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Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Titel: Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maximo Duncker
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jegangen war: na Sdarowje!«
    »Prost.« Van Harm trank, nicht weil er wollte, sondern um sich bei Bruno Zabel zu entschuldigen, dass er ihn damals ignoriert hatte.
    »Noch einen!«, sagte Bruno und füllte aus einer Pulle Nordhäuser Doppelkorn die Gläser auf.
    »Auf einem Bein steht sich’s schlecht, oder?«, versuchte van Harm einen lockeren Tonfall zu imitieren.
    »Wie jetzte?«
    »Na ich meine, dass man leichter umfällt auf einem Bein, als wenn man auf zwei Beinen steht. Und wenn man also nur einen Schnaps trinkt, dann … Ach, vergessen Sie’s.«
    »Hopp, hopp, hopp – rinn in Kopp!«, sagte Bruno Zabel und kippte den Fusel auf ex.
    Als sie kurze Zeit später schon auf vier Beinen standen, hätte sich Kai am liebsten zurück in die Waagerechte begeben und bis zum Nachmittag auf Zabels Couch durchgeschlafen. Den fünften Schnaps, so mutig hatte ihn der Alkohol immerhin gemacht, lehnte er ab, und als Bruno die Hand mit dem gefüllten Glas zurückzog, um es selber zu trinken, bemerkte Kai, dass die Finger dieser Hand ein schwarzer Trauerflor umgab, nicht so schwer und erdig, als habe jemand in einem Gartenbeet gewühlt, sondern leichter: ein Hauch von Asche, eine Ahnung von Ruß. Wie aus Versehen versengt.
    »Wat is denn?« Bruno Zabel schien seinen Blick bemerkt zu haben.
    »Nichts, nichts.« Kai sah schnell an die Decke, während er sich zu erinnern versuchte, wie Brunos Hände vorhin ausgesehen hatten, als sie vor der lodernden Kirche standen. Aber es gelang ihm nicht. Was vermutlich daran lag, dass Bruno sie die ganze Zeit in den Hosentaschen vergraben hatte.
    »Ick hab vorhin den Grill sauberjemacht. Als Sie jeschlafen haben mit Ihrem Kollaps. Sah schon nicht mehr feierlich aus, dit Teil. Die versiffte Kohlewanne. Um mal vom Rost zu schweijen. Dit janze verbrannte Fett, die verkokelten Fleischreste. Da verjeht einem fast der Appetit.«
    »Meiner müsste auch mal wieder …«, sagte van Harm, um Bruno Zabel nicht auf dumme Gedanken zu bringen. Dass der nicht etwa auf die Idee käme, in Kai sei der Funke eines Verdachts aufgekommen, so wie es gerade tatsächlich geschehen war.
    »Bingo«, sagte Zabel, »da ham wat ja schon. Komm ick die Tage mal vorbei mit Spachtel und Fettlöser und kümmer mich drum. Wie jeht’s eigentlich der werten Frau Gattin? Lange nich jesehn.«
    »Ach, wissen Sie, wir haben uns getrennt.«
    »Mein Herzlichstes!«
    »Wie meinen?«
    »Na Beileid.«
    »Ach so. Nein, um Gottes willen, so schlimm ist es nun auch wieder nicht. Nur auf Probe sozusagen, auf Zeit. Und was ist mit Ihnen, Herr Zabel, ich meine: mit Ihrer Frau?« Van Harm deutete vage in das trostlose Wohnzimmer, dessen staubiger Vergilbtheit man das Fehlen einer hin und wieder darüberputzenden weiblichen Hand ansah. Über den Eindruck leichter Verwahrlosung konnten auch die Plastikblumen nicht hinwegtäuschen, die, im Raum verteilt, büschelweise in mehreren Vasen steckten, und die paradoxerweise trotz ihrer Künstlichkeit aussahen, als seien sie schon vor langer Zeit einmal verwelkt.
    »Abjehaun in die Kreisstadt«, sagte Bruno, »schon vor zig Jahren. Kurz nachdem ick meinen Job losjeworden war. Mitsamt der Kleenen, meiner Tochter.«
    Van Harm schwieg betreten. »Jetz kucken Sie nich wie die Kuh vorm neuen Tor«, sagte Bruno, »is ja schon lange her, und die Wunden sind fast vernarbt, und die Kleene kommt ooch regelmäßig vorbei, um nach ihrem ollen Vadder zu sehen. Weihnachten, Ostern, Tach der Republik, die janze Palette.«
    »Was waren Sie denn, wenn ich fragen darf, damals von Beruf gewesen? Vor der Wende?«
    »Pilot«, sagte Bruno und erhob sich abrupt aus dem geblümten, leicht abgewetzten Wohnzimmersessel, als sei gerade ein Vorgesetzter in den Raum getreten, den es zu grüßen gelte, straffte sich und drückte die Knie durch. »Bei der NVA . Kampfhubschrauber, MI 24, kennen Sie vielleicht.«
    »Nie gehört.«
    »Macht nüscht, Sie warn sowieso uff der Feindesseite.«
    »Nun ja, ich war eigentlich schon immer eher Pazifist.«
    »Käffchen?«, fragte Bruno, ohne auf van Harms letzte Bemerkung einzugehen. »Nich, dass Sie noch denken, ick sauf mir hier fröhlich einen an den lieben langen Tach. So wie man’s aus’m Fernsehn kennt, wenn’s um die Arbeitslosen jeht. Dit war heute nur uff den Schreck, ausnahmsweise. Klar, wa?«
    Zabel schlurfte mit der Kornflasche in die angrenzende Küche, aus der kurz darauf Kaffeemaschinenblubbern und deutsche Schlagermusik herüberdrangen. Wenig später kam er mit zwei

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