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Wer einmal lügt

Wer einmal lügt

Titel: Wer einmal lügt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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Balance war wiederhergestellt – zumindest das, was sie darunter verstanden. Sie konnten jedoch nicht voneinander lassen. Selbst als sie zaghaft begannen, mit anderen auszugehen, waren Broome und Erin noch gelegentlich miteinander ins Bett gegangen. Das war noch ziemlich lange so gelaufen. Zu lange. Sie hatten versucht aufzuhören, aber wenn man sich Tag für Tag so nahe war … tja, wie hieß es so schön: Der Geist ist willig, aber das Fleisch … Selbst in der Anfangsphase von Erins Beziehung mit Sean waren sie noch ein paar Mal in die Kiste gesprungen, auch als es langsam ernst wurde, bis sie schließlich, als das junge Paar sich das Jawort gab, ein für alle Mal damit aufgehört hatten.
    Aber selbst jetzt, nach all den Jahren, waren die Gefühle unterschwellig noch vorhanden. Letztes Jahr war Erin, mit zwei Kindern im Schlepp und fünfundzwanzig Dienstjahren, vorzeitig in den Ruhestand gegangen. Oder genaugenommen in eine Art Altersteilzeit – einen Tag in der Woche kam sie ins Büro und erledigte Schreibkram. Aber auch darüber hinaus blieb Broome ein Teil ihres Lebens. Er besuchte sie und fragte um Rat. Er besuchte sie, wenn er Hilfe bei einem Fall brauchte. Er besuchte sie, denn obwohl sie sich unübersehbar verändert hatte und in ihrer neuen Ehe glücklich war, während er seine Chance auf das wahre Glück verspielt hatte, liebte Broome sie noch immer.
    Das Hintergrundbild auf ihrem Monitor war ein Familienfoto von Erin, Sean, den beiden Kindern und dem Hund vor einem Weihnachtsbaum. Broome versuchte, nicht die Augen zu rollen.
    »Wie war das Treffen mit Cassie?«, fragte Erin.
    »Eigenartig.«
    »Erzähl.«
    Das tat er. Erin trug ein hellgrünes Polohemd und einen rosafarbenen Rock, der viel Bein zeigte. Sie hatte schon immer tolle Beine gehabt. Sie sah ihn an wie immer, und er versuchte so zu tun, als würde ihn das kaltlassen. Erin war jetzt glücklich. Sie war Mutter und liebte Sean. Broome war in die Vergangenheit verbannt worden, war jemand, der ihr etwas bedeutete und den sie in gewisser Weise noch liebte, der ihr aber keine schlaflosen Nächte mehr bereitete.
    Einerseits war er froh darüber. In erster Linie war er jedoch untröstlich.
    Als er seinen Bericht beendet hatte, sagte Erin: »Und was schließt du daraus?«
    »Keine Ahnung.«
    »Überhaupt keine Idee?«
    Broome überlegte. »Gelogen hat sie nicht, aber wohl auch nicht die ganze Wahrheit gesagt. Ich muss mir das noch genauer angucken.« Er deutete mit dem Kinn auf den Laptop und die Akten. »Was hast du rausgekriegt?«
    Ihr Lächeln besagte, dass sie etwas Wichtiges gefunden hatte. »Die Überwachungsvideos vom La Crème .«
    »Was ist damit?«
    »Ich hab sie durchgesehen.«
    Erin drückte eine Taste auf der Tastatur. Gott sei Dank verschwand endlich das Weihnachts-Familienfoto der Andersons, und dafür erschien ein Standbild vom Video der Überwachungskamera. Erin drückte eine andere Taste. Das Video lief an. Nach etwa zwei Sekunden trat eine Gruppe offensichtlich betrunkener Männer aus dem Club auf die Straße.
    »Hast du Carlton Flynn in einem von den Videos entdeckt?«, fragte Broome.
    »Nein.«
    »Was dann?«
    »Guck’s dir einfach an«, sagte Erin mit einem schwachen Lächeln. »Was siehst du da auf dem Monitor?«
    »Einen Haufen besoffener Idioten, die aus einer Striptease-Bar kommen.«
    »Sieh genauer hin.«
    Er seufzte und starrte auf den Bildschirm. Sie drückte eine andere Taste. Eine weitere Gruppe Betrunkener kam aus dem Club getorkelt. Wieder drückte sie die Taste. Noch so eine Gruppe. Der nächste Tastendruck. Dieses Mal kam ein Paar heraus, auch sie waren eindeutig betrunken. Die Frau blieb plötzlich stehen, drehte sich zum Mann um, packte die Perlenkette, die der Mann trug, zog ihn zu sich heran und küsste ihn.
    Als er das sah, runzelte Broome die Stirn. Er wollte schon fragen, was daran denn so bedeutsam sein sollte, brach dann aber ab. In seinem Hirn klickte es.
    »Moment. Geh nochmal zurück.«
    Immer noch lächelnd drückte Erin die Zurück-Taste. Wieder sah Broome genau hin. Auch die betrunkenen Männer trugen Perlenketten. Sie klickte noch weiter zurück. Das Gleiche. Broome dachte an seine Sichtungen der Videos. So viele Betrunkene. So viele Feiern.
    Und so viele Glasperlen.
    »Mardi Gras«, sagte Broome leise. »Der Faschingsdienstag.«
    »Bingo«, sagte Erin. »Jetzt rate mal, auf welches Datum Mardi Gras dieses Jahr gefallen ist?«
    »Auf den achtzehnten Februar.«
    »Und die Bonus-Punkte bekommst du, wenn

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