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Wer hat Tims Mutter entführt?

Wer hat Tims Mutter entführt?

Titel: Wer hat Tims Mutter entführt? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Wandeln.
    Tim hielt vor dem Gittertor,
das zu einem Schloß gepaßt hätte, blickte durch die Stäbe auf einen Wall aus
blühenden Sträuchern — um den die Einfahrt herumführte — und hörte das
Plätschern eines Springbrunnens.
    Im hohen Steinpfeiler war eine
Gegensprechanlage mit Klingelknopf.
    Eine heisere Männerstimme
fragte: „Ja?“
    „Peter Carsten. Ich bin bestellt.“
    Es summte. Wie von Geisterhand
öffnete sich das Tor.
    Tim radelte um die Sichtblende
der blühenden Sträucher herum und dann weitere 200 Meter, mindestens, bis zu
der Villa. Sie war gebaut wie ein Schwarzwaldhaus und hatte mehr Grundfläche
als ein Tennisplatz.
    Ob links in dem
Garagen-Extra-Bau Wagen standen, konnte Tim nicht ausmachen. Aber ein Mercedes,
ein Rolls Royce und ein Ferrari standen vor den geschlossenen Toren.
    Tim stieg erst vor der
Eingangstreppe ab — vier breiten, flachen Stufen. Während er sein Rad auf die
Raststütze stellte, musterte er den Mann.
    Der grätschte die Beine, stand
vor dem geöffneten Portal und hielt ein Cocktailglas in der Hand. Weißer
Westenanzug, rotes Hemd, weiße Krawatte. Tim blickte auf die Schuhe. Rot? Nein,
weiß. Aber ein kleines, rotes Ziertuch flappte aus der Brusttasche.
    Er hatte ein schmales, glattes
Gesicht mit hellen Augen. Das dunkle Haar war streng zurückgebürstet. Offenbar
hielt er sich für unwiderstehlich. Tim schätzte ihn auf knappe 40 Jahre. Von
Mortius war das Alter bekannt: 54.
    „Du bist Tim?“ fragte der
Rotweiße. Eine heisere Stimme!
    „Ich bin Tim.“
    Der Mensch machte eine
Bewegung, als wollte er seinen Cocktail ausschütten, aber es hieß nur, Tim
solle ihm folgen.
    Wenn das der Zeremonienmeister
ist, dachte Tim, kriegt Mortius seinen ersten Minus-Punkt.
    Tim wurde in eine zweistöckige
Wohnhalle geführt, deren Pracht-Ausstattung den Augen weh tat. Es war alles da
— von der Marmortreppe bergauf bis zum Riesenkamin, in dem trotz Sommerschwüle
ein Feuerchen kokelte.
    Der Rotweiße steuerte auf eine
Sesselgruppe zu.
    Dort saßen sie, verteilt auf
den zweiten und fünften Sessel: Edith Pressler — sie mußte es sein — und Adolf
Mortius senior.
    Der Rotweiße setzte sich auf
die Couch, für die mindestens zehn Büffel ihre Häute hergegeben hatten. Den
linken weißen Schuh setzte er auf einen Tigerschädel, einen echten. Das übrige
Fell der Großkatze hing noch dran — schon etwas durchgescheuert, weil es hier
als Bodenbelag diente.
    Tim grüßte. „Tut mir leid, daß
ich so spät störe. Aber es geht um meine Mutter.“
    „Ich bin Mortius“, sagte der
Hüne im fünften Sessel. Und wedelte mit seiner Zigarre, was in diesem Haus
sicherlich einen Händedruck ersetzte.

    Mortius war wirklich ein Hüne
und begann, fett zu werden. Der Junior hatte das lange, nach innen gebogene
Gesicht von ihm geerbt, mit den Höckern auf der Stirn und der knochigen Nase.
Aber beim Senior war alles gewaltiger. Außerdem waren in seiner talgigen Haut
viele rote Äderchen geplatzt. Ein Säufer.
    „Daß meine Mutter vermißt
wird“, sagte Tim, „wissen Sie ja schon von Frau Thebes.“
    Er sah auch Edith Pressler an,
während er sprach. Den Rotweißen kaum. Der spielte mit seinem Glas, war aber
ganz Ohr.
    Edith Pressler mochte Anfang
Dreißig sein. Eine hochgewachsene Schönheit mit langem blauschwarzem Haar und
gelbgrünen Katzenaugen. Sie trug große Perlenohrringe.
    Mortius nickte. „Aber ich denke
doch, daß wir uns deswegen nicht sorgen müssen. Wenn ihr was zugestoßen wäre..
    „Leider ist ihr was
zugestoßen“, fiel Tim ihm — ohne sich zu entschuldigen — ins Wort. „Meine
Mutter wurde entführt. Vor einer halben Stunde haben mich die Kidnapper
angerufen. Ein Kerl, der offensichtlich die Stimme verstellte. Er weiß ziemlich
gut Bescheid, nämlich, daß ich eigentlich im Internat sein müßte. Und daß meine
Mutter eine zuverlässige Freundin hat. Er fordert Lösegeld. 500 000 Mark.
Meinen Einwand, das wäre völlig unmöglich, ließ er nicht gelten. Er schärfte
mir ein, die Polizei aus dem Spiel zu lassen, und wird sich abermals melden.“
    Mortius nahm seine Zigarre aus
dem Mund.
    Edith Pressler sagte „Oh!“ und
strich ihr Haar über die nackten Schultern zurück. Sie hatte sich in ein grünes
Abendkleid gehüllt, knielang.
    „Die Kidnapper spinnen“, sagte
der Rotweiße. „Woher soll eine verwitwete Buchhalterin soviel Geld haben?“
    Mortius blickte Tim
durchdringend an. „Hat deine Mutter irgendwann mal im Lotto gewonnen?

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