Wer heimlich küsst, dem glaubt man nicht (German Edition)
Wochen einen kleinen Unfall damit gehabt hatte.
»Und wenn ich nicht bei dieser bescheuerten Wahl mitmache«, erklärte Jenna, »zahlt meine Mom die Selbstbeteiligung an der Reparatur nicht.«
»Oh, das ist echt hart«, sagte ich mitleidig.
Ich bin heilfroh, dass meine Eltern sich nicht in mein Privatleben einmischen und es mir selbst überlassen, was ich in meiner Freizeit mache oder nicht.
Wobei ich mich frage, warum Jenna nicht einfach mit dem Rad fährt, statt sich von ihrem Auto abhängig zu machen. Die Strecken, die sie fährt (zur Schule, zum Comicladen und zum Oaken Bucket), könnte sie locker auch mit dem Rad zurücklegen. Dann könnte sie ihrer Mutter sagen, dass sie das Geld für die Reparatur behalten kann, und müsste nicht an einer Miss-Wahl teilnehmen, auf die sie keine Lust hat.
Zumal sie – selbst wenn Morgan vor Schüchternheit keinen einzigen Ton herausbringt – keine Chance hat, auf einen der drei ersten Plätze zu kommen, wie ich mit absoluter Sicherheit sagen kann, seit ich erfahren habe, was sie sich für die Talent-Runde ausgedacht hat. Sie wird nämlich auswendig einen längeren Monolog aus dem Film » Demolition Man« vortragen, in dem ein Typ auf das Recht pocht, im Nichtraucherbereich fette Zigarren rauchen und nackt und mit grünem Schleim bedeckt durch die Stadt rennen und dabei den Playboy lesen zu dürfen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Jury davon sonderlich beeindruckt sein wird. Die finden blonde Cheerleader, die tanzend Taktstöcke wirbeln, normalerweise netter als Leute, die für offene Anarchie eintreten.
Als Ms Hayes später für die Fragenrunde mit Jenna übte, antwortete diese geradezu feindselig.
Obwohl ich es eigentlich sogar ziemlich cool fand, dass sie auf die Frage: »Was schätzt du an Quahogs am meisten?«, sagte: »Dass sie einen harten Schutzpanzer haben … genau wie ich.«
Ms Hayes fand ihre Antwort dagegen weniger gelungen.
»Da fällt dir sicher noch etwas Besseres ein, Jenna«, sagte sie geduldig. »Du willst doch bestimmt, dass die Zuschauer – und noch wichtiger: die Mitglieder der Jury – dich sympathisch finden, nicht wahr?«
Darauf antwortete Jenna: »Das ist mir eigentlich egal.«
Sidney gab ein ersticktes Grunzen von sich, weil sie versuchte, ihr Lachen zu unterdrücken.
»Sidney van der Hoff!«, blaffte Ms Hayes. »Reiß dich zusammen, sonst …«
»Entschuldigung.« Sidney sah immer noch aus, als müsste sie gegen einen Lachkrampf ankämpfen.
»Zurück zu dir, Jenna«, sagte Ms Hayes. »Du trittst doch sicher an, um zu gewinnen, oder?«
»Ja, schon«, antwortete Jenna, die in diesem Moment garantiert an ihr Auto dachte.
»Dann solltest du dir ein bisschen mehr Mühe geben, sympathisch zu erscheinen. Lass es uns noch einmal mit einer anderen Frage versuchen. Jenna, welche Eigenschaften schätzt du an den Quahogs besonders?«
Jenna blinzelte, überlegte kurz und sagte dann: »Vielleicht, dass … sie so saftig und lecker sind?«
Ms Hayes verdrehte die Augen zum Himmel, als würde sie den lieben Gott um Hilfe bitten.
»Bitte konzentrier dich, Jenna«, stöhnte sie. »Die Rede war natürlich von den Footballspielern, nicht von den Muscheln. Und ihr anderen passt bitte auch alle gut auf und überlegt, was ihr antworten würdet. Das könnten die Fragen sein, die euch morgen gestellt werden. Okay, nächster Versuch. Diesmal ist es etwas ganz Einfaches, Jenna. Wie würdest du wahre Liebe definieren?«
Jenna starrte Ms Hayes an, als wäre sie komplett durchgedreht.
Merkwürdigerweise kam genau in dem Moment, in dem Ms Hayes diese Frage stellte, Seth zwischen den Bäumen hindurch in unsere Richtung geschlendert und lächelte mich an. Er sah unglaublich süß und durchtrainiert aus und eine Strähne seiner dunkelblonden Haare fiel ihm sexy in die Stirn.
Plötzlich spürte ich in einer Deutlichkeit, wie ich sie vorher noch nie in meinem Leben empfunden hatte, was wahre Liebe ist. Wirklich. Es war, als hätte ich in der Kamera meines Geistes auf Autofocus gedrückt und würde die Antwort auf die Frage gestochen scharf vor mir sehen. Seth Turner mit seinem liebenden, vertrauensvollen und schlichten Gemüt verkörperte für mich die wahre Liebe.
Auf einmal durchströmte mich ein nie gekanntes Glücksgefühl. Wen interessierte es, dass Tommy Sullivan wieder in der Stadt war? Wen interessierte es, ob der Grund für seine Rückkehr war, dass er sich für etwas, was ich ihm vor vier Jahren angetan hatte, rächen wollte? Wen interessierte
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