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Wer Hat Angst Vorm Zweiten Mann

Wer Hat Angst Vorm Zweiten Mann

Titel: Wer Hat Angst Vorm Zweiten Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Thoma
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ich meine Nachricht mit aufkeimender Besorgnis auf seiner Mailbox. Mark war noch nie zu spät gekommen, ohne Bescheid zu sagen. Normalerweise war er die Zuverlässigkeit in Person.
    »Vielleicht ist er mit den Wochenenden durcheinandergekommen und weiß gar nicht, dass er die Kinder abholen soll?«, überlegte Jesco.
    »Unmöglich. Wir haben gestern noch telefoniert und eine Zeit vereinbart.«
    »Oder er hängt in einem Termin fest, und sein Handy hat keinen Akku mehr?«
    »Glaub ich nicht. Wenn jemand in jeder Lebenslage gut organisiert ist, dann Mark.«
    Ich versuchte mein Glück in Marks Kanzlei, wo fast immer bis spätabends jemand arbeitete. Von einem seiner Kollegen erfuhr ich, dass Mark einen Mandantentermin in Hannover gehabt hatte und sich mit dem Auto auf dem Weg nach Berlin befinden müsste.
    Ich legte auf und suchte im Internet nach den Verkehrsmel dungen, wo ich las: A2, Hannover Richtung Berlin, zwischen AS Irxleben und AS Magdeburg-Rothensee 16 Kilometer Stau nach einem …
    »… Unfall!«, entfuhr es mir laut. »Auf der Strecke ist was passiert!«
    »Was, Papa hatte einen Unfall?«, schnappte Maya meine Worte falsch auf.
    »Nein, ich meinte nur, dass Papa wahrscheinlich im Stau steht!«, log ich, denn in Wahrheit steigerte ich mich mit jeder Sekunde mehr in meine Sorge um Mark hinein. Vor meinem geistigen Auge sah ich ihn schon blutend und in den letzten Atemzügen unter Autotrümmern begraben.
    »Wollt ihr einen Film gucken?«, schlug ich den Kindern zur Ablenkung vor.
    »Au ja!«, stimmten alle drei sofort zu.
    »Setzen wir uns dazu?«, fragte Jesco, nachdem ich die DVD Alvin und die Chipmunks Teil eins eingelegt und gestartet hatte.
    »Bloß nicht. Ein Film über hibbelige, singende Streifenhörnchen würde mich jetzt den letzten Nerv kosten.«
    Jesco folgte mir in die Küche, wo ich wieder zum Telefon griff.
    »Phyllis, ich verstehe ja, wenn du in Sorge bist. Aber es bringt nichts, wenn du dich verrückt machst und Mark alle drei Minuten anrufst.«
    »Tu ich nicht. Ich versuche die zuständige Polizeibehörde zu erreichen.«
    »Die melden sich schon bei dir, falls was Schlimmes passiert ist. Mark und du seid doch noch verheiratet.«
    »Mitgefühl ist nicht gerade deine Stärke, was?«
    »Doch. Aber nur wenn’s auch einen Grund dafür gibt. Und den sehe ich nicht, wenn jemand aller Wahrscheinlichkeit nach nur im Stau steht.«
    Während ich die Polizei anrief, die mir jedoch keine Auskunft erteilen konnte, nahm Jesco sich eine Interior-Design- Zeitschrift und blätterte sie Seite für Seite durch.
    Seine demonstrative Ruhe trieb mich fast in den Wahnsinn. Ich musste an Anouk denken, die mir mal erzählt hatte, wie sie den Vater ihres zweiten Kindes am liebsten geohrfeigt hätte, als er im Kreißsaal während ihrer Presswehenphase seelenruhig im Buch Schlaglichter der Weltgeschichte stöberte.
    »Vielleicht wär’s dir ja sogar recht, wenn Mark was passiert!«, sagte ich bissig.
    Jesco legte die Zeitung weg.
    »Ich tu dir jetzt mal einen Gefallen und nehm nicht ernst, was du gerade gesagt hast. So einen Schwachsinn hab ich selten gehört.«
    Trotzig hob ich die Schultern.
    »Wieso Schwachsinn? Ich merk doch, dass du eifersüchtig auf ihn bist.«
    »Ist klar, und in meiner Freizeit belege ich einen Kalaschnikowkurs zur Beseitigung von Exehemännern.«
    Mein Handy klingelte. Auf dem Display stand: »Mark Home«.
    »Mark, endlich! Wo bist du?«, schrie ich und ließ meiner abfallenden Anspannung freien Lauf.
    »Tut mir leid, ich hing auf der Autobahn fest.«
    »Hättest du nicht wenigstens anrufen können? Du ahnst gar nicht, was für Sorgen ich mir gemacht habe!«
    »Wie gesagt, es tut mir leid. Ich hatte mein Aufladekabel fürs Handy nicht dabei. Ist es okay, wenn ich die Kinder erst morgen früh abhole? Jetzt ist es schon so spät.«
    »Okay«, entgegnete ich. Mark konnte zwar offenbar wirklich nichts dafür, dass er uns versetzt hatte. Meinen Abend hatte er aber trotzdem versaut.
    Ich legte auf und erklärte den Kindern, warum ihr Papa sie erst am nächsten Morgen abholen würde.
    Als ich mich umdrehte, sah ich, dass Jesco seine Jacke angezogen hatte und an der Wohnungstür stand.
    »Ich geh dann mal«, sagte er kühl.
    Mich überkam ein schlechtes Gewissen. Das, was ich Jesco an den Kopf geworfen hatte, war nicht fair gewesen.
    »Ich weiß, dass ich vorhin überreagiert habe. Die Vorstellung, dass dem Vater meiner Kinder etwas passiert, ist einfach ein Horror. Es tut mir leid.«
    Jesco winkte

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