Wer einmal auf dem Friedhof liegt...
Désiris von Dugat?“
„Richtig.“
„Und haben sich dann aus den Augen
verloren?“
„1956, als ich zu Richard gewechselt
bin.“
„Woher wissen Sie, daß Yolande Mège
die Geliebte von Désiris war?“
„Letzten Januar hab ich Désiris
zweimal getroffen, zufällig. In seiner Begleitung war eine junge Frau... Yolande...
Den Namen kannte ich damals allerdings noch nicht, wie gesagt. Sofort fiel mir
auf, daß das Mädchen sehr schön war. Sie erinnerte mich nur sehr entfernt an
Charles’ Ehefrau... Die war nämlich nicht sehr... äh... anziehend.“
„Sie kannten Madame Désiris?“
„Flüchtig.“
„Und im März haben Sie von dem
Selbstmord erfahren?“
„Wie jeder in Paris, der Zeitung
liest.“
„Was halten Sie davon?“
Achselzucken.
„Im Oktober veröffentlichten die
Zeitungen Fotos von dem frischgebackenen Filmstar. Da haben Sie doch bestimmt
gedacht: ,Aha ! Ist das nicht Désiris schöne
Freundin?’“
„Jawohl, hab ich.“
„Sie sehen zu, daß Sie in den
Bekanntenkreis von Dany Darnys kommen, weil Sie sie für Yolande halten.“
„Genau.“
„Hatten Sie sich in Yolande
verknallt?“
„Nein!“
„Warum wollten Sie sie dann unbedingt
kennenlernen?“
„Als ob Sie das nicht wüßten!“
Viénot lächelt ungläubig.
„Die Erfindung, hm?“
„Ja. Sehen Sie, Monsieur Burma, ich
hab Désiris gut gekannt und weiß, was er als Ingenieur taugte. Ein
hervorragender Mann, voller Ideen. Die Unternehmen haben häufig davon
profitiert und ihn mit einem Almosen abgespeist. Deswegen war Désiris
verbittert. Aber in seinem Kopf arbeitete es weiter. Als ich den Artikel im Crépuscule las, hab ich nur mit dem Kopf geschüttelt. Désiris sollte sich umgebracht
haben, weil er an seinen Fähigkeiten als Ingenieur zweifelte? Dummes Zeug!“
Mit einer Handbewegung schickt er das
Blei, mit dem Covets Ergüsse in der Druckerei gesetzt wurden, in Richtung Rue
Legendre, in die Gießerei.
„Dummes Zeug“, wiederholt er.
„Weshalb sollte er sich denn Ihrer
Meinung nach umgebracht haben?“
„Keine Ahnung. Aber bestimmt nicht,
weil er an sich gezweifelt hat.“
„Sie finden also, daß Désiris’
Erfindung keine Erfindung der Journalisten ist?“
„Unbedingt!“
„Und weil Sie das finden, haben Sie
sich gesagt: ,Desiris hat seine Erfindung bestimmt zu
Ende geführt. Nur, mißtrauisch wie er ist, hat er wichtige Einzelheiten nicht
preisgegeben, wesentliche Voraussetzungen, ohne die der Rest keinen Sou wert
ist. Und diese wichtigen Notizen hat er an einem sicheren Ort aufbewahrt.
Vielleicht kann mir seine Freundin weiterhelfen. Fragen kostet nichts/ War es
so, Monsieur Viénot?“ Ï Er seufzt:
„Genauso. Nur das Fragen hat mich bis
jetzt schon ‘ne Menge Geld gekostet. Wenn man Umgang mit Frauen wie Dany Darnys
pflegt, kann man sich ruinieren.“
„Aber das Spielchen lohnt sich doch,
oder?“
Keine Antwort.
„Leider ist Dany Darnys nicht die, für
die Sie sie gehalten haben, hm?“
Er schüttelt den Kopf.
„Das haben Sie sofort gemerkt, als Sie
ihr gegenüberstanden“, fahre ich fort, „Yolande und Dany sehen sich zwar
ziemlich ähnlich, aber nicht zum Verwechseln. Trotzdem besuchen Sie die
Schauspielerin nach wie vor.“
„Dany ist sehr angenehm im Umgang“,
erklärt Viénot etwas reserviert. „So waren meine Anstrengungen nicht ganz
umsonst. Ihre Bekanntschaft ist so etwas wie eine Entschädigung für meine
Enttäuschung.“
„Das leuchtet mir ein“, sage ich und
nicke nachdenklich. „Kommen wir jetzt zum vorläufig letzten Akt. Sie gehören
zum Leserkreis des Prickelnden Paris... Na ja, irgend
jemand muß das Zeug schließlich kaufen! Sie sehen die Fotos von Yolande.
Kein Zweifel! Das ist jetzt wirklich Désiris’ Freundin. Aber wie an sie
rankommen? Weil Sie keine Möglichkeit sehen, sich ihre Adresse zu beschaffen,
denken Sie sich den Trick mit dem Privatflic aus. Soll der doch die Arbeit
machen! Sie schicken Ihrer Freundin Dany Darnys das Exemplar. ,Wirklich , meine Liebe, das geht zu weit!’ entrüsten Sie
sich, als Dany Ihnen die Fotos zeigt. Und Sie bequatschen sie so lange, bis Sie
selbst auf die Idee kommt, einen Privatdetektiv einzuschalten. Alles läuft wie
geschmiert. ,Monsieur Burma scheint diskret und
schnell zu sein“, reden Sie ihr ein.“
„Was sich als wahr herausgestellt
hat!“ lacht Marcel Viénot. „Vielen Dank. Ich werde fündig und informiere
Mademoiselle Darnys, die Sie wiederum über meinen Fund und ihre Verabredung mit
der
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