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Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Titel: Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maximo Duncker
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dampfenden Henkelbechern zurück, und vom volkstümlichen Liedgut untermalt, das weiterhin optimistisch und froh aus dem Küchenradio quoll, begann er – fast ein bisschen zu vertrauensselig, weil die Zunge locker war von der Überdosis vormittäglichen Feuerwassers – ein wenig aus dem Nähkästchen der schönen Gemeinde Altwassmuth zu plaudern:

 
    Tatjana Malenkova …
    … lautete der Name jener Künstlerin, die als Letzte ihre Arbeiten in der gotischen Backsteinkirche von Vieracker präsentiert hatte.
    Anfang der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts war das ehemalige Gutshaus mit Geldern des Landes Berlin restauriert worden. Seither diente es ausgewählten Künstlern der Hauptstadt als mehrmonatige Sommerresidenz. Ein halbes Dutzend wohnte stets gleichzeitig in den liebevoll hergerichteten Herrschaftsräumen: Musiker, Maler, Dichter. Sie wurden betreut von drei Frauen aus dem Dorf, die sich um Küche und Hof kümmerten, um die Wäsche und die wöchentliche Reinigung der Stipendiatenzimmer. Ihnen wiederum stand Frau Dr. Sommer-Born vor, eine kühle, siebenunddreißigjährige Blondine, die einst Kunstgeschichte studiert hatte und nun, als Direktorin des Künstlerhauses, regelmäßig zwischen Vieracker und Berlin-Charlottenburg pendelte, wo sie – gerüchteweise – über eine komplette Familie verfügte, Mann plus zwei Kinder im Grundschulalter, was sie allerdings nicht davon abhielt, ebenso regelmäßig das leicht überdimensionierte Diensthaus Arne Meisters aufzusuchen, das sich am äußersten Rand von Zirnsheim befand, dort, wo schon der gleichnamige Zirnsheimer Forst begann. Was recht praktisch war, denn Arne Meister war frisch gebackener Forst-ingenieur und hatte erst im letzten Jahr seine Stelle angetreten.
    »Unjefähr zehn Minuten zu Fuß von Ihrem Haus«, sagte Bruno Zabel, »nur um Ihnen dit mal zu verdeutlichen.«
    Vorzugsweise in den späten Abendstunden, wenn die Küchen-und Putzfrauen längst wieder bei ihren Familien waren, um dort weiterzuputzen und noch mehr zu kochen, wenn sich die Damen und Herren Künstler im idyllischen Blumengarten des Anwesens betranken und später im alkoholischen Überschwang schon mal die Inneneinrichtung zerlegten, wie die Küchen-und Putzfrauen bestätigen konnten, setzte sich die Frau Direktorin gern noch einmal in ihren weißen Dienst-Golf und legte die zwei Kilometer Ruckelpiste bis nach Zirnsheim zurück. Um im Forsthaus das zu treiben, was die älteren Altwassmuther diskret mit dem Wörtchen Ehebruch umschrieben, während den jüngeren durchaus deftigere Bezeichnungen dafür einfielen.
    Dabei fanden alle, die es etwas anging, dass Frau Dr. Sommer-Born und Arne Meister überhaupt nicht zusammenpassten. Abgesehen vom Alter, der neue Förster war neun Jahre jünger als seine Geliebte, schienen es zwei völlig widerstrebende Charaktere zu sein.
    Sie: arrogant und abgehoben, überzeugt, etwas Besseres zu sein als die brandenburgischen Hinterwäldler.
    Er dagegen: hilfsbereit, nie um ein kurzes Schwätzchen verlegen, traf man ihn zufällig im Dorf oder im Wald. Er war stets in Begleitung seiner beiden kalbsgroßen deutschen Doggen, und außerdem war er idealistisch, was die Leute hier schätzten und wovon unter anderem sein Engagement gegen Winfried Jagodas Schweinemastbetrieb sprach – ein nicht ganz unproblematisches Engagement, denn obwohl die Anlage den Altwassmuthern stank, so hatten dort doch auch ein paar von ihnen Arbeit.
    Andererseits betreute der Förster fast genauso viele andere Altwassmuther, die unter seiner Anleitung die Große Zirnsheimer Wiese zum europäischen Biosphärenreservat ausbauten. Mit Geldern aus Brüssel, von der EU.
    Unter Arne Meisters Aufsicht errichtete der kleine Trupp Messstationen, legte Lehrpfade und Beobachtungspunkte an und bastelte Schautafeln, auf denen nicht nur die seltenen Pflanzen zu sehen waren, die die Sumpflandschaft hervorbrachte, sondern auch die Kröten und Echsen und Salamander und was da sonst noch alles kreuchte und fleuchte und angeblich vom Aussterben bedroht und deshalb schützenswert war. Und vor allen Dingen brachten sie alle hundert Meter, und sei es mitten im Moor, Hinweistafeln an, wer das Ganze finanziert hatte.
    »Biosphärenreservat mit Mastanlage«, sagte Kai, und es klang höhnischer als beabsichtigt. Bruno warf ihm einen schnellen Blick zu und fuhr dann fort: »Wo war ick stehn geblieben? Ach so: der Förster.«
    Die Turtelei zwischen Arne Meister und Frau Dr. Sommer-Born hatte ein ganzes Jahr

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