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Wer hat Angst vorm bösen Mann?

Wer hat Angst vorm bösen Mann?

Titel: Wer hat Angst vorm bösen Mann? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Borwin Bandelow
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passiert.»
    «Und wie geht es Ihnen heute?», will ich jetzt wissen.
    «Seit fünfzehn Jahren bin ich geschieden, und seit sieben Jahren lebe ich mit einem Deutschen in einer Art Wohngemeinschaft zusammen, ohne dass wir ein Paar sind. Ich bin jetzt über fünfzig und habe mich für sehr viele Jobs beworben, aber nichts bekommen. Meine Gesundheit hat während meiner Gefangenschaft sehr gelitten. Wegen der Streckbank habe ich heute noch ständig Schmerzen in der Schulter und der Wirbelsäule; ich kann kaum sitzen. Damals hatte ich eine Zivilklage gegen Hooker geführt, und von der Versicherung, die auf sein Haus abgeschlossen war, erhalte ich eine Summe, von der ich lebe. Ich muss mit 620  Dollar im Monat überleben.
    Nach meiner Befreiung heiratete ich einen Mann namens Ruben, einen Peruaner. Er hatte mir vorher gebeichtet, er sei wegen einer Drogengeschichte im Gefängnis gewesen – ich habe ihn trotzdem geheiratet. Dann kam der Schock: Durch Zufall erfuhr ich von seinem Bewährungshelfer, dass es keine Drogen waren, weswegen er eingesessen hatte, sondern er war wegen einer Vergewaltigung verurteilt worden! Ich trennte mich von ihm. Wir hatten zusammen ein Mädchen, Danielle. Mit sechzehn Jahren lernte meine Tochter Jugendliche kennen, die Methamphetamin nahmen – eine fürchterliche Droge. Diese Gruppe war in einen Raubmord verwickelt, so wurde meine Tochter zu zehn Jahren Haft wegen Beihilfe verurteilt. Sie sitzt immer noch im Gefängnis.»
    In diesem Moment wird unsere Videokonferenz unterbrochen, weil Colleen einen Anruf von Danielle aus dem Gefängnis erhält. Trauer erfasst mich, als ich über die tragische Geschichte von Colleen und ihrer Tochter nachdenke.

«Wie lange wollt ihr noch nach eurem Jungen suchen?»
    Ähnlich berührt mich ein anderer Fall, der sich am 6 . Oktober 2002 ereignete.
    An diesem Tag verschwand der elfjährige Shawn Hornbeck, als er mit dem Fahrrad zu einem Freund fahren wollte. Sechs Monate später, nachdem die polizeiliche Suche erfolglos geblieben war, sprachen Shawns Eltern in der
Montel Williams Show
mit der Hellseherin Sylvia Browne. «Shawn wurde von einem dunkelhäutigen Latino mit Dreadlocks namens ‹Michael› in einem blauen Chevrolet-Oldtimer entführt», behauptete die Wahrsagerin. «Ist er noch unter uns?», fragte die verzweifelte Mutter, Pam Akers. Browne schüttelte den Kopf: «Nein.» Pam brach in Tränen aus. [138]
    Nur ein Detail von Brownes Orakel war korrekt.
    Etwa vier Jahre später wurde ein weiterer Junge, der dreizehnjährige Ben Ownby, entführt. Sein Klassenkamerad beschrieb detailliert den weißen Nissan-Pick-up des Kidnappers, der die Polizei schließlich zu einem Pizzeria-Manager namens Devlin führte. In seiner Wohnung fanden die Polizisten Ben Ownby und dessen Entführer Devlin – sowie den jahrelang vermissten Shawn Hornbeck.
    Der Vorname des kurzhaarigen weißen Täters war Michael – das war der einzige Punkt, in dem die Hellseherin recht behalten hatte.
    Devlin hatte Shawn mit Waffengewalt entführt und fünfzig Meilen von seinem Elternhaus entfernt gefangen gehalten. Er vergewaltigte Shawn unzählige Male und machte pornographische Videos von ihm. Wenn er das Haus verließ, band er den Jungen am Bett fest und klebte ihm den Mund mit Tape zu. Devlin drohte, ihn und seine ganze Familie auszulöschen, wenn er versuchen würde zu fliehen. Kurz nach der Entführung wollte Devlin Shawn ermorden. Er zog ihn in einer verlassenen Gegend aus dem Pick-up-Truck und begann ihn zu würgen. Devlin behauptete später, Shawn habe ihn angefleht, es nicht zu tun. Er werde in Zukunft alles tun, was er wolle, wenn Devlin ihn am Leben lasse. Darauf ließ der Kidnapper von dem Jungen ab, vergewaltigte ihn aber erneut.
    Shawn hielt sich vier Jahre lang an den Pakt mit dem Teufel.
    Nach einer gewissen Zeit streng kontrollierter Gefangenschaft konnte Shawn sich außerhalb von Devlins Haus unbeobachtet aufhalten. Anderen gegenüber gab er sich als Sohn des Entführers aus. Der Junge durfte mit Nachbarskindern spielen und mit dem Fahrrad umherfahren, ohne von Devlin beaufsichtigt zu werden. Zeitweise hatte er sogar ein Verhältnis mit einer Schülerin einer benachbarten Mädchenschule.
    Er war ein stiller Junge, der meist in Schwarz gekleidet war. Seine Mutter sei bei einem Autounfall ums Leben gekommen, erzählte er auf Nachfragen. Er werde zu Hause erzogen und gehe deshalb nicht in die Schule – was in den USA nicht ungewöhnlich ist. Devlin brachte Shawn das

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