Wer glaubt schon an Vampire? (German Edition)
losgefahren und hätte das Verhör hinter sich gebracht, doch auf ihren Wunsch legte sie wert. Heilung und Erlösung auf allen Ebenen konnte man nur hier gedanklich deponieren. Und wer wusste schon, wann sie wieder die Gelegenheit bekommen würde, diesen Ort zu besuchen? Noch dazu, wenn die Polizei bereits wartete. Ein süßer Wunsch auf heiligem Boden machte sich auch nicht gerade gut, wenn ein Heer von Polizisten das Gebäude umstellte und Emmi mit einer Tonne von Handschellen bombardierte. Gut, die Vorstellung war ziemlich idiotisch, aber sie bewirkte, dass sie sich beeilte.
Sie formulierte also ihren Wunsch, ging in die Knie und betete mit ganzer Inbrunst zur heiligen Jungfrau Maria und zu Fatima bint Muhammad. Sie konnte schließlich jede Hilfe gebrauchen und weibliche Doppelkraft kam ihr da nur recht.
Danach hätte Emmi gerne noch etwas über die drei G eheimnisse von Fátima gelesen, doch dafür blieb ihr keine Zeit. Ihr inneres Bedürfnis, den unangenehmen Teil mit der Polizei hinter sich zu bringen, war so drängend, dass sie sich schleunigst auf den Weg machte und Aron Jäger suchte.
Der aber war gar nicht schwer zu finden. Gelangweilt lümmelte er am Parkplatz herum, schien aber wenigstens seine Übelkeit losgeworden zu sein.
„Schon hier?“, fragte er verwundert, als er sie entdeckte.
„Wie du siehst! Alles erledigt, mein Lieber!“, zwitscherte sie, bemerkte aber seinen seltsamen Blick. Er ahnte offenbar schon, dass etwas nicht stimmte. Also rückte sie lieber gleich mit der Wahrheit heraus.
„Ich ... äh ... muss dir etwas sagen“, begann sie und versuchte einen niedlichen Augenaufschlag, der jedoch an seinen zeckenhaft kleinen Pupillen abprallte.
„Die Polizei sucht mich.“
22 . Kapitel
Marrakech, 429 n. Chr.
Vorsichtig schlich Akascha durch die Gänge und wagte kaum zu atmen. Jede Nische, jeden dunklen Vorsprung nutzte sie, um kurz zu verschnaufen und sich wie unsichtbar zu machen. Gerade als sie erneut einen Fuß auf den Gang setzen wollte, flitzte eine der Dienerinnen aus dem Schlafgemach ihres Vaters. Der Duft von blumigem Tee verbreitete sich, weil ihr Vater zu später Stunde noch einen Schlaftrunk gefordert hatte. Zum Glück aber war die Dienerin in Eile und bemerkte die Prinzessin nicht. Alleine durch den Palast zu schleichen, war selbst für Akascha ungewöhnlich, auch wenn sie genauso fest verschleiert war, wie es der Glaube verlangte.
Nein ... berichtigte sich Akascha in Gedanken und verspürte den schon üblich gewordenen Unmut. Nur wie es die Männer wollen! Allen voran mein eigener Vater! Energisch reckte sie ihr Kinn nach oben, wartete noch eine halbe Minute, bis sie sicher war, dass die Dienerin verschwunden war und eilte dann leichtfüßig hinüber zum Schlafgemach ihres Vaters.
Die Wachen staunten nicht schlecht, als sie Akascha anhand ihres prachtvollen Gewandes und ihrer schönen Augen erkannten. Jedes andere Mädchen hätten sie verärgert zur Rede gestellt, doch bei ihr hielten sie ihre Wut im Zaum.
„Ich komme nur, um mich mit meinem Vater zu versöhnen! Es wird höchste Zeit, dass der Sultan mich wieder meine Blume nennen kann“, erklärte sie mit samtweicher Stimme und einem Lächeln auf den Lippen, das zwar nicht zu sehen, aber jedem Wort anzuhören war. Die Männerherzen der beiden schlugen automatisch höher.
„Wir ... äh ...“, begann einer von ihnen zu stottern, als ihn bereits die erste Prise des Giftes traf. Blitzschnell, aber mit geschmeidigen, unauffälligen Bewegungen hatte Akascha ihre Hand und einen Teil ihres Schleiers gehoben und ihren tödlichen Atem verstreut. Selbst der Zweite fiel bereits zu Boden, bevor er noch ein Wort sagen konnte.
Soweit so gut! ... triumphierte Akascha und hoffte im Stillen, dass ihr Vater schon schlief. Vorsichtig öffnete sie die Tür und schlüpfte sanft und leise hinein. Nur, dass sie ganz und gar nicht in sanfter Stimmung war, denn ihre Augen glühten vor Zorn und dem Willen ihren Vater für all die Qualen büßen zu lassen, die sie und ihr Geliebter hatten erdulden müssen.
Es brannten nur wenige Kerzen in dem riesigen Schlafgemach, doch auch so wurde für die Prinzessin ersichtlich, wie prachtvoll das intime Reich ihres Vaters gestaltet war. Das Bett war überdimensional groß und befand sich in der Mitte des Zimmers. Es war kunstvoll verziert mit Bildern und komplizierten Holzarbeiten. Vorhänge aus feinstem Stoff hüllten das Bett ein, streichelten zärtlich über nackte Haut
Weitere Kostenlose Bücher