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Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Titel: Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maximo Duncker
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acht Uhr dreißig an. Van Harm hatte versucht, das Klingeln zu ignorieren, aber der Anrufer, der sich jetzt als Bruno Zabel herausgestellt hatte, war dadurch nicht abzuschütteln gewesen.
    »Von Ihre werte Frau Jattin«, sagte Zabel. »Ick soll Sie auch schön grüßen.«
    »Wirklich?« Das überraschte Kai nun doch.
    »Hab ihr erzählt von unserem Herrennachmittag jestern und dass ick euren Grill heut auf Vordermann bringe.«
    »Aber doch nicht um diese Uhrzeit«, stöhnte van Harm, der im Schlafanzug dastand. »Ich habe einen Vorschlag: Kommen Sie gegen Mittag vorbei, und dann sehen wir mal, was es für Sie zu tun gibt.«
    »Ick bin doch schon längst da, Herr van Harm. Kucken Sie doch mal aus’m Fenster.«
    Kai trat ans Küchenfenster und lupfte vorsichtig die Übergardine. Im gleichen Moment drang durch sein rechtes Ohr ein Schmerz bis tief in seinen Kopf hinein, der sich einem gebrüllten »Huhu!« Bruno Zabels verdankte.
    Bruno saß in einem japanischen Kleinwagen, der direkt vor dem Haus stand. Sein linker Arm baumelte aus dem offenen Wagenfenster, am Gelenk des linken Armes hing das unvermeidliche Kunstledertäschchen, und bevor Kai das Telefon vom Ohr nehmen konnte, schrie Bruno noch einmal kräftig in den Hörer hinein: »Hier bin ick!«
    Die eckigen Formen von Brunos Auto erinnerten an die späten achtziger Jahre. Es hatte, was wohl an diversen halbprofessionellen, nicht zu Ende geführten Reparaturen liegen mochte, die verschiedensten Farben. Es war bunt und zerbeult.
    Mit einem leisen Fluch auf den Lippen schaltete van Harm das Handy aus. Dann ging er in den Flur, öffnete die Haustür und sagte: »Hätten Sie mal lieber gestern Morgen Ihr Handy eingesteckt!« Er merkte, dass ihm ein ausgewachsener Muskelkater in den Beinen steckte.
    »Morjenmuffel, wa?« Bruno schrie noch ein letztes Mal in sein Handy, bevor auch er endlich auflegte.
    »Also gut, gehen Sie schon mal in den Hof, und gucken Sie sich um. Ich zieh mich an, mach uns einen Kaffee und bin dann in zehn Minuten bei Ihnen.«
    »Ruhig Blut, Kollege«, sagte Bruno. »Bevor ick hier anfange zu schindern, hab ick noch wat in der Stadt zu erledigen. Und ick wollte fragen, ob Sie vielleicht mitwolln? Wat einkoofen oder so. Wo Sie doch ohne Auto sind.«
    »Na ja«, sagte van Harm, »warum eigentlich nicht.«
    Eine halbe Stunde später zuckelten sie auf der B 167 Richtung Norden, dieselbe Strecke, die van Harm letztens mit dem Rad zurückgelegt hatte.
    »Schon Ihrer Gattin zuliebe werd ick mich ein bisschen um Sie kümmern, mein Freund«, sagte Bruno unvermittelt, nachdem sie ungefähr die Hälfte der Strecke zurückgelegt hatten. Schweigend bis dahin.
    Von der CD, die Bruno eingelegt hatte, sang gerade einer: »Mein bester Kumpel ist und bleibt mein Vater.«
    »Was ist das eigentlich für eine schreckliche Musik die ganze Zeit?«, antwortete van Harm, um sich für diese kleine Unverschämtheit zu rächen. Oder hatte Constanze etwa …? Das hieße ja …
    »Jetzt machen Sie mich aber nich sauer!« Der bedrohliche Unterton in Brunos Stimme war nicht zu überhören.
    » Ungewöhnlich , wollte ich sagen, oder besser noch: außergewöhnlich«, ruderte Kai sofort zurück.
    »Dit is Peter Tschernig . Der Johnny Cash des Ostens. Noch nie wat von jehört?«
    »Bedauerlicherweise nicht«, sagte Kai, was sich sofort als Fehler erwies, denn augenblicklich begann Bruno Zabel über diesen mutmaßlichen Countrysänger und das Cowboygefühl in der DDR zu dozieren, in zig Varianten das Immergleiche sagend, und er hörte erst auf, als der Wagen auf einem Parkplatz in der Kreisstadt stand, vor einem Gebäude, das das prächtigste in der ganzen Häuserzeile zu sein schien, neu und mit viel Glas in der Fassade.
    Sie stiegen aus und liefen auf den Eingang zu, der von blühenden Blumenrabattenlandschaften gesäumt war, als van Harm das stilisierte, dreieckig-dynamische weiße A im roten Kreis entdeckte, das über dem Entree prangte und das keine sehr guten Erinnerungen in ihm weckte.
    »Was? Sie schleppen mich zum Arbeitsamt?«
    »Dit heißt nich mehr Arbeitsamt, dit heißt jetzt Schobb-Zenter.«
    »Wie auch immer. Da muss man doch stundenlang warten. Also, hab ich mal in der Zeitung gelesen.«
    »Wir nich«, sagte Bruno bestimmt, »kommen Sie einfach mit!«
    Sie passierten das lichtdurchflutete Foyer, stiegen Treppen hoch, durchquerten Flure, passierten Glastüren. Sie kamen an Wartenden vorbei, die neugierig aufsahen, wegen des forschen Schrittes, mit dem da zwei Männer

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