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Wer einmal auf dem Friedhof liegt...

Wer einmal auf dem Friedhof liegt...

Titel: Wer einmal auf dem Friedhof liegt... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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nach. „210 AB 75-Offensichtlich
ein Zeuge mit guten Augen. Und heute nachmittag wurde
auf dem Gelände eines Schrotthändlers ein Tallemet gefunden, 2107 AB 75. Der
Wagen gehört einer gewissen Yolande Mège.“
    „Und... war das Mädchen da drin?“
    „Nein. Aber sehr beruhigend ist das
nicht... Was mich schwarzärgert, Burma, ist, daß Sie wieder mal in eine dunkle
Geschichte verwickelt sind!“
    Und mich erst! Ich verteidige mich mit
Klauen und Zähnen. Es gibt doch schließlich Zufälle, verdammt nochmal. Das muß
sogar Faroux zugeben. Aber trotzdem... Bei meinem Talent... Nach und nach kann
ich den Kommissar überzeugen. Erleichtert sehe ich den Zeitpunkt kommen, da
Faroux mich zum Teufel schickt.
    „Ist auch egal“, murmelt er
schließlich. „Ich glaub, ich muß den Fall Désiris noch mal aufrollen.
Möglicherweise...“ Weiter kommt er nicht mit seinen Zukunftsplänen. Das Telefon
klingelt. Faroux nimmt den Hörer ans Ohr.
    „Was?“ schreit er nach ein paar
Sekunden in die Muschel. „Grande-Jatte? ... Bleiben Sie dran. Ich geh an einen
anderen Apparat.“ Fluchend springt er auf. „Und wie ich den Fall Désiris
aufrollen muß! ... Sie bleiben hier!“ ruft er im Hinauslaufen und wirft mir
einen drohenden Blick zu.
    Ich stehe auf und gehe zum Fenster. In
dem schwarzen Wasser der Seine spiegeln sich die Lichter des Pont Saint-Michel.
Vom anderen Seineufer blinken die Lichter der Leuchtreklame herüber. In den
dumpfen Straßenlärm mischt sich das wütende Gekläffe eines Hundes, der die Schnauze
voll davon hat, mit einer stinkenden Leiche eingesperrt zu sein.
    Zehn Minuten später kommt der
Kommissar wieder, erregt wie ein Zuschauer beim Striptease.
    „Was stehn Sie hier rum?“ schnauzt er
mich an. „Verschwinden Sie, wir sprechen uns noch, wenn’s nötig ist... Und es
wird ganz bestimmt nötig sein!“
    „Was ist los?“ frage ich.
    „Das können Sie bald in der Zeitung
lesen.“
    Wir gehen zusammen hinunter. Die
Treppe erzittert unter dem Getrappel der Flics, die Faroux begleiten. Unten
lassen sie mich einfach stehen, klettern in einen Wagen und rasen sofort los.
Wahrscheinlich Richtung: Île de la Grande-Jatte.
     
    * * *
     
    „So war das, Hélène“, sage ich zu
meiner Sekretärin und lasse die Eiswürfel im Wermut klimpern. „Und Sie? Was
haben Sie rausgekriegt?“
    „Nichts“, antwortet meine Sekretärin
müde. „Von Mitte Februar bis Ende April ist nichts Interessantes passiert. Man
könnte meinen, die Gangster haben in der Zeit Ferien gemacht... Eine blöde Idee
war das.“
    „Hab ich Ihnen ja gesagt. Aber Sie
hätten auch recht haben können. Allerdings ist es wahrscheinlicher, daß Désiris
seine Rücklagen aus der Zeit bei Dugat angezapft hat. Damit werden wir aber
keine Zeit vertrödeln; denn ich bin überzeugt: Selbst wenn wir das mit
Bestimmtheit sagen können, hilft uns das in dem neuen Fall auch nicht weiter.“
    Hélène leert ihr Glas und sieht auf
die Uhr.
    „Oh, schon fast neun! Das sieht
verdächtig nach Überstunden aus.“ Sie steht auf. „Brauchen Sie mich noch?“
    „Nein.“
    Ich helfe ihr in den Mantel.
    „Bleiben Sie hier?“ fragt sie.
    „Noch ‘n Weilchen.“
    „Dann, gute Nacht.“
    „Gute Nacht, Hélène.“
    Auf der Treppe verhallt das Geklapper
ihrer Absätze.
    Ich versuche nachzudenken. Leider
kommt nichts Gutes dabei raus. Ich lege mein Gehirn auf Eis und rufe Régine an.
„Kann ich zu Ihnen kommen?“ frage ich.
    „Aber... natürlich!“
    Begeistert klingt das nicht. Eher
ängstlich.
    „Haben Sie schon gegessen?“
    „Ich hab keinen Hunger.“
     
    * * *
     
    „Ich dachte, vielleicht haben Sie
Durst“, sage ich aufgeräumt. Nacheinander packe ich die Flaschen aus, die ich
unterwegs besorgt habe, und stelle sie auf ein Tischchen.
    „Das war wirklich nicht nötig“,
protestiert Régine schwach.
    Ihre Stimme klingt nervös, ärgerlich,
fast schroff. Ich sehe meine Freundin an. Als sie mir die Tür öffnete, war ihr
Morgenmantel zugeknöpft wie ein Finanzbeamter, den man um Zahlungsaufschub
bittet. Jetzt hat er sich geöffnet (der Morgenmantel) und gibt den Blick auf
ein grünes Negligé frei. An strategisch wichtigen Punkten sind Spitzen
angebracht. Grün ist die Hoffnung. Lächerlich! Wir erhoffen beide nichts,
jedenfalls nicht voneinander.
    Irgend etwas stimmt hier nicht. Das junge Mädchen
ist gespannt wie ‘ne Violinsaite... oder wie ‘ne Harfensaite... Mit ihren
verstrubbelten Haaren sieht sie aus wie eine Gorgo . „Ich hoffe,
ich

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