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Wer hat Angst vor Beowulf?

Wer hat Angst vor Beowulf?

Titel: Wer hat Angst vor Beowulf? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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hab«, entschuldigte er sich. »Ich konnte mich einfach nicht entscheiden. Mit dem Bären klappt so was normalerweise gut, aber der Wolf ist bequemer.«
    »Das war toll«, murmelte Hildy. Sie atmete schwer, und ihr neuer Anorak war voller Essig. »Danke.«
    »Keine Ursache«, sagte eine Stimme in ihrer Manteltasche. »Übrigens, wer war das überhaupt?«
    »Irgendwelche Straßenräuber, nehme ich an«, antwortete Hildy. »So was wie Diebe.«
    »Kenn ich nicht«, sprach ihre Manteltasche. »Na ja, diese jungen Leute heutzutage.«
    »Erzählen Sie aber bitte dem König nichts davon«, bat Hildy. »Er würde sich nur unnötige Sorgen machen.«
    »Wie Sie meinen.«
    Nach ihrer Rückkehr erzählte Hildy dem König nichts von dem Überfall, aber sie reichte Brynjolf die Minisalami. Das war ihres Erachtens das mindeste, was sie tun konnte.
    Am nächsten Morgen ließen sie den Lieferwagen stehen und machten sich zunächst zu Fuß auf den Weg. Dann fuhren sie mit der U-Bahn von Old Street nach Bank und stiegen dort in den Zug nach St. Paul’s Cathedral um. Grundsätzlich schien die U-Bahn weder für den König noch für den Zauberer irgend etwas Beunruhigendes zu haben, aber Brynjolf und Arvarodd gefiel der Anblick der Schächte überhaupt nicht.
    »Weißt du, was das meiner Vermutung nach ist?« flüsterte Arvarodd dem Verwandler zu.
    »Was denn?«
    »Eine Grabkammer«, antwortete der Held von Permia, »wie diese Säulengräber auf Orkney, nur größer. Die hier müssen meilenlang sein.«
    »Und worin befinden wir uns dann? In einem Sarg?« Brynjolf sah sich im Abteil um. »Ich sehe gar keine Leichen.«
    »Dann muß es sich um die Gruft eines Königs handeln«, meinte Arvarodd. »Sieh mal, da ist ein Diagramm oder so was, da oben an der Seite.«
    Brynjolf stand auf und studierte den Plan. »Ich vermute, du hast recht«, sagte er, als er auf seinen Platz zurückkehrte. »Ich glaube, hier liegen mehrere Königshäuser begraben. Diese farbigen Striche, die die Namen miteinander verbinden, das müssen die Stammbäume sein. Du meine Güte, haben die lustige Namen! Sieh mal, hier liegt das ganze Haus von Kensington begraben: South Kensington, West Kensington, High Street Kensington …«
    »Und sogar Kensington Olympia«, warf Arvarodd ein. »Das muß aber eine mächtige Königsfamilie gewesen sein.«
    »Die Parks aber auch«, fuhr Brynjolf fort. »Und dann die Actons draußen im Westen. Natürlich alle hoffnungslos miteinander verwandt oder verschwägert«, fügte er hinzu, als er die diversen Überschneidungen der farbigen Linien in Euston entdeckte. »Kein Wunder, daß die an Größenwahn gelitten haben.«
    Hildy bekam das Ende dieser Unterhaltung mit, entschied sich aber, sich nicht einzumischen; eine vollständige Erläuterung des Londoner U-Bahn-Netzes wäre ihr zu kompliziert gewesen. Zudem hatte sie als erfahrene Archäologin das Gefühl, daß die Erklärungsversuche der beiden viel besser waren als die sonst üblichen.
    In der Station ›St. Paul’s Cathedral‹ stiegen sie aus und gingen zur Rolltreppe. Hildy hatte das Gefühl, ihnen diese technische Errungenschaft der Neuzeit erklären zu müssen, aber die Helden schienen das Prinzip sofort zu begreifen – es mußte in Geirrodsgarth auch welche gegeben haben. Vor der Rolltreppe blieb Arvarodd stehen und las das Hinweisschild.
    »›Auf der Rolltreppe müssen Hunde getragen werden‹«, las er laut vor. »O Mann, hätten wir doch einen Hund mitgenommen! Jetzt müssen wir die ganzen Treppen hochlaufen!«
    »Also gut«, stöhnte Brynjolf. »Überlaß das mir.« Er seufzte tief und verwandelte sich in einen kleinen Terrier. Arvarodd hob ihn auf und klemmte ihn unter den Arm. »Aber wenn du deine Fahrkarte verloren hast, bist du selbst schuld.«
    Als sie den Ausgang zur Straße erreichten, war das Objekt ihrer Suche schon sichtbar. Bevor Hildy darauf zeigen und es als das Gebäude identifizieren konnte, das sie durch den Bergkristall hindurch gesehen hatte, bestaunten ihre Begleiter bereits den gewaltigen schwarzen Wolkenkratzer, der alle anderen Gebäude von Cheapside überragte.
    »Das ist typisch für ihn, keine Spur von Originalität«, mäkelte der König.
    »Gehen wir jetzt gleich rein oder was?« fragte Arvarodd voller Tatendrang, und seine Hand spannte sich um den Griff der Sporttasche, in der er sein Kettenhemd und das Kurzschwert verstaut hatte.
    »Nein«, entschied der König.
    »Und warum nicht, verdammt noch mal?« beschwerte sich Arvarodd.
    Hildy fiel auf,

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