Wer hat Angst vorm starken Mann? - Mallery, S: Wer hat Angst vorm starken Mann?
meiner Vergangenheit, aber irgendwann haben die Stadt und ich Frieden miteinander geschlossen.“
Pia musterte ihre Freundin und war stolz auf sich, weil sie nicht neidisch darauf war, wie gut ihre Freundin mit dem glänzenden roten Haar und dem wohlproportionierten Körper aussah.
„Du wirkst richtig glücklich“, sagte Pia.
„Bin ich auch. Ich weiß, dass du nicht darüber reden willst, aber sag doch jetzt mal, wie es dir geht.“
„Besser. Ich kann wieder schlafen. Mir ist zwar ziemlich langweilig, was vermutlich ein gutes Zeichen ist. Und nachdem ich jetzt erfahren habe, dass Leute mir mein Büro versauen, kann ich es erst recht nicht erwarten, wieder zur Arbeit zu gehen.“ Sie berührte sanft ihren Bauch. „Trotzdem fällt es mir schwer, mir keine Sorgen um die beiden Winzlinge hier zu machen.“
„Das ist doch normal. Wann gehst du das nächste Mal zur Ärztin?“
„In ein paar Tagen. Ich hätte so gern, dass sie mir sagt, alles wird gut gehen, aber natürlich weiß ich, dass sie das nicht versprechen kann.“
„Aber mehr oder weniger“, meinte Liz.
„Ich hoffe es. Im Moment habe ich das Gefühl, dass alles, was ich mache, ein Risiko für die Babys darstellt. Wenn sie erst einmal auf der Welt sind, kann ich mich entspannen.“
Liz hob die Augenbrauen. „Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen, aber so ist es nicht. In mancherlei Hinsicht wird es besser, in anderer Hinsicht eher schlechter. Jedes Stadium bringt neue Freuden und neue Ängste. Es ist erstaunlich, dass wir überhaupt noch Kinder in die Welt setzen, angesichts all dessen, was schiefgehen kann.“
„Das Verlangen, sich fortzupflanzen, brennt wohl in allen von uns.“
„Anscheinend. Letztlich ist es das aber wert. Du wirst die Babys lieben, so wie du noch nie jemanden geliebt hast. Es ist ein ganz besonderer Zauber, und du wirst so dankbar sein, dass du sie hast.“
„Darauf freue ich mich schon“, gab Pia zu. „Dadurch, dass ich eins verloren habe, sind mir die anderen umso mehr ans Herz gewachsen. Ich stelle sie mir als winzige Menschlein vor, die da in mir wachsen. Ich bin schon ganz gespannt, wiesie wohl aussehen, möchte sie im Arm halten und sie beschützen.“
„Schau dich an. Noch vor ein paar Wochen hast du nicht gewusst, warum Crystal dir die Embryonen vermacht hat. Fragst du dich das etwa immer noch?“
„Weniger als am Anfang.“
„Also sind wir beide glücklich“, stellte Liz fest. „So soll es doch wohl auch sein, oder? Habt ihr schon einen Termin für die Hochzeit festgelegt?“
„Nein.“ Trotz des Antrags und des imposanten Rings, den sie trug, konnte Pia sich noch immer nicht vorstellen, Raoul zu heiraten. Sich die Zeremonie auszumalen, überstieg schlichtweg ihre Vorstellungskraft. „Eine Krise nach der nächsten.“
„Ethan und ich haben überlegt, dass wir vielleicht während der Weihnachtsferien still und heimlich feiern. Nur mit engen Freunden und der Familie. Ich habe ihn, ehrlich gesagt, etwas unter Druck gesetzt, indem ich darauf bestanden habe, ihn erst zu heiraten, wenn das Haus fertig ist. Auf keinen Fall werde ich mein Eheleben in dem Haus beginnen, in dem ich aufgewachsen bin.“
Pia hatte Verständnis dafür. Liz hatte ihren Vater nie kennengelernt, und ihre Mutter war alkoholkrank gewesen und hatte sich ihrer Tochter gegenüber gefühlsmäßig sehr distanziert verhalten. Männer waren bei ihr ein und aus gegangen, was die Leute zu der Überzeugung gebracht hatte, dass es Liz’ Mutter eher ums Geld als um die Beziehung gegangen war. Liz war nicht nur emotional, sondern auch körperlich vernachlässigt worden, und manchmal hatte sie blaue Flecken gehabt, die sie nicht erklären wollte.
„Also ist Ethan jetzt sehr motiviert“, neckte Pia ihre Freundin. „Das ist ziemlich clever von dir.“
„Das hat eher was mit Verzweiflung als mit Intelligenz zu tun. Ich versuche mir ständig einzureden, dass das Haus toll ist. Es ist alles wieder instand gesetzt und renoviert, und es gibtauch keine Geister, aber ich freue mich schon darauf, ausziehen zu können.“
Pia lehnte sich auf dem Sofa zurück. „Wann ist dir eigentlich klar geworden, dass du dich wieder in Ethan verliebt hast?“
„Es war eher so, dass ich gemerkt habe, dass ich nie aufgehört habe, ihn zu lieben. Das war ein ziemlicher Schock“, gab Liz zu. „Weder Zeit noch Distanz haben meine Gefühle ersticken können. Manchmal ist es wohl einfach so. Manche Menschen lieben einander ihr Leben lang.
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