Wer den Tod ruft: Thriller (German Edition)
sollte er das tun?«, fragte Ric.
»Wegen der Schockwirkung«, sagte Elaina. »Wenn eine nichts ahnende Hightechschatzsucherin wie Jamie plötzlich auf eine verstümmelte Leiche stößt – diese Vorstellung erregt ihn vielleicht. Beim Morden berauscht er sich an seiner Allmacht. Sie ist Teil seines Nervenkitzels. Er allein bestimmt die Dosis Ketamin, die er dem Opfer verabreicht. Vielleicht ist sie genau so groß, dass die junge Frau aufwacht, während er sie verstümmelt. Sie bettelt um ihr Leben – und auch das gehört zu seinen vorkalkulierten Vergnügungen. Er genießt die absolute Kontrolle über seine Opfer.«
»Aber was ist sein Motiv?«, fragte Ric. »Was bringt ihn dazu, auf Opfersuche zu gehen? Wir haben einen Mord vor neun Jahren, dann zwei vor fünf Jahren und jetzt diese Mordserie.«
»Motive sind nicht immer klar und eindeutig«, sagte Elaina. »Nicht immer kannst du dich hinstellen und sagen: ›Hey, der Kerl hat diese Frau umgebracht, weil sie ihn an seine dominierende Mutter erinnert hat.‹ Jeder Psychopath tickt anders, aber die meisten finden schon als Heranwachsende Gefallen an Gewalt. Sie sind schon als Kinder verhaltensauffällig.«
»Sie quälen Tiere, zündeln gern, viele sind Bettnässer«, sagte Troy.
»Manche lügen«, sagte Elaina, »betrügen und beschuldigen Unschuldige. Ihr Verhalten anderen gegenüber ist herzlos. Je älter sie werden, desto stärker werden sie von Gewaltfantasien heimgesucht. Und dann kommt eines Tages der auslösende Moment. Bei dem Mord an Mary Beth Cooper hatte der Täter vermutlich die Morde von Charles Diggins in den Medien verfolgt. Diese Verbrechen passierten bei ihm in der Nähe. Vielleicht war er neidisch, wollte es auch mal ausprobieren. Dann hat er sich möglicherweise bei der Dosierung vertan und die Kontrolle über sein Opfer verloren. Und in Panik hat er sie gewürgt und mit Messerstichen traktiert. Seitdem plant er seine Morde gründlich und führt sie sorgfältig aus. Aber vermutlich brauchte er für jedes neue Verbrechen einen auslösenden Moment. Vielleicht hat er seinen Job verloren, vielleicht hat ihm eine Frau einen Korb gegeben. Was immer es war, jetzt scheinen alle Dämme gebrochen.«
Es war ruhig geworden. Elaina blickte in die Runde. Ihr fiel das katastrophale erste Treffen mit Chief Breck ein. Sie sollte jetzt den Mund halten. Nicht alle hatten einen John McCord als Vater, der beim Abendessen mit Begriffen wie »postmortales Intervall« und »Macdonald-Trias« um sich warf.
»Haben Sie noch etwas herausgefunden?« Elaina blickte auf Bens Computer.
Er drückte ein paar Tasten, und schon war er auf der Website von Xtreme $$$ing. »Ich wollte auch herausfinden, ob die Opfer bei dem Spiel mitgespielt haben«, sagte Ben. »Aber ohne ihren Benutzernamen zu kennen, ist das schwierig.«
»Bei Angela kann ich das herausfinden«, sagte Cinco.
»Danke. Ich habe drei Spieler entdeckt, die in den letzten sechs Jahren jedes dieser sieben Versteckebesucht haben. Jeder von ihnen hat Kommentare über die caches gepostet.«
»Können Sie ihre Spur zurückverfolgen?«, fragte Troy skeptisch.
»Wenn man online ist, hinterlässt man eine Spur. Es ist fast unmöglich, sich anonym durchs Internet zu bewegen. Deshalb gibt es auch meinen Job. Ich versuche den E-Mail-Account hinter dem Benutzernamen herauszufinden, um dann per Gerichtsbeschluss vom Provider den richtigen Namen zu bekommen.«
»Wie lauten die drei Benutzernamen?«, fragte Elaina.
»MoonMan4, BabyJane und KiffersTod.«
»Der letzte Name klingt vielversprechend«, sagte Troy.
»Das habe ich auch gedacht.« Ben gab ein paar Wörter ein und entschlüsselte den Buchstabensalat auf dem Bildschirm. GPS -Koordinaten und ein paar Icons erschienen.
»Was machen Sie jetzt?«, fragte Elaina.
»Ich gebe einen Sechsercode ein.«
Alle starrten Ben verständnislos an.
»Wenn man die Koordinaten herausgefunden hat, muss man zu jeder Zahl sechs addieren, um die tatsächlichen Koordinaten des Verstecks herauszufinden. Dieses Versteck heißt ›Toter Briefkasten‹«.
»Klingt verdächtig«, meinte Weaver. »Wie lange werden Sie brauchen, um den Benutzernamen zu identifizieren?«
»Das kommt darauf an.«
»›Toter Briefkasten‹«, sagte Elaina, »ist ein Ausdruck, den Spione benutzen. Du hinterlässt eine Nachricht zu einer vereinbarten Zeit an einem vereinbarten Ort, zum Beispiel in einem Astloch. Nachrichtengeber und -empfänger begegnen sich nie persönlich.«
»Robert Hannsen hat so
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