Wer glaubt schon an Vampire? (German Edition)
und den Rand des Bettes.
Hastig eilte Akascha vorwärts und bewegte sich so leise, als würde sie schweben. Gedämpftes Schnarchen drang an ihr Ohr und bestätigte, dass ihr Vater bereits schlief. Das machte ihr Mut und sie ging weiter, bis sie erste Konturen erkennen konnte und ihr schlagartig übel wurde. Ihr Vater lag nackt und aufgedunsen zwischen zwei Frauen und war sichtlich gezeichnet von dem köstlichen Sex, den er kurz zuvor genossen hatte. Schnell presste Akascha ihre Faust auf den Mund, um ein lautes Würgegeräusch zu unterdrücken. Eine der Frauen war noch dazu ihre eigene Mutter! Der Ekel drohte sie zu überwältigen und sie musste all ihre Konzentration aufbieten, sich nicht an Ort und Stelle zu übergeben. Schnell atmete sie ein und aus und rief sich ihren Auftrag und seine Dringlichkeit in Erinnerung. Sie hatte zu warten, musste durchhalten und sich ganz auf ein magisches Ritual konzentrieren!
Ihre Mutter hatte wahrlich schon genug gelitten unter diesem Tyrannen. Sie hier so geschunden zu sehen, kostete Akaschas eine Menge Kraft. Nie und nimmer war diese Frau freiwillig hier, obwohl ihr lächelndes Gesicht eine andere Sprache sprach. Aber das konnte auch der Segen des Schlafes sein und die Wohltat darüber, dass der grässliche Akt vorüber war. Freude oder gar Liebe schloss Akascha aus, denn ihr Vater war grausam und ein Mann ohne jede Schönheit.
Vorsichtig lüftete die Prinzessin einen der Vorhänge des Bettes, um sich ein noch besseres Bild zu machen, rümpfte aber sofort angewidert die Nase. Ihr Raschdte hatte stets nach Leder, Sandelholz und einem betörenden Duft von Rose und Zitrone gerochen. Doch hier roch es penetrant nach Schweiß, diversen Liebessäften und einem schweren, süßlichen Parfum, das Akaschas Magen erneut revoltieren ließ. Die Verachtung die sie für ihren Vater und plötzlich auch für ihre Mutter empfand, machte es ihr leicht, das Pulver aus dem kleinen Lederbeutel zu holen.
Sie müssen alle schlafen! Alle! Die Dosierung war nicht wichtig. Hauptsache sie störten nicht das Ritual oder erwachten im falschen Moment. Akaschas Rücksichtslosigkeit kannte in dem Moment keine Grenzen. Die zwei Frauen waren nicht geplant gewesen und wenn sie Pech hatten, mussten auch sie sterben. Aber so war das eben mit dem Schicksal. Mit grimmiger Miene versuchte Akascha jeden Zweifel beiseite zu schieben und blies das Pulver den Schlafenden über die Köpfe. Doch genau in dem Moment schlug ihre Mutter die Augen auf.
„Was ...?“, rief sie erschrocken, erkannte ihre Tochter und erstarrte im Angesicht des glitzernden Staubes, der auf sie herab rieselte.
„Scht...!“, flüsterte Akascha kaltblütig und pustete ihrer Mutter eine zusätzliche Prise mitten ins Gesicht. „Jetzt kannst du mit deinem verfluchten Lächeln weiterschlafen!“ Akascha war vollkommen verblendet. Ihre aufgestauten Gefühle und ihr schwelender Hass verdrängten jeden natürlichen Instinkt.
„Du Törichte! Das wirst du ...“, krächzte die Mutter, ehe sie ihren letzten Atemzug tat, die Augen verdrehte und in krampfhaften Zuckungen zu sterben begann. Das Pulver in solch hoher Dosis war tödlich. Der Anblick aber war Akascha zu viel, durchbrach für einen Moment ihren Nebel aus Hass und Wut und ließ sie begreifen, dass sie ab nun zu den scheußlichsten Kreaturen der Menschheit gehörte ... zu den Mördern.
Ihr Herz brannte vor Schmerz, denn sie bemerkte, dass sie die letzte Konsequenz, nämlich das Morden, eigentlich nie gewollte hatte. Nie! Wie aber hatte sie dann nur jemals in Betracht ziehen können Mutter und Vater zu töten? Der Hass auf ihre Eltern kam ihr plötzlich so verkehrt vor, als hätte jemand anderer diesen Wahn in sie hinein gepflanzt. Mit einem heiseren Schrei presste sie ihre Hände gegen die schmerzende Brust und versuchte mit reiner Willenskraft die Zeit zurückzudrehen. Dabei konnte sie nicht aufhören sich zu fragen, wie sie nur jemals in solch einen Irrsinn verfallen war.
Sie betete leise und versuchte dabei nicht laut zu schluchzen. Dafür schrie sie innerlich mit ganzer Verzweiflung, um ihren Geliebten, ihre Eltern und um ihr eigenes Seelenheil, beugte sich schluchzend vor und wollte die Frau ein letztes Mal küssen, die ihr unter Schmerzen das Leben geschenkt hatte. Doch das Donnern einer wütenden Stimme ließ das nicht zu.
„Rühr‘ sie nicht an!“, brüllte der Magier und trat wie ein Geist aus dem Schatten neben ihr. Akascha zuckte zurück und starrte auf den alten Mann.
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