Wer den Tod ruft: Thriller (German Edition)
seine Zunge ihren Mund wieder gefunden hatte. Und plötzlich war er in ihr, einfach so. Sie schrie.
Er strich ihr das Haar aus dem Gesicht und legte seine Stirn auf ihre. Feucht war sie und verschwitzt. Die Spannung in seinen Muskeln war riesig, sie zog ihn an sich, er schnellte zurück, stützte sich auf die Hände und begann mit jenen langen kraftvollen Stößen, die sie seit ihrem allerersten Kuss herbeigesehnt hatte. Sie bewegte sich mit ihm und glaubte, in einem tiefen Wasser zu versinken. Kopf, Herz und alle Sinne schlugen Purzelbaum. Sie schlang sich noch fester um ihn. Ihre Muskeln brannten, die Welt um sie verschwamm, und sie hoffte, dass das hier für immer weiterging und nie aufhörte.
»Jetzt«, flüsterte er in ihr Ohr. Ihr Körper wölbte sich gegen seinen, und er tauchte zum letzten Mal mit aller Kraft tief in sie ein, bis er auf sie fiel.
Mia freute sich auf ein Glas Wein und ein heißes Schaumbad, als sie auf den Parkplatz ihres Wohnhauses einbog. Sie sammelte gerade ihre Einkaufstüten ein, als sie bemerkte, dass etwas nicht stimmte.
Ihre Augen suchten den Parkplatz ab. Kein Zeichen von Gefahr. Nichts. Kein Schatten, der sich zwischen den Wagen bewegte. Kein Motorbrummen im Leerlauf. Sie warf ihre Handtasche über die Schulter und erklärte sich für paranoid – eine Diagnose, die ihrem täglichen Umgang mit Vergewaltigung und nicht enden wollenden Blutströmen geschuldet war.
Sie zog das Pfefferspray aus der Tasche und schritt zielbewusst auf das Treppenhaus zu, das zu ihrer Einzimmerwohnung führte.
Ihre Nackenhaare stellten sich auf. Sie drehte sich schnell um. Ihr Blick fiel auf einen Pick-up, der neben den Briefkästen geparkt war.
Eine Hand verstellte den Innenspiegel.
Sie blieb stehen.
Die Fahrertür sprang auf, ein Mann stieg aus und ging durch die Dunkelheit geradeaus auf sie zu. Mias Herz pochte.
Sie rannte zum Treppenhaus.
»Mia?«
Sie blickte kurz über die Schulter.
Seine Schritte wurden länger. »So warte doch!«
Sie hielt dem Fremden das Pfefferspray demonstrativ entgegen. Der sprang aus der Dunkelheit auf sie zu und riss ihr die Spraydose aus der Hand.
Ein ohrenbetäubender Schrei erfüllte den Parkplatz.
Dann sah sie, dass Ric Santos vor ihr stand und sie anlächelte. Sie versetzte ihm einen Schlag in die Seite, der nicht von schlechten Eltern war.
»Du Vollidiot!«
Er lachte.
Sie versetzte ihm noch einen Schlag, der von einem Fluch auf Spanisch begleitet wurde.
»Was schleichst du hier herum? Ich hätte dir beinahe eine Ladung Pfefferspray verpasst.«
»Ich weiß«, sagte er und setzte sein Ladykillerlächeln auf, das sie von der Bar kannte.
Sie machte auf dem Absatz kehrt, stapfte die Treppenstufen hoch – er folgte ihr.
Er holte sie ein und nahm ihr die Plastiktüten ab. Jetzt hatte er sie vollkommen entwaffnet. Immerhin konnte sie ihn noch giftig ansehen.
»Es ist fast Mitternacht. Zu der Uhrzeit schleicht man nicht mehr auf Parkplätzen herum. Gerade du solltest das wissen.« Sie lehnte sich mit der Schulter gegen den Türrahmen und suchte nach ihrem Wohnungsschlüssel.
»Ich bin nicht herumgeschlichen. Falls ich das zu meiner Verteidigung sagen darf«, sagte er.
Sie sah in seine lachenden Augen. Ihre Wut verflog. Er hatte recht. Er war nicht auf dem Parkplatz herumgeschlichen. Außerdem hatte sie ihm eine SMS geschickt, so dass sein Auftauchen alles andere als eine Überraschung war. Aber dass er hier bei ihrer Wohnung auftauchen würde, hätte sie nicht erwartet.
Sie sperrte die Tür auf und schaltete das Flurlicht ein. Er folgte ihr.
»Manche Menschen benutzen ein Telefon zur Kommunikation. Schon mal davon gehört?«
Ihr fiel das Chaos wieder ein, das sie heute Morgen hinterlassen hatte. Deshalb blieben alle anderen Lampen aus.
Er ging in die Küche und stellte ihre Einkaufstüten ab. Das Pfefferspray legte er auf die Ablage, die die Küche vom Wohnzimmer trennte.
»Du bist um deine Sicherheit besorgt?«, fragte er.
Sie warf die Handtasche aufs Sofa. »Sollte ich das nicht?«
»Doch. Schon mal eine Pistole in Erwägung gezogen?«
»Woher willst du wissen, dass ich nicht längst schon eine habe?« Sie stellte einen Sixpack Cola in den Kühlschrank und sah ihn an. Ric stand in ihrer Küche. Dieser Mann stand in ihrer Küche. Das hätte sie sich nicht träumen lassen.
»Hast du nun eine?«, fragte er.
»Um Gottes willen, nein.«
»Und warum nicht?«
Sie verfrachtete die Tiefkühlkost in die Gefriertruhe. »Aus dem gleichen Grund, warum
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