Wer heimlich küsst, dem glaubt man nicht (German Edition)
noch behauptet, dass es kein wir und sie geben würde.
Aber nach allem was Liam mir gerade erzählt hat, sieht Coach Hayes das anscheinend anders. Und wenn er es so sieht, dann …
Oh Gott, wie konnte das bloß passieren? Ich habe Tommy Sullivan in meinen Kopf gelassen! Schlimm genug, dass er einen Weg in mein Herz gefunden hat (oder sogar an andere Stellen meines Körpers, falls mein unbändiges Bedürfnis ihn zu küssen ein Hinweis darauf ist). Und jetzt hockt er auch noch in meinem Unterbewusstsein …!
Mit düsteren Gedanken wie diesen kam ich am Eastport Park an, der mittlerweile für die Bevölkerung geöffnet war, und stieg vom Rad. Diesmal war es nicht so einfach, zum Zelt zu gelangen, weil sich überall Touristen und Einheimische drängten, von denen viele an Stehtischen standen und Quahog-Spezialitäten aßen. Alle Restaurants der Stadt hatten Stände aufgestellt, an denen sie Probierportionen der Highlights ihrer Speisekarten servierten.
Ich entdeckte Shaniqua und Jill am Stand mit dem Logo vom Gull’n’Gulp und winkte ihnen zu, als ich mein Rad an ihnen vorbeischob.
»Viel Glück!«, riefen die beiden. Sie hatten aber keine Zeit, länger mit mir zu reden, weil die Schlange der Leute, die für Quahog-Fritter anstanden, ungefähr einen Kilometer lang war. Peggy wachte mit Argusaugen darüber, dass niemand im Austausch gegen den mit dem Festival-Ticket ausgegebenen Bon mehr als einen Fritter (und einen Klecks Soße) bekam.
Als ich zur Bühne gelangte, sah ich, dass ein paar der Klappstühle bereits besetzt waren. Mr Gatch von der Eastport Gazette war auch schon da. Er rauchte eine Zigarre und spielte Patience auf seinem iPad. Ich war kurz versucht, ihn noch einmal zu fragen, was Tommy Sullivan von ihm gewollt hatte, ließ es dann aber doch lieber.
Stattdessen schob ich mein Rad um die Bühne herum und schloss es um den dünnen Stamm eines Bäumchens. Ich wusste zwar, dass die Parkgärtner das nicht gerne sehen würden, aber es gab nun einmal keine Fahrradständer, und auf den Bänken saßen überall Leute, die Quahog-Spezialitäten futterten. Nachdem ich mir meinen Kleidersack über die Schulter geworfen hatte, hob ich die Plane am Eingang des Zeltes an.
Im Inneren herrschte heilloses Chaos. Ms Hayes brüllte gerade einen der Tontechniker an, weil es irgendwelche Probleme mit den normalen Hand-Mikrofonen gab und wir stattdessen welche zum Anstecken benutzen sollten. Das sorgte in Sidneys Fall für Schwierigkeiten, weil ihr trägerloses Kleid so tief ausgeschnitten war, dass das Mikro zu weit von ihrem Mund entfernt war. Sidney brüllte gleichzeitig Dave an, weil der Smoking, den er sich extra für diese Gelegenheit bei Eastport Formal Wear geliehen hatte, hellblau war. Und das passte ihrer Meinung nach überhaupt nicht zu ihrem roten Kleid. Morgan lief hysterisch hin und her, weil sie das Kolophonium zu Hause vergessen hatte, mit dem sie die Sohlen ihrer Spitzenschuhe präparieren wollte, um ihnen Rutschfestigkeit zu verleihen. Jetzt hatte sie Angst, bei ihrem Auftritt hinzufallen und sich den Hals zu brechen.
Und Jenna …
Ich hielt Ausschau nach ihr, konnte sie im ersten Moment aber nirgends entdecken. Dann merkte ich plötzlich, dass ich sie nur nicht erkannte: Sie war wie verwandelt. Ihre Piercings waren verschwunden und die blauschwarz gefärbten Haare mit der lila Strähne glänzten kastanienbraun. Sie trug eine kunstvolle Hochfrisur, die mit zartem Schleierkraut geschmückt war. Dazu hatte sie ein fliederfarbenes Kleid aus durchbrochener Spitze mit Empiretaille an, das ihren blassen Teint zur Geltung brachte, sowie Riemchensandaletten, deren Absätze so hoch waren, dass sie im Gras versanken. Der Ausdruck auf ihrem Gesicht ähnelte dem von Menschen, die nach langer Geiselhaft endlich befreit worden sind: Sie sah aus, als stünde sie unter Drogen.
»Jenna?«, rief ich erstaunt. Ich ging auf sie zu. »Was ist denn mit dir passiert?«
Sie blinzelte. Dann sagte sie: »Oh.« Und dann: »Hallo, Katie.«
Schockiert sank ich neben ihr auf einen Stuhl. »Deine Mom?«
»Nein.« Sie schüttelte den Kopf. »Meine Freundinnen. Sie haben mich gestylt, weil sie glauben, dass ich so eine Chance habe, zu gewinnen. Und als Quahog-Prinzessin könnte ich dem Anliegen unserer Gruppe mehr Gehör verschaffen.«
»Was ist denn euer Anliegen?«, fragte ich vorsichtig. »Nackt mit grüner Götterspeise bekleckert durch die Straßen zu rennen und den Playboy zu lesen?«
»Nein«, entgegnete Jenna. »Die
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