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Wer einmal lügt

Wer einmal lügt

Titel: Wer einmal lügt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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Dolch in sein Gehirn. Er presste die Hände von beiden Seiten gegen den Kopf, weil er fürchtete, sein Schädel könnte in zwei Teile zerspringen.
    »Mach schon auf, Ray.«
    Es war Fester.
    »Ray?«
    Er hörte einfach nicht auf. Jedes Klopfen traf Rays Schläfen wie ein Schlag mit einem Holzbalken. Er schwang die Beine aus dem Bett, und obwohl sich in seinem Kopf alles drehte, gelang es ihm, sich hinzusetzen. Neben seinem rechten Fuß stand eine leere Flasche Jack Daniels. Bah. Er war auf der Couch bewusstlos geworden – nein, nur bewusstlos traf es nicht, er hatte leider wieder mal einen seiner Blackouts gehabt –, ohne das Bett darunter auszuziehen. Keine Decke. Kein Kissen. Wahrscheinlich taten ihm auch der verspannte Hals und Nacken weh, aber das ließ sich durch den pulsierenden Kopfschmerz nicht feststellen.
    »Ray?«
    »Hm«, krächzte er; mehr bekam er einfach noch nicht heraus.
    Es kam ihm wie ein Kater hoch zehn vor. Ein oder zwei Sekunden lang erinnerte Ray sich nicht, was am Vorabend passiert war und dieses massive Unwohlsein verursacht hatte. Stattdessen dachte er an das letzte Mal, als er sich so gefühlt hatte, damals, bevor für ihn alles vorbei gewesen war. Er war Fotojournalist für AP gewesen und hatte während des ersten Golfkriegs die 24th Infantry durch den Irak begleitet, als die Landmine explodierte. Dunkelheit – dann Schmerzen. Eine Zeitlang hatte es ausgesehen, als würde er sein Bein verlieren.
    »Ray?«
    Die Pillen standen neben dem Bett. Pillen und Schnaps – der perfekte spätnächtliche Cocktail. Er fragte sich, wie viele davon er wann genommen hatte, dann dachte er, Scheiß drauf. Er schluckte noch zwei, zwang sich aufzustehen und stolperte zur Tür.
    Als er sie geöffnet hatte, sagte Fester: »Wow.«
    »Was ist?«
    »Du siehst aus, als ob mehrere große Orang-Utans dich zu ihrem Liebessklaven gemacht hätten.«
    Ach, Fester. »Wie spät ist es?«
    »Drei.«
    »Was? Nachmittags?«
    »Ja, Ray. Es ist drei Uhr nachmittags. Siehst du das Licht draußen?« Fester deutete hinter sich. Er sprach mit der Stimme eines Erziehers im Kindergarten. »Um drei Uhr nachmittags ist es hell draußen. Um drei Uhr nachts ist es dunkel. Ich könnte dir ein Diagramm zeichnen, wenn dir das weiterhilft.«
    Sarkasmus war genau das, was ihm noch gefehlt hatte. Seltsam. Er schlief nie länger als bis acht, und jetzt war es drei. Es musste wirklich ein übler Blackout gewesen sein. Ray trat etwas zur Seite und ließ Fester ins Haus. »Gibt es einen Grund für deinen Besuch?«
    Der riesige Fester duckte sich, als er das Zimmer betrat. Er sah sich um, nickte und sagte: »Wow, was für ein Dreckloch.«
    »Yep«, sagte Ray. »Dachtest du, von dem, was du mir bezahlst, könnte ich mir ein Apartment in einer dieser edlen Wohnanlagen leisten?«
    »Ha!« Fester zeigte mit dem Finger auf ihn. »Da hast du mich kalt erwischt.«
    »Willst du was Bestimmtes?«
    »Hier.« Fester griff in seine Tasche, zog eine Kamera heraus und reichte sie Ray. »Die kannst du nehmen, bis du dir eine neue gekauft hast.«
    »Ich bin gerührt«, sagte Ray.
    »Na ja, du machst gute Arbeit. Außerdem bist du mein einziger Angestellter, der nicht auf harten Drogen ist, sondern einfach nur säuft. Damit bist du mein bester Mitarbeiter.«
    »Das ist wirklich ein romantischer Moment zwischen uns beiden, stimmt’s, Fester?«
    »Sowieso«, sagte Fester und nickte. »Außerdem habe ich keinen anderen gefunden, der heute Abend den George-Queller-Job machen kann. Holla, was haben wir denn hier?« Fester deutete auf die Pillen. »So viel dazu, dass du keine Drogen nimmst.«
    »Das sind Schmerztabletten. Ich bin gestern Nacht überfallen worden, erinnerst du dich?«
    »Klar. Trotzdem.«
    »Heißt das, ich bin die Auszeichnung als Mitarbeiter des Monats wieder los?«
    »Nein, wenigstens nicht, bis ich hier eine Spritze finde.«
    »Ich kann heute nicht arbeiten, Fester.«
    »Wieso? Willst du den ganzen Tag im Bett bleiben?«
    »Das hatte ich geplant, ja.«
    »Ändere deinen Plan. Ich brauch dich. Und ich zahl das Anderthalbfache.« Er ließ den Blick durch die Wohnung schweifen und runzelte die Stirn. »Obwohl du das Geld ja offensichtlich gar nicht nötig hast, was?«
    Dann ging Fester wieder. Ray setzte Wasser auf. Löslicher Kaffee. Von oben hörte er laute Stimmen auf Urdu. Offenbar waren die Kinder von der Schule nach Hause gekommen. Ray kämpfte sich bis zur Dusche und blieb so lange darunter stehen, bis das warme Wasser alle war.
    Bei Milo’s

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