Wer den Tod ruft: Thriller (German Edition)
nebenbei einen Drogenring ausheben. Drogenhandel ist ein gefährliches Geschäft. Sei froh, dass keine Kugel in deinem Kopf gelandet ist.«
Troy trank weiter. Mit dem Autofahren würde es heute Abend nichts mehr werden. Falls er sie überhaupt ins Hotel zurückbringen würde, wäre ein Strandspaziergang das Adäquate.
»Es ist doch nicht schlimm, jemanden um Hilfe zu bitten«, sagte er. »Niemand verlangt von dir Übernatürliches.«
Er sah sie an. Sie war stocksauer auf ihn. Wieder einmal.
»Du glaubst, dass ich meinen Job nicht machen kann.«
»Spiel nicht die Beleidigte. Das habe ich nicht gesagt. Ich hätte dich nur gern begleitet.« Ihr Blick blieb misstrauisch. »Als Freund, nicht als Reporter. Auch Weaver hätte das getan. Oder Cinco. Oder Maynard. Strafverfolgung ist Teamwork. Du musst deine Kollegen um Hilfe bitten, wenn du sie brauchst.«
Sie antwortete nicht. Ob sie diesen Rat schon öfter gehört hatte? Jedenfalls ließ sie ihn stumm über sich ergehen.
»Nimm das nächste Mal zumindest jemanden mit, der Spanisch spricht. Jemand, der Leute aushorchen kann, ohne aufzufallen.«
Sie stand auf. Jetzt war sie bestimmt gekommen, die Zeit für den großen Abschied.
Doch wieder überraschte sie ihn. Sie nahm ihren Drink und stellte ihn auf der Brüstung ab. Sie schaute zum Strand.
»Du hast recht«, sagte sie. Ihre Worte verloren sich im Wind.
Er stand auf und stellte sein Glas neben ihres.
»Viele Menschen glauben, dass ich es nicht schaffe«, sagte sie. »Manche warten geradezu darauf. Mein Chef. Meine Kollegen. Mein Vater.« Das Haar flog ihr ins Gesicht. Sie band es zu einem Knoten zusammen. »Vielleicht bin ich zu misstrauisch. Ich glaube den Leuten nicht, wenn sie mir helfen wollen. Deshalb will ich alles alleine machen. Ich will’s ihnen zeigen.«
Sie sah ihn an. Er spürte in ihrem Blick die Verletzlichkeit. »Willst du wissen, was heute Abend das Schlimmste war?«
Er beobachtete sie genau. Sie begann sich ihm zu öffnen. Zwar langsam, aber sie tat es. Wozu eine Flasche Don Julio gut sein konnte.
»Was war das Schlimmste?«, fragte er.
»Meine totale Hilflosigkeit. Wie oft habe ich versucht, dieses Gefühl loszuwerden. Das erste Mal, als meine Mutter uns verlassen hat.«
Sie schüttelte den Kopf. »An der Akademie bin ich keinem Waffen- und Kampftraining ausgewichen. Und dann genügen zwei Schläger und ein Schnappmesser, um aus mir in einer Minute eine hilflose, verängstigte Frau zu machen.« Ihre Stimme bebte. Sie offenbarte ihm eine Seite, die sie sonst verbarg. Eine einzelne Träne rann ihre Wange herunter. Sie wischte sie weg. Wie gerne hätte er sie umarmt und ihr tröstende Worte zugeflüstert. Aber sie war kein Freund von Rührseligkeiten. Und verdammt, er auch nicht. Wenn einer der beiden Kerle eine Waffe gezogen hätte, wäre sie jetzt wahrscheinlich tot. Und in den Zeitungen hätte man sie bald als ein weiteres Opfer im Grenzkrieg abgehakt und vergessen.
Allmählich fing sie sich wieder. Ein Schauder lief ihr über den Rücken. Sie schob es auf die kühle Brise.
»Entschuldige«, murmelte sie. »Ich habe dich ganz schön vollgequatscht.«
»Nein.«
»Muss am Tequila liegen«, sagte sie. »Normalerweise bin ich nicht so geschwätzig.«
»Ich mag es, wenn du geschwätzig bist.«
Sie ging zum Tisch zurück, um die Flasche zu holen. Sie füllte beide Gläser nach. Und zwar nicht zu knapp.
Seine sexuellen Gelüste sollte er sich heute Abend ganz schnell aus dem Kopf schlagen. Sie wollte sich betrinken und sich gut dabei fühlen. Das war ihr gutes Recht, denn sie hatte Schlimmes erlebt. Wenn er das ausnützen würde, wären hundert Jahre Fegefeuer die gerechte Strafe für ihn.
Sie trank einen Schluck und hielt das Glas in den Mondschein. »Ist dieses Zeug wirklich dreihundert Dollar wert?«
»Dreihundert kostet die Flasche, wenn du sie schmuggelst. Im Laden ist sie noch teurer.«
»Das ist lächerlich«, sagte sie und nahm einen großen Schluck. »So was ist Geldverschwendung. Unglaublich, dass ich dieses Zeug in mich hineinschütte. Jeder Schluck kostet zwanzig Dollar.«
Sie wollte das Thema wechseln. Troy erfüllte ihren Wunsch gern.
»Kommt drauf an, wie du Geldverschwendung definierst«, sagte er. »Was kostet eine Koksline?«
»Keine Ahnung.« Sie warf ihm einen genervten Blick zu. Das war wieder die Elaina, die er kannte. Die Elaina, die sich unter Kontrolle hatte.
»Was kostet eine Tasche von Louis Vuitton?«, fragte er. »Oder ein iPhone? Oder eine Karte für
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