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Wer einmal lügt

Wer einmal lügt

Titel: Wer einmal lügt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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bitte?«
    »Sämtliche Informationen, die diese Frau uns gibt, gehen über meinen Schreibtisch, bevor ich sie weiterleite. Es ist nicht nötig, dass Sie, äh, etwas mit ihr besprechen. Sie können sie einfach zufriedenlassen.«
    Schweigen.
    »Hallo?«, sagte Goldberg.
    »Keine Sorge, ich bin noch da«, singsangte sie.
    Wie zum Teufel war Flynn an die beiden herangekommen? Goldberg beschloss, noch etwas mehr Druck zu machen.
    »Außerdem ist hier gerade sehr viel Betrieb.«
    »Betrieb?«
    »Diverse Leute beobachten sie. Auch Polizisten. Sie werden keine Chance haben, mehr als ein oder zwei Minuten mit ihr alleine zu sein. Ehrlich, es ist am besten, wenn Sie mir das überlassen.«
    Schweigen.
    Goldberg räusperte sich und versuchte, sie vom Thema abzubringen. »Das Blut, das wir bei diesen Ruinen gefunden haben, ist von Carlton Flynn. Nur damit Sie Bescheid wissen. Welchen anderen Spuren gehen Sie noch nach? Kann ich Ihnen da irgendwie behilflich sein?«
    »Deputy Chief Goldberg?«
    »Ja.«
    »Wann wird Megan Pierce das Revier verlassen?«
    »Ich weiß es nicht, aber ich habe Ihnen doch gerade gesa…«
    »Sie hat etwas gesehen, Deputy Chief Goldberg.«
    Er hatte Harry Suttons Leiche vor Augen – die bis auf die Knöchel heruntergezogene Hose, die Brandwunden, die Schnitte, die furchtbaren Dinge, die sie dem armen Mann angetan hatten. Schweißperlen sammelten sich auf Goldbergs Brauen. Für diesen Scheiß war er nicht zur Polizei gegangen. Einem besorgten Vater ein paar Informationen zuzuspielen war eine Sache. Aber dies?
    »Nein, hat sie nicht.«
    Wieder sagte die junge Frau: »Wie bitte?«
    »Ich bin gerade bei ihr gewesen«, sagte Goldberg und merkte, dass er zu schnell sprach. »Sie sagte, sie hätte einen Schwarzen am Tatort gesehen, weiter nichts.«
    Schweigen.
    »Hallo?«
    »Wie Sie meinen, Deputy Chief Goldberg.«
    »Was soll das jetzt heißen?«
    Aber die Leitung war schon unterbrochen.

ACHTUNDZWANZIG
    A uf dem Weg zu Goldbergs Büro wägte Broome die Vor- und Nachteile ab und kam schnell zu dem Schluss, dass er keine Wahl hatte. Goldberg beendete gerade ein Telefonat. Mit einer knappen Geste forderte er Broome auf, Platz zu nehmen.
    Broome sah seinem Boss ins Gesicht, stockte und sah dann noch einmal hin. Goldberg war nie ein vor Gesundheit strotzender Beau gewesen, aber jetzt sah er hinter seinem überladenen Schreibtisch aus wie etwas, das man ganz unten aus einem Wäschekorb herausgezogen hatte. Etwas, das die Katze als Erstes wieder aushustete. Etwas, das blass, teigig und zittrig war und vermutlich dringend einen Bypass brauchte.
    Broome setzte sich. Er rechnete damit, zusammengestaucht zu werden, aber Goldberg schien nach dem Telefonat zu erschöpft dafür zu sein. Als er Broome ansah, waren die Säcke unter seinen Augen so dick angeschwollen, dass er, wenn man sie etwas weiter nach unten versetzte, damit im La Crème an der Stange hätte tanzen können. Zu Broomes Überraschung sagte er mit leiser Stimme: »Erzählen Sie mir, was hier los ist.«
    Der Tonfall verblüffte Broome. Er überlegte, wann er Goldberg das letzte Mal ohne jeden Anflug von Feindseligkeit erlebt hatte. Es fiel ihm nicht ein. Das spielte aber auch keine Rolle. Broome hatte schon vorher beschlossen, Goldberg reinen Wein einzuschenken und ihm von seinem Verdacht zu erzählen. Ohne das Einverständnis seines direkten Vorgesetzten konnte er jetzt sowieso nicht weitermachen. Wahrscheinlich hatten sie inzwischen genug in der Hand, um damit zum FBI zu gehen – vermutlich hätte es gestern schon gereicht, aber Broome hatte nichts überstürzen wollen. Er wollte weder wie ein Trottel dastehen, wenn er falschlag, noch den Fall verlieren, wenn er richtiglag.
    Broome begann bei der Ermordung Ross Gunthers und sprach dann über die vermissten Mardi-Gras-Männer – Erin hatte inzwischen vierzehn passende Vermisste für die siebzehn Jahre ausfindig machen können –, um dann auf Carlton Flynn zu kommen. Zum Schluss äußerte er den Verdacht, dass die gestrige Ermordung Harry Suttons irgendwie damit zusammenhing, er aber beim besten Willen nicht sagen könnte, wie.
    »Immerhin«, endete Broome, »hat uns unsere Zeugin eine sehr gute Beschreibung von zwei Personen gegeben, die sie zu der Zeit, als Harry Sutton gestorben ist, in der Nähe seiner Kanzlei gesehen hat. Wir werden so bald wie möglich die Phantombilder veröffentlichen.«
    Goldberg erwachte aus der Erstarrung, in die er versunken war. »Diese Zeugin ist die Frau, die ich unten

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