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Wer hat Angst vorm bösen Mann?

Wer hat Angst vorm bösen Mann?

Titel: Wer hat Angst vorm bösen Mann? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Borwin Bandelow
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Autofahren bei.
    «Du siehst exakt aus wie Shawn Hornbeck», sagten manchmal Leute zu ihm, die sich an Bilder des entführten Kindes erinnerten. «Na und?», entgegnete er dann schulterzuckend. [139] Zehn Monate nach seiner Entführung sprach er sogar mit einem Polizeibeamten, weil sein Fahrrad gestohlen worden war. Er gab sich als Shawn Devlin aus und erwähnte mit keinem Wort, dass er gekidnappt worden war. Noch ein weiteres Mal kam er mit einem Polizisten in Kontakt, nachdem er wegen fehlender Reflektoren an seinem Fahrrad angehalten worden war. Wieder nannte er als Nachnamen den seines Entführers – und ein falsches Geburtsdatum.
    Shawn Hornbeck
    «Du siehst exakt aus wie Shawn Hornbeck»
    Shawn hatte offenbar Zugang zum Internet. Auf einer Webseite, die seine Eltern ins Netz gestellt hatten, um nach ihm zu suchen, hinterließ er mehrmals Nachrichten – jedoch immer unter dem Namen Shawn Devlin. «Wie lange habt ihr eigentlich noch vor, nach eurem Sohn zu suchen?», lautete einer dieser Einträge. Niemand kam darauf, trotz der Namensgleichheit, eine Verbindung zu dem entführten Kind herzustellen.
    Als Michael Devlin den zweiten Jungen, Ben Ownby, entführte, nahm er Shawn im Auto mit und redete ihm ein, dass er jetzt sein Komplize sei. Er habe vor, Ben nur kurze Zeit behalten und dann töten zu wollen, er habe nicht geplant, sich einen zweiten «Sohn» zuzulegen. Erst als die Polizei Devlin und die beiden Jungen vier Tage später aufspürte, gab Shawn sich der Polizei zu erkennen – nach 1558  Tagen Gefangenschaft.
     
    In Fernsehkommentaren wurde Shawn selbst die Schuld an seinem Schicksal gegeben. Warum habe er sich nicht früher gemeldet? Sei er vielleicht freiwillig mitgegangen, weil er bei Devlin nicht zur Schule musste und den ganzen Tag am Computer spielen durfte?
    Im Juni 2007 wurde Devlin wegen Kindesentführung und sexueller Belästigung zu lebenslanger Haft verurteilt.
    Shawn Hornbeck setzt sich heute für entführte Kinder ein. Er gab der Familie eines anderen Entführungsopfers, Jaycee Lee Dugard (siehe Seite 202 ff.) , Ratschläge und erklärte, warum die Vorgänge in Gefangenschaft nicht leicht von Außenstehenden zu verstehen seien.
    Was geht in solchen Entführungsopfern vor, wenn sie sich nach längerer Gefangenschaft mit ihren Peinigern arrangieren und ihr Streben nach Freiheit aufgeben? Aufschlussreich und verstandesgemäß ähnlich kaum nachzuvollziehen ist der Fall der jungen Elizabeth, die aus ihrem Elternhaus geraubt wurde, wo sie neben ihrer kleinen Schwester im Bett lag.

Das perfekte Opfer
    Die drei gaben ein merkwürdiges Erscheinungsbild ab: Ein schwarzbärtiger Mann, eine füllige Frau und ein schlankes Mädchen, alle gehüllt in lange weiße Gewänder, suchten sich Bücher in einer Bibliothek aus. [140] Bei der Frau und dem Mädchen waren die Gesichter durch einen Schleier verhüllt, sodass man nur die Augen sah. Selbst in der amerikanischen Mormonenhauptstadt Salt Lake City war dies ein ungewöhnlicher Anblick.
    Detective Jon Richey suchte wie alle Kollegen seiner Abteilung nach Elizabeth Smart, einem vierzehnjährigen Mädchen, das nachts aus dem Zimmer, das sie mit ihrer Schwester Mary Katherine teilte, entführt worden war, während ihre Eltern schliefen. Richey hatte einen Tipp bekommen, dass die Augen eines verschleierten Mädchens den veröffentlichten Bildern der verschollenen Elizabeth ähnlich wären, sie halte sich in einer Bibliothek auf.
    Der Detective ging auf die drei Personen zu und verlangte, das Gesicht des Kindes zu sehen. In dem Gespräch, das über dreißig Minuten dauerte, beharrte der ältere Mann in der weißen Leinenkutte ruhig, aber bestimmt darauf, dass das Mädchen auf keinen Fall mit Fremden sprechen und ihren Schleier lüften dürfe, da ihre Religion es ihr verbiete. Der Mann zeigte keinerlei Anzeichen von Nervosität. Da Richey aufgrund des schmalen Schlitzes keine Verbindung zu den auf Fotos abgebildeten Augen des entführten Mädchens herstellen konnte und auch das verschleierte Kind keine Anstalten machte, sich ihm zu erkennen zu geben, zog der Detective schließlich von dannen.
    In diesem Moment verlor Elizabeth, das Mädchen hinter dem Schleier, alle Hoffnungen.
    Noch heute zermartert sich der pensionierte Polizist sein Gehirn, wie viel Leid er diesem Mädchen in den folgenden sechs Monaten hätte ersparen können, wenn er besser reagiert hätte.
     
    Elizabeth Smart war im Juni 2002 in Salt Lake City, im US -Bundesstaat Utah, von dem

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