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Wer Hat Angst Vorm Zweiten Mann

Wer Hat Angst Vorm Zweiten Mann

Titel: Wer Hat Angst Vorm Zweiten Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Thoma
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toilet zog das nächste Problem nach sich. Da Zwei-Finger-Jo es nicht für nötig befunden hatte, auf die Maße der Toilette zu achten, ließ sich die Badezimmertür nach deren Einbau nicht mehr öffnen.
    Ein ähnliches Problem gab es mit der Terrassentür: Auch die ging nicht mehr auf, weil niemand bemerkt hatte, dass der Parkettleger den Boden zu hoch eingebaut hatte.
    Mit Dexters Steckenpferd, den Steckdosen, nahm das Chaos seinen weiteren Lauf: Die brachte der Elektriker in der Küche intelligenterweise direkt über der Spüle sowie dem Herd an. Außerdem prangten sie im Rest der Wohnung in unterschiedlichen Höhen gut sichtbar an den Wänden.
    Der Elektriker und Zwei-Finger-Jo bagatellisierten Dexters Beschwerde.
    »Die haben behauptet, ich wäre pingelig, weil man die Steckdosen eh nicht sieht, wenn erst die Möbel in der Wohnung stehen«, berichtete Dexter, der beide Handwerker daraufhin feuerte.
    »Warum hast du mich nicht eher informiert? Ich hab doch gesagt, dass ich dir helfen kann!«
    »Weil ich so stark, souverän und ein richtiger Mann bin, der seine Pleiten niemals zugeben würde«, sagte Dexter und deutete ein Brusttrommeln an.
    »Und wer kümmert sich jetzt um die Baustelle?«
    »Ich hab’s selbst versucht …«
    Doch da Dexter neben seinen beiden Jobs und den Kindern kaum Zeit fürs Managen der Baustelle hatte, schlenderten die Handwerker seither nur ab und zu mal vorbei. Ging es jedoch um ihren Lohn, behaupteten sie, den ganzen Tag geschuftet zu haben.
    Manchmal erschienen sie auch gar nicht zur Arbeit oder mit mehrstündiger Verspätung. Als Begründung für ihre Unzuverlässigkeit tischten sie Dexter eine abstruse Erklärung nach der anderen auf: In kürzester Zeit starben so viele Angehörige des Installateurs, dass man glauben musste, ein Killer rottete seine Familie aus; dem Maler lief in einer Woche gleich dreimal im Berliner Umland ein Reh ins Auto; und der Küchenbauer blieb selbst dann noch bei seinen Ausreden, sein Tank wäre mehrfach eingefroren, als Dexter herausfand, dass er einen für sibirische Temperaturen gerüsteten Diesel fuhr.
    Außerdem schmiss der neue – endlich fähig wirkende – Elektriker nach nur einem Tag Arbeit wieder das Handtuch.
    »Tut mir leid, Herr Dexter«, sagte er mit starkem polnischem Akzent, »aber Ihre Baustelle ist Mexiko. Das Chaos ist mir zu groß.«
    »Falls deine Mannesehre Hilfe zulässt, kann ich dir den Handwerkertrupp neu zusammenstellen und mich auch vor Ort darum kümmern, dass alles glattläuft«, schlug ich Dexter vor. »Der Mann einer Freundin von mir besitzt eine Baufirma und hat immer gute Leute an der Hand.«
    Dexter sah mich erstaunt an.
    »Ich dachte, du schaffst das zeitlich nicht?«
    »Im Moment hab ich etwas Luft«, antwortete ich knapp und verschwieg, dass ich wegen meines Liebeskummers dankbar für jede Ablenkung war.
    »Na dann, sehr gern«, antwortete Dexter, und wir besiegelten den Deal per Handschlag.
    Am 23. Dezember holte Mark die Kinder wie geplant ab und machte sich mit ihnen auf den Weg nach Bayern. Clooney, die Schildkröten und ich blieben zurück.
    Um die Einsamkeit möglichst wenig zu spüren und nicht in Selbstmitleid zu verfallen, stellte ich mir laute Musik an und bereitete Salat und Nachtisch als Beitrag zu Anouks Weihnachts-Happening vor. Dazu trank ich einige Gläser Rotwein und ging früh ins Bett, um meine depressive Verstimmung, die trotz aller Gegenmaßnahmen in mir keimte, zu verschlafen.
    Mitten in der Nacht weckte mich ein Piepen. Verschlafen tastete ich nach meinem Handy.
    »Welcome STELLA«, las ich in der SMS, »unser weihnachtsstern ist vor einer stunde gesund auf die welt gekommen!«
    »Meine innigsten glückwünsche zur geburt!« , schrieb ich im Halbschlaf zurück.
    Gleich am nächsten Morgen fuhr ich ins Krankenhaus, wo mir Anouk stolz und glücklich ihre Tochter präsentierte, die letztendlich nur vier Wochen zu früh auf die Welt gekommen war und nicht in den Brutkasten musste.
    Anouks Freund Tim, den ich bisher noch nicht kennengelernt hatte, war auch da und versuchte auf rührend unbeholfene Weise, Stella zu wickeln. Seine jungenhafte Ausstrahlung und sein offener Blick gefielen mir. Wegen seines Jobs in der IT-Branche und seines Faibles für Strukturen, das Anouk so nervte, hatte ich ihn mir viel verkrampfter vorgestellt.
    »Und jetzt die schlechte Nachricht, Phyllis«, sagte Anouk, nachdem sie sich für mein Geburtsgeschenk, ein kleines Kissen mit Herz drauf, und meine Glückwünsche bedankt

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