Wer hat Angst vorm starken Mann? - Mallery, S: Wer hat Angst vorm starken Mann?
seine traurige Miene hatten es verraten. Er hatte sie kennengelernt, hatte sich mir ihr verabredet und sich in sie verliebt, bevor er ihr einen Heiratsantrag gemacht hatte. Alles war genau so passiert, wie es sich für eine Liebesgeschichte gehörte.
Das würde ihr selbst niemals widerfahren. Sie würde nicht diese Art von Liebe erleben, die Hawk und Nicole miteinander teilten und die auch Denise und ihr verstorbener Mann erlebt hatten. Zwischen ihr und Raoul mochte es Respekt und wachsende Zuneigung geben, das gemeinsame Ziel, die Zwillinge großzuziehen und vielleicht auch noch mehr Kinder zu bekommen. Aber dieses herrliche Gefühl des Verliebtseins mit Herzklopfen, Aufgeregtsein und allem anderen, was dazugehörte, würde sie wohl nie erleben.
Diese Erkenntnis schmerzte mehr, als sie gedacht hätte. Am liebsten hätte sie sich zusammengekauert und den Tränen freien Lauf gelassen. Einerseits trauerte sie um das, was sie verloren hatte, zum anderen um das, was sie nie bekommen würde, nämlich ihr Happy End.
Mit Raoul.
Abrupt setzte sie sich auf und öffnete die Augen. Erschrocken sah sie sich um und stellte erleichtert fest, dass Raoul nicht im Zimmer war. Erst dann erlaubte sie sich, diesen Gedanken weiterzuverfolgen. Ein Happy End mit Raoul? War sie etwa dabei, sich … Was? Sich in ihn zu verlieben?
Gefährliche Hirngespinste, dachte sie. Es war verrückt, sich in einen Mann zu verlieben, der ganz ausdrücklich klargemacht hatte, dass er sein Herz nicht aufs Spiel setzen wollte.
Sei vernünftig, ermahnte sie sich. Du bist sonst auch immer pragmatisch. Dies ist definitiv der falsche Zeitpunkt, um auf dein Herz zu hören.
„Meine Hände riechen immer noch komisch“, sagte Peter lachend und hielt ihr eine Hand zum Riechen hin. „Und dabei hab ich sie bestimmt schon zehn Mal gewaschen.“
„Knoblauch ist in der Beziehung ziemlich anhänglich“, meinte Pia zu ihm und genoss es, mit dem Jungen zu reden. Es war schwierig, in Gegenwart eines glücklichen Zehnjährigen deprimiert zu bleiben.
„Raoul hat geflucht, als er die Spaghetti ins kochende Wasser hat fallen lassen“, flüsterte Peter verschwörerisch. „Das war lustig.“
„Das kann ich mir vorstellen.“
Trotz ihrer Bedenken, bei Raoul einzuziehen, hatten ihr Sinn fürs Praktische und ihre Angst vor Treppen die Oberhand gewonnen. Raoul hatte ihre Sachen zusammengepackt und sie die Treppen hinuntergetragen – eine eindrucksvolle Bestätigung für seine Fitness. Und nun war Pia in seinem Gästezimmer untergebracht.
Kurz entschlossen hatte Raoul Peters Pflegeeltern angerufen und gefragt, ob der Junge zum Essen kommen könne. Pia war ganz froh darüber, dass sie an ihrem ersten Abend hier nicht mit Raoul allein war. Dadurch fühlte es sich nicht ganz so komisch an, in Raouls Haus zu sein.
Er tauchte im Türrahmen auf, ein Geschirrtuch über die Schulter gelegt. „Ich muss das überschüssige Fett vom Fleisch abgießen, bevor ich die Soße mache, oder?“
„Ja. Aber das Fett nicht in den Abfluss gießen.“
„Kochen ist kompliziert.“
Sie lachte. „Ich hab dir doch gesagt, du sollst nicht mit Spaghetti anfangen. Du hättest doch auch eins der Gerichte aufwärmen können. Das wäre viel einfacher gewesen.“
„Aber ich liebe Herausforderungen.“
„Typisch Mann.“
Er lachte leise und ging wieder in die Küche.
Peter setzte sich zu ihr aufs Sofa. „Raoul hat gesagt, dass du krank warst und vorsichtig sein musst.“ Er hielt seinen eingegipsten Arm hoch. „Ist das so wie mit meinem Arm?“
„Ein bisschen. Du musst immer noch aufpassen, dass er nicht nass wird, oder?“
„Mhm.“ Er nickte.
„Aber es wird besser.“
„Wie bei dir?“, fragte Peter und lehnte sich an sie.
Pia legte einen Arm um ihn. „Wie bei mir“, sagte sie und hoffte, dass sie die Wahrheit sagte.
17. KAPITEL
L iz streckte sich auf dem anderen Sofa in Raouls Wohnzimmer aus. „Du Ärmste“, meinte sie, „dir muss doch sterbenslangweilig sein.“
„Stimmt, lange halte ich es nicht mehr aus“, gab Pia zu. Es war ihr vierter und wohl letzter Tag der verordneten Ruhepause. „Aber ich überlege, was ich alles zu erledigen habe, und denke mit Grauen daran, wie viel Arbeit liegen geblieben ist.“
Liz zuckte kurz zusammen. „Na ja, was das angeht …“, begann sie schuldbewusst. „Montana hat eine Arbeitsparty organisiert.“
Pia richtete sich auf. „Was soll das heißen? Sag mir nicht, dass sie Leute in mein Büro gelassen hat.“
„Na gut,
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