Wer heimlich küsst, dem glaubt man nicht (German Edition)
»Warum rufst du nicht Tommy Sullivan an und fragst ihn, ob er Jenna begleitet? Er ist jetzt doch wieder in der Stadt, und ich wette, er hat morgen Abend noch nichts vor.«
ELFTES KAPITEL
Es war nicht so, als hätte Seth entsetzt meine Hand fallen lassen oder so etwas in der Art. Jedenfalls nicht sofort.
Im ersten Moment reagierte niemand . Alle standen bloß mit offenem Mund da und schauten ungläubig.
Alle bis auf Eric, der über seinen eigenen Vorschlag lachte, obwohl der nicht einmal witzig war (außer für ihn selbst vielleicht).
Erst nach einer Schrecksekunde sah Seth mich durch seine unglaublich langen Wimpern an und fragte: »Wovon redet er, Süße?«
In dem Moment war klar, dass ich mit meinen schlimmsten Befürchtungen recht gehabt hatte. Ich wusste genau, weshalb Tommy Sullivan wieder in der Stadt war.
Der Gedanke daran, dass ich um ein Haar zugelassen hätte, dass er mich küsst – wenn er es denn versucht hätte –, führte dazu, dass mir das Blut ins Gesicht schoss und ich knallrot anlief. Ich konnte nur hoffen, dass das niemandem auffiel oder dass sie es auf die Sommerhitze schieben würden.
»Ach so, ja …« Ich tat so, als wäre es keine große Sache. »Heute Vormittag bin ich zufälligerweise Tommy Sullivan in der Stadt über den Weg gelaufen, und kurz darauf fuhr Eric an uns vorbei und wir haben uns kurz unterhalten.«
»Dieser Freak !«, knurrte Seth, obwohl ich wusste, dass er ein anderes Wort gewählt hätte, wenn Ms Hayes nicht neben uns gestanden hätte. Ein sehr viel drastischeres.
»Na ja, seine Großeltern wohnen hier«, meinte Dave lächelnd, wie immer bestrebt, die angespannte Atmosphäre zu entschärfen.
Sidney sah ihn wütend an. »Was weißt du denn bitte über Tommy Sullivans Großeltern?«
»Sie wohnen ganz bei uns in der Nähe. Wahrscheinlich besucht Tommy sie in den Ferien.«
»Nein, das ist kein Besuch«, schaltete Eric sich ein, bevor ich ihm mit einem Blick zu verstehen geben konnte, dass er gefälligst den Mund halten sollte. »Er ist richtig hergezogen und geht nach den Ferien auch wieder auf die Eastport Highschool. Stimmt’s, Katie, das hat er doch erzählt?«
Ich schloss die Augen und betete, dass sich diesmal der Abgrund auftun würde, um mich zu verschlucken. Das Schweigen, das Erics Aussage folgte, war so durchdringend, dass man eine Nadel hätte fallen hören können. Oder eine Quahog-Muschel, die aufklappt (immerhin sind wir in Eastport).
»WAS?«, brüllte Seth nach der ersten Schrecksekunde.
Im selben Augenblick sagte Ms Hayes: »Privatgespräche könnt ihr nachher führen, jetzt machen wir mit der Probe weiter.«
Ich öffnete die Augen. Kein Abgrund.
Leider.
»Äh … ja«, stammelte Eric, der von der Lautstärke, mit der Seth » WAS ?« gebrüllt hatte, ziemlich eingeschüchtert zu sein schien. »Hat er zumindest so gesagt. Hat er doch, Katie, oder?«
Das war dann der Moment, in dem Seth meine Hand losließ.
»Augenblick mal«, sagte er, und ich sah in seinen braunen Welpenaugen einen Blick tiefster Verletztheit. »Tommy Sullivan ist wieder in der Stadt? Und du hast mir das nicht erzählt?«
Genau das hatte ich befürchtet. Jetzt passierte das, worauf Tommy es angelegt hat.
MEIN LEBEN STÜRZTE IN SICH ZUSAMMEN .
Aber das würde ich nicht zulassen. Selbst wenn ich es vielleicht verdient hatte, dass er mein Leben zerstörte, weil ich vor vier Jahren seins zerstört hatte.
»Ich hätte nicht gedacht, dass das so wichtig ist, deshalb habe ich es dir nicht gleich erzählt«, verteidigte ich mich. Ich blinzelte mit der Unschuldsmiene zu Seth auf, die Sidney und ich vorsichtshalber vor dem Spiegel eingeübt haben, falls unsere Freunde uns jemals dabei erwischen sollten, wie wir einem anderen Jungen begehrlich nachsehen. »Ich habe es selbst gerade eben erst erfahren. Und außerdem ist die Sache mit Tommy so lange her, und inzwischen ist so viel Wasser ins Meer vor Long Island geflossen (tolle Metapher, danke, Mom!), dass ich nicht gedacht hätte, es würde dich treffen.«
Aber es war offensichtlich, dass all das viele Wasser nicht ausgereicht hatte. Nicht für Seth.
Was ich irgendwie geahnt hatte.
»Hallo? Mein Bruder konnte wegen diesem Schwein nicht studieren, weil er sein Stipendium verloren hat«, brüllte er.
»Ich weiß, ich weiß«, sagte ich besänftigend. »Aber jetzt mal im Ernst … Meinst du nicht, dass Tommy genug bestraft worden ist?«
»Wodurch denn?«, fragte Seth. »Nur weil jemand auf die Mauer der Sporthalle gesprüht
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