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Wer hat das Rind zur Sau gemacht?

Wer hat das Rind zur Sau gemacht?

Titel: Wer hat das Rind zur Sau gemacht? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Udo Pollmer , Andrea Fock , Monika Niehaus , Jutta Muth
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damit im Klärschlamm. Biologischer Kreislauf? Von wegen! Abhilfe könnte hier nur die Ansiedlung der Bio-Kunden auf dem Ökohof bieten, mit zentralem Ökoklo, versteht sich.
    Der konventionelle Landwirt kann dagegen zum Mineraldünger mit Phosphat greifen. Dieses Phosphat wird in Lagerstätten abgebaut, gereinigt und dann mit Hilfe von Säure in eine für die Pflanze nutzbare Form überführt. Die Verwendung dieses Phosphatdüngers ist dem Ökobauern nicht gestattet. Wird der Dünger dagegen als Mineralstoffergänzung deklariert, steht seinem Einsatz als Futtermittel plötzlich nichts mehr entgegen. 11 Auch das gehört zu den Absurditäten des biologischen Landbaus.
    Da Biobauern vielfach zu wenig Nutzvieh halten, um genug Dünger zu erhalten, sann die Branche auf Abhilfe. Als besonders attraktiv erschienen ihr Klärschlamm und Tiermehl. Diverse Öko-Forschungsprojekte wollen die rund 100000 Tonnen Phosphat, die in unseren Klärschlämmen stecken, in Form von Magnesium-Ammonium-Phosphat zurückgewinnen. 31,36 Noch attraktiver sind Tiermehle, weil sie im Gegensatz zu Klärschlämmen schwermetallarm sind. Die Ökoexperten halten die Verbrennung (konventioneller) ausgemusterter Schlachtkörper in Drehrohröfen für eine realistische Möglichkeit. Die «Asche» würde dabei sogenanntes Sinterphosphat liefern, das damit «biologisch» wäre. 36
    Um das Prinzip einmal aufzudröseln: Man nehme konventionellen Phosphatdünger und dünge damit Felder und Weiden. Mit der Ernte werden konventionelle Nutztiere gefüttert. Müssen die Schlachtkörper beispielsweise aufgrund von Vogel-, Schweine- oder Rindergrippe verworfen werden, wird das Tier in Drehrohröfen zu Sinterphosphat verbrannt. 36 Der Rückstand ist nun ein echter «biologischer» Dünger. Hier geht es nicht mehr um die «Bewahrung der Schöpfung» oder wie die vielen verlogenen pseudoreligiösen Phrasen auch lauten mögen. Hier geht es einzig und allein um die Wahrung des Scheins. Um jeden Preis.

Ökoschweinereien
    Viele Menschen kaufen Biomilch und Biowurst, weil sie damit ihr Umweltgewissen entlasten wollen – sozusagen als Ablasshandel für ihre Versündigung an der Natur. In den Medien geht es den Biotieren eindeutig besser als der gequälten konventionellen Kreatur. Bioeier stammen von glücklichen Hühnern, und für die Biowurst gaben fröhliche Schweine gern ihr Leben. Doch genau diese Art der Tierhaltung ist der Grund, warum viele biologische Landwirte wieder zu konventioneller Haltung und Fütterung zurückkehren.
    Ute Knierim von der Uni Kassel, Professorin im Fachbereich Ökologische Agrarwissenschaften, schreibt in einem Fachorgan für Ökobauern, es gebe Betriebe, die ganz legal ihren Kühen den Weidegang verweigern, ja sogar die Anbindehaltung würde noch praktiziert. Knierim berichtet von «Mastschweinen, denen kein Auslauf geboten wird», sie beklagt «die Mast schnellwachsender Puten, die Ferkelkastration oder das Ausbrennen der Hornanlagen bei Kälbern ohne Betäubung». Alles ganz legal – denn auch der Biolandbau hat seine juristischen Schlupflöcher. Das hilft die Preise für Bioprodukte niedrig zu halten. 22
    Nicht viel besser geht es den Ökohühnern. Knierim fragt, was der Kunde wohl sagen würde, wenn er wüsste, dass in manchen Biobetrieben Ställe mit 3000 Legehennen stehen. Das wäre nicht weiter bemerkenswert, würde sie nicht Biobetriebe erwähnen, in denen die Anzahl der Hennen «noch viel höher liegt». 22 Wie hoch, darüber schweigt der Beitrag. Nun wäre auch das nicht wirklich kritikwürdig, wenn es nicht gerade bei den glücklichen Hennen zu Federpicken und Kannibalismus käme, zu Brüchen des Brustbeins und zu erhöhten Sterblichkeitsraten – höher als bei konventioneller Haltung. Sie liegen bei bis zu 70 Prozent der Tiere im Jahr. 32 Damit verstoßen viele Biobetriebe gegen das geltende Tierschutzrecht. Aber dafür interessiert sich kein Staatsanwalt, geschweige denn unsere Tierschützer.
    Rainer Oppermann vom Johann-Heinrich-von-Thünen-Institut für Ökologischen Landbau fordert die Biobauern deshalb auf, sich nicht vor der «Bewältigung der Defizite zu drücken», sie müssten endlich «Verantwortung übernehmen». Es ginge einfach nicht, wenn Missstände «bewusst verschwiegen» würden. Damit entpuppen sich die hübschen Filmchen im Fernsehen über Biomilch und Ökoeier als wohlfeile Propaganda, und auf lange Sicht als Bärendienst für den Ökolandbau. 30

Vom Unglück, ein glückliches Tier zu sein
    Gerade die

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