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Wer hat Angst vor Jasper Jones?

Wer hat Angst vor Jasper Jones?

Titel: Wer hat Angst vor Jasper Jones? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Silvey
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und immer wieder, und weil sie etwas Wunderschönes zerstört haben. Und weil ihnen niemals etwas geschehen wird.
    Weil in dieser Stadt ein Mädchen verschwindet und man sich Jasper Jones greift, um ihn tagelang einzusperren, zu bedrohen und zu verprügeln, während diese Ungeheuer aus irgendeinem Grund keinen Verdacht erregen werden.
    Weil Jasper Jones jetzt Corrigan verlassen muss, bevor es ihn zerbricht. Und ich muss mit ihm gehen, wegen all dem, was ich weiß, was ich getan habe und was ich empfinde.
    Weil Laura Wishart tot ist. Weil sie geschlagen und erhängt wurde. Möglicherweise von Jack Lionel. Vielleicht aber auch von diesen Männern. Und wir haben ihr das Seil vom Hals genommen und es ihr um die Füße geschlungen. Wir haben sie an einen Stein gebunden, sie ins Wasser geworfen und versenkt.
    Und weil Eliza Wishart mich hassen wird, wenn sie jemals herausfindet, was ich ihrer Schwester angetan habe, nachdem sie tot war. Sie würde sich nie wieder an meinen Arm klammern oder an meine Schulter lehnen. Und ich hätte sie zum letzten Mal geküsst. Trotzdem habe ich immer noch das Bedürfnis, es ihr zu sagen. Uns beiden eine Last abzunehmen. Ihr zu versichern, dass ich mich bemüht habe, das Richtige zu tun. Das Wort einzugravieren.
    O ja, ich habe mich in Schwierigkeiten gebracht. Ich weiß, dass sie auf dem Weg zu mir sind. Die blauen Anzüge, die Libellen in der Luft. Am schlimmsten ist das Warten. Ich kann spüren, wie sich etwas an mich heranschleicht und mir langsam die Luft abschnürt. Es ist ein Hinterhalt. Und ich will damit nicht allein sein.
    Jetzt schüttet es wie aus Eimern und verhüllt unser Haus. Und so bleiern ich mich auch fühle, will die Schneekugel einfach nicht zur Ruhe kommen. Vielleicht wird sie das nie.
    «Gute Nacht», sage ich.

[zur Inhaltsübersicht]
    7
    Am späten Vormittag des Silvestertages verkündet Jeffrey Lu, dass er die Absicht hat, den One-Inch Punch zu meistern.
    «Den One-Inch was?»
    «Den One-Inch Punch, du Idiot. Das ist
Karate
. Bruce Lee. Er hat ihn in die Kampfkunstszene eingeführt. Und Jeffrey Lu wird ihn berühmt machen.»
    Wir zerren unsere Holzkiste auf die Straße. Jeffrey schultert den Cricketschläger und blinzelt im Sonnenlicht.
    «Weißt du, Chuck, während du durch die Gegend tänzelst und die Mädchen mit klugen Sprüchen beeindruckst, sind einige von uns damit beschäftigt, sich in absolute Topform zu bringen. Es muss schön für dich sein, ein Pferd wie mich im Stall zu haben. Du bist ein braver Bürger. Du kannst es dir leisten, dich auf deinen Lorbeeren auszuruhen, weil du weißt, dass Jeffrey Lu sich der Tyrannei in den Weg stellt.»
    «Ich weiß Euer Opfer wirklich zu schätzen, Sir.»
    «Opfer kann man das nicht nennen. Ich verfeinere lieber meine überragenden Fähigkeiten bis zur absoluten Perfektion, als durch die Gegend zu scharwenzeln und Mädchen abzuschmatzen.»
    «Weil du schwul bist?»
    «
Du
bist schwul», sagt Jeffrey seufzend. Ich spüre, dass er ungeduldig ist, und bitte ihn, mir das Geheimnis des One-Inch Punch zu enthüllen. Wieder seufzt Jeffrey und legt den Schläger hin.
    «Für die Ignoranten und Uneingeweihten: Unter einem One-Inch Punch versteht man die geballte Konzentration sämtlicher Energie auf einen bestimmten Punkt im Körper, um sie mit Explosivkraft in einem einzigen Augenblick zu entladen. Etwa so.» Jeffrey nimmt eine stabile Haltung ein. Er duckt sich mit ausgestreckter Faust und klatscht mir plötzlich wie in einem Krampfanfall gegen die Schulter.
    «Jeffrey, das ist das Dümmste, was ich je gesehen habe.»
    «
Du
bist das Dümmste, was ich je gesehen habe!»
    «Was soll das denn bringen? Wenn du dich nicht gerade mit jemandem in einer Telefonzelle anlegst, hat das doch keinerlei Vorteil. Hole einfach aus und schlag zu wie jeder normale Mensch.»
    Jeffrey grunzt.
    «Charles, du hast keine Ahnung, wie es auf der Welt zugeht. Es hat wirklich keinen Zweck, dir die Methoden eines Elite-Kampfkunstathleten nahebringen zu wollen. Das Weichei in dir verhackstückt jede noch so einleuchtende Botschaft. Man könnte glauben, ich würde eine fremde Sprache sprechen. Es ist ja wohl klar, dass ich dich nicht fester schlagen
wollte
. Meine Faust wäre mitten durch dich durchgefahren, wenn ich alle meine Reserven lockergemacht hätte. Aber einen Mord kann ich mir nicht leisten.»
    «Mord? Bei allem gebührenden Respekt, Jeffrey, aber ein Schlag wie der würde sich nicht mal bei einem neugeborenen Häschen mit angeborener

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