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Wer einmal auf dem Friedhof liegt...

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Titel: Wer einmal auf dem Friedhof liegt... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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ist in der Rue Gide gesehen worden. In dem Wagen wurde eine junge Frau von zwei
Kerlen belästigt.“
    „Wer ist am Apparat?“
    Ich lege auf. Sollen die Flics sich
darum kümmern oder nicht. Vielleicht bringt’s was ein... Vielleicht auch nicht.
Nach einer Weile wiederhole ich das Spielchen. Durch meine Hartnäckigkeit
könnte es passieren, daß sie der Sache Bedeutung beimessen. Mir ist zwar nicht
nach Lächeln zumute, aber ich gebe mir Mühe und frage Régine:
    „Was halten Sie von einem Privatflic
im Dienst?“
    „Na ja... Das Schauspiel ist neu für
mich.“
    „Und dabei haben Sie noch gar nicht
viel zu sehen gekriegt. A propos sehen: Wir haben nichts von der Entführung
gesehen, sind direkt von Dany Darnys hierhergefahren, ja? Vergessen Sie’s bitte
nicht...“
    „Nein.“
    Das Telefon klingelt. Roger Zavatter
erstattet Bericht:
    „Er ist nach Hause gefahren und wird
jetzt wohl dort bleiben.“
    „Wo sind Sie?“
    „Boulevard des Batignolles, direkt am Théâtre
Hébertot. Drei Meter von meinem Auto und zehn von Viénots Wohnung entfernt.“
    „Bleiben Sie, wo Sie sind. Ich bin
sofort da.“
     
    * * *
     
    „Dann schießen Sie mal los!“ fordere
ich meinen Mitarbeiter auf, als ich neben ihm in seinem Wagen sitze.
    Durch die leicht beschlagene
Windschutzscheibe sieht man in der Ferne die Leuchtreklame an der Place Clichy.
Das bunte Neonlicht durchdringt die Nacht von Montmartre.
    „Also“, beginnt Zavatter, „vor rund
dreißig Stunden haben Sie mich auf Dany Darnys und Marcel Viénot angesetzt. Ich
will mich ja nicht selbst loben, aber in so kurzer Zeit hab ich wohl noch nie
soviele Informationen gesammelt.“
    „Ja, ja, schon gut. Dafür gibt’s ‘ne
Sonderprämie.“
    „Vielen Dank. Fangen wir mit dem
Einfachsten an: Dany Darnys. Allgemein gilt sie nicht als besonders schlau, und
wenn sie selbst was für ihre Publicity tut, ist das meistens ‘n Schuß in den
Ofen. Im Oktober zum Beispiel hat sie einen Überfall simuliert...“
    „Ich weiß. Nur, daß der nicht
simuliert war.“
    „Ach nein?“
    „Ja. Aber das nur am Rande. Ansonsten
stimmt das Image. Sie ist ‘n bißchen blöd.“
    „Bei allem Respekt, ja.“
    ,Und kann man sie auch gut
beeinflussen, ohne daß sie’s
    merkt?“
    „Bestimmt.“
    „Das dachte ich mir... Und jetzt zu
Viénot.“
    „Ein ruhiger Vertreter. Intelligent.
Da Sie ihn mir besonders ans Herz gelegt hatten, hab ich mich an ihn gehängt.
Vierzig Jahre, gepflegte Erscheinung. Sie haben ihn ja gesehen...“
    „Mit einem Auge.“
    „Leitender Angestellter im
Konstruktionsbüro der Autofirma Roger Richard. Hat früher bei Dugat gearbeitet.
Dort hat er wohl Charles Désiris kennengelernt. Steht mit Dany Darnys auf gutem
Fuß, seit die Schauspielerin ein Star ist. Ich bin Viénot heute abend vom Betrieb aus nachgefahren. Erst hierher zu seiner
Wohnung, dann ins Restaurant, später in ein Bistro. In der ganzen Zeit hat er
zwei-, dreimal jemandem die Hand gegeben. Nichts Besonderes.“
    „Hat er telefoniert?“
    „Ein paarmal. Hat aber offensichtlich
nie jemanden erreicht. Immer wenn er aus der Kabine kam, sah er ärgerlich aus.
Um neun endlich hatte er wohl Glück. Er schien zufrieden mit dem Gespräch.
Danach dachte er angestrengt nach. Na ja, so sah’s jedenfalls aus. Nach dem
Bistro ging’s in ein Kino auf den Champs-Elysées. Nach dem Kino hat er in aller
Ruhe was getrunken und noch mal angerufen. Dann ist er zu Dany Darnys
gefahren.“
    „Wann genau?“
    „Nach Mitternacht. Ich hab gewartet.
Warum, weiß ich nicht. Wenn er mit ihr ins Bett gestiegen wäre, wär die
Warterei sozusagen verlorene Liebesmüh gewesen. Aber so gegen eins kam er wieder
runter. Ich wollte grade Feierabend machen. Den Rest kennen Sie: Rue du
Dobropol, dann wieder hierher.“
    „Und was...“ Zavatter gähnt, daß er
sich beinahe die Kiefer ausrenkt. „...was soll ich jetzt machen?“
    „Sie warten hier. Ich rufe ihn von
einem Bistro aus an, und dann gehen wir möglicherweise zusammen zu ihm hinauf.“
1 Ich steige in meinen Dugat um und fahre zur Place Clichy. Im Bistro Ecke Rue
Biot suche ich mir Viénots Telefonnummer raus und rufe ihn an. Er geht sofort
an den Apparat, schon nach dem ersten Klingeln. Seine Stimme klingt für keinen
Sou verschlafen. Im Gegenteil, hellwach. So als hätte er auf einen Anruf
gewartet.
    „Hallo?“
    „Hier Nestor Burma.“
    „Nestor Burma...“
    Es verschlägt ihm die Sprache.
    „Burma, ganz richtig. Ich bin ganz in
Ihrer Nähe. Würde

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