdrehte die Augen. »Dann habe ich mich verliebt. Das hatte ich zumindest angenommen.«
»Du hattest geglaubt, du hättest dich verliebt, und was dann?« Er musste eine Weile warten, bis sie weitererzählte.
»Er war Juraprofessor, ich seine Assistentin.« Sie trank einen Schluck. Es war der erste, der auf angenehme Weise ihren Hals hinunterglitt. »Was soll ich erzählen? Die Geschichte ist nicht sehr originell. Er war ein Betrüger und ich ein Idiot.«
»Liebe macht blind.« Troy trank sein Glas aus und hielt ihr die Flasche hin. Sie nickte, und Troy füllte beide Gläser.
»Eigene Erfahrung?«, fragte sie.
»Nur das, was ich gehört habe.«
Beide schauten in den Himmel und sagten kein Wort. Ob sie über seine abgedroschene Lebensweisheit nachdachten? Jedenfalls tranken sie und hörten dem Spiel der Wellen zu, was eine von Troys Lieblingsbeschäftigungen war, der er aber meistens allein nachging.
»Du hast noch nicht nach dem Ketamin gefragt.«
Die Rückkehr in die nüchterne Realität kam für ihn nicht überraschend. »Ja, was ist mit dem Ketamin?«
»Ich habe welches gekauft. Ohne Rezept. Also kein Problem für unseren Täter, sich auf der anderen Seite der Brücke damit einzudecken.«
»Und weiter?«
»Die Verkäuferin wollte gerade einen der Männer von meinen Fotos identifizieren, als der Geschäftsführer hereingeplatzt ist. Danach hat sie kein Wort mehr gesagt.«
»Pech.«
»Eine Kellnerin allerdings hat einen Typen erkannt. Er war während des Spring Break häufig Gast in ihrem Café. Vielleicht können wir ihn überwachen. Darum werde ich mich morgen als Erstes kümmern.«
»Elaina.« Er stütze sich auf die Ellbogen. » Könnte der Angriff auf dich etwas mit deiner Undercovermission zu tun haben?«
Sie sah ihn an.
»Du kannst nicht einfach einen Ausflug über die Grenze machen und so
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