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Wer hat Angst vor Jasper Jones?

Wer hat Angst vor Jasper Jones?

Titel: Wer hat Angst vor Jasper Jones? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Silvey
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dass
du
keine Wortspiele mehr von dir geben darfst. Meine sind geistreich und grandios.»
    «Du bist ein Idiot.»
    «Wenn du heute Abend nicht hingehst, solltest du rüberkommen und ein köstliches, kühles Bier mit mir trinken.»
    «Aber du hast doch gar kein Bier», bleibe ich hartnäckig.
    «Hab ich nicht?», sagt Jeffrey und hebt eine Augenbraue.
    «Nein, hast du nicht.»
    «Da hast du recht. Aber das macht nichts. Ich muss sowieso meinen Körper in Topform halten und Laster und Versuchung widerstehen. Bruce Lee sieht man schließlich auch nicht mit einem kühlen Bier in der Hand rumlungern. Wahrscheinlich ist er deshalb so auf Zack. Mein Körper ist ein Tempel, Charles. Ein Tempel an Explosivkraft. Eine Kathedrale der Tugendhaftigkeit. Meine Fäuste sind wie … Hämmer. Hämmer aus Stein. Steinerne Gerechtigkeit. Ich bin ein Sinnbild der Redlichkeit. Sie wurde mir praktisch in die Wiege gelegt.» Jeffrey springt auf und fängt an zu boxen, wobei er immer wieder
Ich bin so schön, so schön
murmelt. Ich wünsche ihm «Auf Wiederhörnchen» und überlasse ihn dem Kampf gegen die dunklen Geister.
    Auf dem Nachhauseweg frage ich mich, ob ich es wirklich fertigbringe, Jeffrey einfach zurückzulassen, wenn ich Corrigan den Rücken kehre. Mit ihm war immer alles ganz leicht. Bei ihm habe ich mich nie stärker oder klüger geben müssen, als ich bin. Ich habe nie versuchen müssen, jemand anderes zu sein. Kann ich das wirklich tun? Aus irgendeinem Grund habe ich mehr Angst davor, ihn zu verlassen als meine Eltern.
    Mit das Härteste an diesem ganzen Schlamassel ist für mich, ihn nicht mit Jeffrey Lu teilen zu können. Nicht mit ihm zu diskutieren und alles auseinanderzunehmen, ihn einzuweihen und ihn einen Teil der Last tragen zu lassen. Es fühlt sich so fremd und so seltsam an, alles für mich zu behalten.
    Eigentlich sollte es leichter werden, die Wogen der Angst sollten sich zurückziehen. Doch obwohl das Fieber um Lauras Verschwinden nachlässt, steigt meine eigene innere Quecksilbersäule immer höher. Mein Atem wird kürzer, und der Knoten in meiner Brust zieht sich zusammen. Eliza Wishart hat mir den Appetit und Laura mir den Schlaf geraubt. Ich habe meine Sandalen gegen schwere Stiefel eingetauscht. Weil ich weiß, dass sie mich irgendwann holen werden. Die Bussarde werden immer über mir kreisen.
    Was ist, wenn Laura an die Oberfläche käme? Wenn sich das Seil lösen und man sie im Wasser treibend fände? Wenn jemand den Mund aufmachen oder sie zufällig entdecken würde? Würden sie mich fesseln und verprügeln wie Jasper Jones?
    Und würde ich ihnen alles erzählen, wenn es so käme?
    Wenn ich Eliza wiedersehe, könnte das durchaus passieren. Obwohl ich mich danach sehne, sie wiederzutreffen, weil ich mich vergewissern will, dass es ihr gutgeht, fürchte ich mich vor dem, was aus mir heraussprudeln könnte. Es blubbert schon dicht unter der Oberfläche. Und ich habe Angst zu platzen angesichts der Versuchung, dem Elend und dem Rätsel ein Ende zu bereiten, Abbitte zu leisen, alles zu erklären und das Wort einzugravieren. Doch das würde Jasper Jones ins Gefängnis bringen. Und mich vielleicht auch.
    Sie wird heute Abend beim Feuerwerk sein, deshalb muss ich zu Hause bleiben. Ich darf sie nicht sehen, auch wenn ich es noch so sehr will. Ich kann das Versprechen, das ich Jasper Jones gegeben habe, nicht aufs Spiel setzen.
    Ich weiß, dass sie mich hassen wird, wenn ich es ihr sage. Sie wird es nicht verstehen. Egal, wie sehr ich zu erklären versuche, dass ich mich bemüht habe, das Richtige zu tun.
    Deshalb muss ich mit Jasper fortgehen. Bevor sie uns auf die Spur kommen oder ich uns verrate. Ich muss alles hinter mir lassen und unser Geheimnis in einem fest verschnürten Bündel mitnehmen. Ich weiß, dass wir diese Sache niemals lösen werden. Ich glaube, ich wusste es schon immer. Also muss ich die Schneekugel aufbrechen. Ich muss raus, muss all meinen Mut zusammennehmen. Außerdem weiß ich, dass alles gut werden wird, wenn ich mit Jasper zusammen bin. An seiner Seite habe ich das Gefühl, dass wir es wirklich schaffen können. Vielleicht können wir in die Großstadt ziehen, und ich gehe trotzdem weiter zur Schule. Oder ich arbeite mit Jasper zusammen. Wir könnten hoch in den Norden. Dorthin, wo es immer Sommer ist. Wir könnten Unternehmer werden, Partner. Seite an Seite. Wie Dodger und Charlie in
Oliver Twist
würden wir sie alle aufs Kreuz legen. Wir könnten uns nach Corrigan zurückschleichen

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