Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Titel: Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maximo Duncker
Vom Netzwerk:
aus Betonplatten, die direkt vom Feldweg abging. Im 90-Grad-Winkel.
    Wie immer, wenn van Harm an dieser Stelle vorüberkam, ärgerte er sich auch jetzt über den selbst gemalten Wegweiser aus Holz, der auf den Flachbau wies. Er zeigte ein dickes rosafarbenes Schwein, das grinste und in dessen Schinken, obwohl das Schwein durchaus nicht tot zu sein schien, eine große Gabel mit vier Zinken steckte. Darunter war in selbst ausgedachtem Sütterlin gepinselt:
    Schweinemastbetrieb Jagoda GmbH.
    Und unter diesem Schild wiederum war ein zweites befestigt, professionell gedruckt, gelbe Sterne auf sattem Blau: »Gefördert aus Mitteln der Europäischen Union«.
    Van Harm wusste bis heute nicht, was das sollte. Damals jedenfalls, als Constanze und Kai Haus und Hof gekauft hatten, hatte die Maklerin versichert, dass es nur eine Frage von Monaten sei, bis der ärgerliche Betrieb verschwinden würde. Doch der Betrieb war nicht verschwunden, und das, was Peggy als gute Landluft bezeichnet hatte, stammte mutmaßlich aus den Lüftungsanlagen des Schweinestalls.
    Aber van Harm war an diesem Morgen nicht nach Groll und schlechter Laune zumute, weshalb er eilig weiterlief, sich fröhlich wundernd, wie gut seine alten Knochen die Strapazen des Joggens noch vertrugen.
    Er kam locker und leichtfüßig nach Vieracker hinein, dem schönsten der drei Ortsteile, und passierte das zweistöckige Gutshaus, in dem die Herren und Damen Künstler wohnten. Alles war noch still um diese frühe Stunde. Kai beschloss, an der Kirche zu wenden und gemächlich zurück nach Zirnsheim zu traben.
    Aber da lag dann mit einem Mal so etwas Komisches in der Luft, fand van Harm, etwas ganz anderes als nur der Mistgestank der Schweine, den der Wind von der Großen Zirnsheimer Wiese nach Vieracker trieb. Und dann stand da plötzlich ein Mann mitten auf der Straße und rührte sich nicht.

Teil 2

 
    Bruno
    Der Mann trug eine graue, leicht verschlissene Kunstlederjacke, dazu braune Hosen aus grobem Cord. Auf seinem Kopf saß eine karierte Schiebermütze, unter der graues Haar hervorquoll. Am Gelenk seines herunterhängenden rechten Arms baumelte ein Männerhandtäschchen, was um diese frühe Morgenstunde noch befremdlicher wirkte als sonst.
    Er sah mit ausdruckslosen Augen stur vor sich hin.
    Van Harm blieb notgedrungen stehen. Er musste mit einem Mal nach Luft ringen, und er bekam Seitenstechen. Vielleicht zwanzig Meter trennten ihn jetzt noch von dem Mann mit der Gelenktasche.
    Als Krämpfe in seinen Waden zu zwicken begannen, ging er weiter, fast automatisch, um den Schmerz zu unterdrücken. Jetzt rührte sich der Mann doch. Er drehte den Kopf in van Harms Richtung und sagte, als dieser schon fast neben ihm stand: »Advent, Advent, ein Lichtlein brennt.« Dann wandte er sich wieder ab.
    »Wie bitte?«, fragte van Harm. »Können Sie das wiederholen?«
    »Advent, Advent, ein Lichtlein brennt«, kam der Mann anstandslos seiner Bitte nach, ohne ihn dabei ein zweites Mal anzusehen. Stattdessen folgte van Harm nun der Blickrichtung des Gelenktaschenträgers. Und sah zunächst nur: Rauch. Dicken, schwarzen Rauch, der wie eine wandernde Nebelbank die Dorfstraße einzuhüllen begann. Er kam aus Richtung des Friedhofs, erinnerte van Harm an Fog , den Nebel des Grauens.
    Als ein Windstoß kurz in die wabernde Rauchmauer fuhr und sie aufriss, konnte man endlich die Ursache des Ungemachs erkennen: Lichterloh stand das Dachgebälk des neugotischen Kirchenprachtstückes von Vieracker in Flammen. Dichte Schwaden drangen aus dem Kirchenschiff ins Freie, aus den spitzen Fenstern, deren Bleiverglasung längst geborsten war, aus den Fugen der robusten Eichentür, aus dem Turm und dem lecken Dach. Es roch nach Holzkohle und verbranntem Plastik und weiterhin ein wenig nach Dung. Hin und wieder konnte man ein helles Klingen hören, so als platze etwas, als springe etwas in viele einzelne Stücke. Van Harm nahm an, dass es die Dachziegel waren, die der Hitze nicht standhielten, aber Genaueres erkennen konnte er nicht.
    »Das ist gar keine Kirche«, sagte der Mann und starrte in die Flammen, und van Harm stellte sich vor, wie sich der Feuerschein in dessen Pupillen spiegelte.
    »Ich weiß, das ist … besser wohl: das war die Ausstellungshalle des Künstlerhauses.« Er spitzte die Ohren, aber er konnte immer noch kein Martinshorn ausmachen. »Nichts zu hören.«
    »Wie?«
    »Na wenigstens die Freiwillige Feuerwehr aus Altwassmuth könnte langsam mal kommen«, sagte van Harm, »das sind

Weitere Kostenlose Bücher