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Wer einmal auf dem Friedhof liegt...

Wer einmal auf dem Friedhof liegt...

Titel: Wer einmal auf dem Friedhof liegt... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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Sie wollen mich sähn?“
    „Ja.“
    „Warrum?“
    „Darrum.“
    „ Madre! Was soll das? Wovon rrufen Sie an?“
    „Ich bin bei Régine Monteil, direkt
unter Ihnen.“
    „ No! “
    „ Si! “
    „Gut, Ré soll mittekommen. Aber das
ist ein Witze.“
    Sie legt auf. Ich auch.
    „Du sollst mitkommen, hat sie gesagt“,
berichte ich Régine und schnappe mir eine der Flaschen. „Gute Idee! Du stellst
uns einander vor, dann schmilzt das Eis schneller.“
    „Du bist verrückt“, knurrt Régine
kopfschüttelnd.
    Sie schickt sich jedoch in ihre Rolle,
und wir gehen gemeinsam hinauf. Consuelo glaubt immer noch an eine Witze.
    „ Madre
de Dios! “ ruft sie
gestikulierend. „Kommt rrein, amigos!“
    Hüftenschwingend geht sie voran.
Klack, klack, klack, machen ihre Absätze. Sie führt uns in eine Art Salon, der
nur sehr spärlich möbliert ist. Consuelo dreht sich um. Durch den Schwung
wickelt sich ihr roter Rock um ihre strammen Beine, fällt dann wieder in
regelmäßigen Falten über die Knie. Die Fenster sind geschlossen, die Vorhänge
zugezogen. Im Zimmer hängt ein schwerer Parfümduft.
    „Hier, mein Paß“, sage ich lächelnd
und stelle die Flasche auf den Tisch. „Und hier mein Ausweis.“ Ich gebe ihr
meine Visitenkarte. „Damit sie nicht glauben, ich hätte geblufft.“
    „Tatsächlich! Nestor Burma, Detektiv“,
liest sie laut. „Sährr lustig!“
    Sie lacht und ruft dann:
    „Pedro!“
    Auf leisen Kreppsohlen kommt der
Gerufene aus dem Nebenzimmer. Er zieht sich noch schnell eine Jacke über. Etwa
fünfunddreißig, gebräuntes Gesicht, groß, athletische Figur in einem
gutgeschnittenen Anzug. Sein sportliches Aussehen wird von einer Hornbrille
abgeschwächt, die ihn zu einem erfolgreichen Geschäftsmann macht. Der Mann und
das Geschäft.
    „Pedro“, sagt Consuelo zu ihm, „ich
stell dir Señor Burrma vor. Er ist der Privatdetektiv, der äben angerufen hat.“
    „Ach ja“, sagt Pedro.
    Dann sagt er brav „Guten Abend,
Régine“, und Régine sagt noch braver „Guten Abend, Monsieur Pierre“. Monsieur
Pierre kommt auf mich zu und streckt mir die Hand hin. Sein Lächeln ist so
breit wie ‘n Sonnenschirm. Ein lustiges Paar. Die kleinste Kleinigkeit bringt
sie zum Lachen. Sieht zumindest so aus.
    „Sehr erfreut“, sagt er.
    Wir geben Pfötchen.
    „Sie sind ja ein lustiger Vogel“,
fährt er fort. „Wie Sie sich bei fremden Leuten einschleichen! Und um diese
Zeit! Aber macht nichts. Ich bin selbst kein Kind von Traurigkeit...“ Um mir
das zu beweisen, lacht er los. Ha, ha, ha! Ein schlecht gespieltes
Bühnenlachen, das mir nur das Gegenteil beweist: Er ist ganz und gar nicht
erfreut, daß ich einfach so hier reinplatze. Und ich weiß auch, warum.
    „Entschuldigen Sie bitte, daß ich Sie
belästige“, sage ich. Zu einem Lächeln langt es bei mir nicht mehr.
    „Aber nein! Sie belästigen uns
nicht... Sie wollten mit Mademoiselle Mogador sprechen?“
    „Tja... eigentlich...“
    Er lacht wieder los. Wieder nur
schlechtes Theater. „Verstehe“, sagt er dann augenzwinkernd. „Wenn Sie gewußt
hätten, daß ich da bin...“
    „...dann hätte ich erst recht darauf
bestanden, nach oben zu kommen“, vollende ich den Satz.
    „Ach, wirklich?“
    Seine Augen blitzen hinter den
Brillengläsern.
    „Ja, wirklich... Ich hab auch was zu trinken
mitgebracht“, fahre ich aufgeräumt fort. „Vielleicht machen wir das mal?“
    „Gute Idee“, stimmt Pedro mir zu.
„Consuelo, Gläser! Setzen wir uns doch. Wirklich, ein lustiger Abend!“
    Wir machen’s uns gemütlich. Nur Régine
scheint sich gar nicht wohlzufühlen. Wird ganz klein in ihrem Morgenmantel.
Consuelo bringt ein Tablett mit Gläsern herein. Inzwischen hat Monsieur Pierre
die Flasche geköpft. Als wir alle ein volles Glas in der Hand haben, sagt er,
jetzt ernsthaft: „Also, ich höre. Bin wirklich neugierig, was Sie von mir
wollen.“
    „Informationen über jemanden, dessen
Leiche ich gefunden habe.“
    „Was?“
    Erschreckt fährt er hoch. Consuelo
ruft etwas in ihrer Muttersprache, etwas mit puta und madre. Ihre
Überraschung amüsiert mich. Wie Pedro schon gesagt hat: ein lustiger Abend.
    „Ein gewisser Désiris“, erkläre ich.
„Hat sich und seine Frau am 7. März dieses Jahres umgebracht. Ich hab damals
die beiden Leichen entdeckt. Oh, das ist nichts Besonderes“, beruhige ich die
Gesellschaft. „Meine Spezialität... Ich glaube, sie kannten ihn.“
    „Wen?“
    „Désiris.“
    Langsam nimmt Pedro ein

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