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Wer einmal lügt

Wer einmal lügt

Titel: Wer einmal lügt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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oder?«
    »Das ist ziemlich verfallen.«
    »Genau«, sagte sie.
    »Was hat ein gut aussehendes, wohlhabendes Paar da zu suchen?«, fragte Broome.
    »Die Frage hätten Sie mir allerdings auch stellen können.«
    »Sie sind auch nicht das, was Sie zu sein scheinen«, sagte er.
    »Nein. Vielleicht hatten die beiden auch ihre Geheimnisse.«
    »Gut möglich.« Broome sah zu Boden. Er atmete ein paar Mal tief durch.
    »Detective?«
    Broome sah sie wieder an. »Wir haben schon alle in Harrys Bürohaus vernommen …« Er brach ab.
    »Und?«
    »Um die Zeit waren nur noch zwei Büros im Haus geöffnet – die Kautionsvermittler im zweiten Stock und der Steuerberater im ersten.« Broome sah ihr in die Augen. »Beide hatten an dem Tag keine Mandanten, die Ihrer Beschreibung entsprechen.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Ja. Wodurch sich folgende Frage ergibt: Was wollte das Paar um die Tageszeit in dem Gebäude?«
    Beide schwiegen. Dann sah Broome sich um, betrachtete die gewölbten Decken, die Orientteppiche und die Ölbilder.
    »Schönes Haus«, sagte er.
    Sie antwortete nicht.
    »Wie haben Sie das hingekriegt, Megan?«
    Sie wusste, was er meinte – wie war sie da rausgekommen? »Glauben Sie wirklich, dass diese Welten so weit voneinander entfernt sind?«
    »Ja, das glaube ich.«
    Sie waren es nicht, aber Megan hatte keine Lust, es zu erklären. Sie hatte den größten Unterschied zwischen den Besitzenden und den Besitzlosen kennengelernt. Glück und Geburt. Und je glücklicher man war und je mehr Türen einem aufgrund der Geburt offen standen, desto dringender wurde das Bedürfnis, andere davon zu überzeugen, dass man den Erfolg aufgrund von Intelligenz und harter Arbeit erreicht hatte. Im Endeffekt drehte sich alles auf der Welt nur um Fragen des Selbstwertgefühls.
    »Und was jetzt?«, fragte sie.
    »Erstens muss ich Sie wieder nach Atlantic City mitnehmen, damit Sie mit einem Phantomzeichner sprechen. Wir müssen das junge Paar, das Sie gesehen haben, identifizieren. Außerdem müssen Sie ehrlich zu mir sein.«
    »Ich bin ehrlich zu Ihnen.«
    »Nein, das sind Sie nicht. Sämtliche Anzeichen deuten auf dieselbe Person. Und das wissen Sie ebenso gut wie ich.«
    Sie schwieg.
    »Alles dreht sich um Stewart Green. Sie sagten, jemand hätte ihn kürzlich gesehen.«
    »Ich habe gesagt, jemand hätte ihn vielleicht gesehen.«
    »Ganz egal. Ich muss wissen, wer das war.«
    »Ich habe versprochen, es niemandem zu sagen.«
    »Und ich habe versprochen, Sie nicht zu behelligen. Aber jetzt ist Harry tot. Und Carlton Flynn wird vermisst. Sie tauchen wieder in der Stadt auf. Jemand hat Stewart Green gesehen. Was immer das jetzt bedeuten mag, was immer mit diesen Männern passiert ist, jetzt spitzt sich das alles zu. Sie können nicht mehr davonlaufen. Sie können sich nicht mehr in diesem großen, schicken Haus verstecken. Wie Sie eben schon sagten, Megan, so weit sind diese Welten nicht voneinander entfernt.«
    Megan versuchte, ihre Gedanken zu sortieren und nachzudenken. Sie wollte jetzt keinen Fehler machen, verstand aber, was los war. Stewart Green war ein Verdächtiger. Broome musste alles in seiner Macht Stehende tun, um ihn zu finden.
    »Megan?«
    Sie sah ihn an.
    »Es geht noch weiter.«
    Ein kalter Schauer schoss ihr bis ins Herz. »Was meinen Sie damit?«
    »Jedes Jahr an Mardi Gras verschwindet ein Mann. Oder er stirbt.«
    »Das versteh ich nicht.«
    »Wir können uns im Wagen darüber unterhalten. Da können Sie mir auch sagen, wer Stewart Green gesehen hat.«

VIERUNDZWANZIG
    R ay Levine saß im Weak Signal und ließ sich die letzten Stunden immer wieder durch den Kopf gehen. Unter dem dunklen Himmel, der sich über Lucy erstreckte, hatte er die einzige Frau, die er je geliebt hatte, in ihren Wagen steigen und wegfahren sehen. Er rührte sich nicht. Er rief ihr nichts hinterher. Er ließ sie einfach, ohne etwas zu sagen oder auch nur zu jammern, aus seinem Leben verschwinden. Schon wieder.
    Als ihr Wagen nicht mehr zu sehen war, starrte er noch eine volle Minute unverwandt auf die Straße. Irgendwie dachte er, Cassie würde zur Vernunft kommen, umkehren, zurückkehren, die Autotür öffnen und auf ihn zurennen. Hier, unter den wachsamen Augen von Lucy, dem Elefanten, würde Ray sie in die Arme schließen, fest an sich drücken, in Tränen ausbrechen und sie nie wieder loslassen.
    Und dann kam der Schnitt auf die Regenmaschine mit den Liebesballaden.
    Es passierte natürlich nicht. Die Liebe seines Lebens war verschwunden –

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