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Wer hat das Rind zur Sau gemacht?

Wer hat das Rind zur Sau gemacht?

Titel: Wer hat das Rind zur Sau gemacht? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Udo Pollmer , Andrea Fock , Monika Niehaus , Jutta Muth
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was in den «dioxinverseuchten» Eiern unserer Tage steckt. 20
    Neben Verbrennungsprozessen gibt’s auch allerlei chemische Reaktionen zwischen Phenolen und Chlor, die Dioxine erzeugen. Eine davon ist die früher übliche Chlorbleiche von Papier. Wir wollen lieber nicht wissen, was der Mensch über Recyclingpapier an Dioxinen aufgenommen hat – vor allem dort, wo Ökokarton als Lebensmittelverpackung verwendet wurde. Die wohl kurioseste Dioxinquelle ist ein beliebtes Desinfektionsmittel, das Triclosan. Es ist ein typischer Bestandteil besserer Reinigungsmittel von der Sorte «nicht sauber, sondern hygienisch rein». Gelangt Triclosan in die Kanalisation und von dort in die Umwelt, verwandelt es sich bei Sonnenschein im Wasser in ein Dioxin. 19
    Es gibt viele solche kuriosen Dioxineinträge – beispielsweise über Tonerden. Obwohl sie aus Erdschichten stammen, die sich gebildet haben, bevor es Menschen auf der Erde gab, können sie ganz erhebliche Dioxinfrachten vulkanischen Ursprungs mit sich führen. 27 Wer Angst vor Dioxin im Essen hat, bekommt im Internet Heilerde vertickert, um «Sevesogifte» aus dem Darm zu filtern. Unter uns: Auch Heilerde ist Tonerde. Ein Blick in das Schnellwarnsystem der EU zeigt, dass bei Kontrollen natürlich dioxinbelastete «Heilerde» entdeckt wurde. Doch von den Medien wurden bisher nur Fälle aufgegriffen, in denen dioxinhaltige Tonerden als technische Hilfsstoffe eingesetzt wurden und so ins Tierfutter gelangten.
    Nicht minder tückisch ist die Analytik. Denn die (chlorierten und bromierten) Dioxine sowie die mit ihnen nahe verwandten Furane umfassen etwa 5000 Substanzen. Rechnet man die ähnlich wirkenden halogenierten Naphthaline hinzu, dann sind es noch ein paar tausend mehr. Es geht hier wohlgemerkt um echte Spurenanalytik, also nicht mehr um ein millionstel Gramm wie bei den meisten anderen Schadstoffen, über die sich die Öffentlichkeit echauffiert. Es geht um ein Millionstel des Millionstels – es geht um Nanogramm pro Kilogramm.
    Da es aussichtslos ist, die Stoffe in ihrer Fülle zu erfassen und zu bewerten, wird nur eine Handvoll von ihnen analysiert, darunter auch die toxischste Substanz, das «Sevesogift» TCDD (3,4,7,8-Tetrachlordibenzo-p-Dioxin). Wie giftig die übrigen Stoffe tatsächlich sind, liegt noch im Dunkeln – auch wenn die meisten bei weitem harmloser sind als TCDD . Zudem ist «Giftigkeit» kein verbindlicher mathematischer Wert, sie hängt davon ab, was man untersucht. Ist ein Dioxin, das Diabetes verursacht, gefährlicher als eines, das zu Leberschäden führt? Und welchen Giftigkeitswert bekommt das Sevesogift TCDD , wenn man weiß, dass es im Tierversuch die von vielen Menschen sehnlichst herbeigewünschte Gewichtsreduktion herbeiführt? 24
    Und wenn’s nur das wäre! Bei der Bewertung von Dioxinen wachsen die Schwierigkeiten schnell ins Uferlose: Denn selbst die Giftigkeit des Ultragiftes TCDD schwankt in einem weiten Bereich – je nachdem, mit welchem Versuchstier sie bestimmt wird. Schon die üblichen Labornager unterscheiden sich in ihrer Empfindlichkeit um den Faktor 5000. Einen Hamster bringt erst eine Dosis von einem Milligramm Dioxin pro Kilogramm Körpergewicht um. 9 Bezieht man das auf die «dioxinverseuchten Eier» der «kriminellen Futterpanscher», so müsste das niedliche Fellknäuel viele hundert Millionen solcher Eier verputzen, um zuverlässig eine letale Dosis Dioxin aufzunehmen.

Hütchenspieler mit Risiken
    Um die Gefährdung des Menschen zu ermitteln, werden nur ein paar dieser 5000 dioxinartigen Stoffe gemessen und die Gehalte mit aus Tierversuchen geschätzten Umrechnungsfaktoren multipliziert, die ihre Giftigkeit für den Menschen widerspiegeln sollen. 23 Die Werte werden addiert und ergeben die Belastung mit «Dioxin» – auch dann, wenn das «Sevesogift» gar nicht dabei war. Es handelt sich also um einen imaginären Wert, der sich zwar in der Zeitung wie eine objektive wissenschaftliche Zahl ausnimmt, 27 aber nichts anderes als das Ergebnis wilder Spekulationen eines Personenkreises ist, dessen Einkommen letztlich von der aufgebauten Drohkulisse abhängt. Je furchterregender, desto mehr Analysen und desto mehr Gutachten.
    Dabei können wir beim Dioxin die Tierversuche sogar beiseitelassen. Denn nicht nur Hamster im Labor, sondern auch Menschen im wirklichen Leben wurden schon mit TCDD vergiftet. Beispielsweise beim Chemieunfall in Seveso oder in Vietnam mit dem Entlaubungsmittel Agent Orange. Leider ist unbekannt,

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