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Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Titel: Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maximo Duncker
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würden sie vor der Polizei strammstehen.
    »Mit Ihnen beiden hab ich noch ein Hühnchen zu rupfen!«, rief der Kommissar, ja, beinahe schrie er es schon. »Wie die angestochenen Wildsäue über den Friedhof marodieren und Spuren vernichten! Nein, und es reicht ja nicht, ein mal quer über den Tatort zu latschen«, fuhr er in höhnischem Ton fort, während er Bruno fixierte, »man muss ja auch noch seinen Kumpels Bescheid geben, damit die mit ihren unegalen Füßen«, er ließ den Blick jetzt zu Kai schweifen, »das zerstörerische Werk komplettieren können! Mann, Mann, Mann, was ist denn bloß los mit Ihnen? Ist es denn so langweilig, arbeitslos zu sein? Sind Sie so sensationsgeil?«
    »Das nun gerade nicht …«, wollte van Harm zu einer Klarstellung anheben, die auch seinen beruflichen Status mit einschließen sollte, aber das Gewitter, welches sich über der Stirn des Kommissars augenblicklich zusammenbraute, ließ ihn den Rechtfertigungsversuch sogleich wieder abbrechen.
    Stattdessen war es an dem Kommissar, das Abschiedswort an van Harm zu richten: » Ihr Gesicht hab ich mir gemerkt, Freundchen! Passen Sie bloß auf!«
    Jetzt stand es zwei zu null für die Polizei, dachte van Harm, während der Kommissar das Seitenfenster hochfuhr und sich anschließend Richtung Altwassmuth davonmachte.

 
    Lebendige Demokratie
    Wolf Kretzschmer, der national-chauvinistische Wirt des Deutschen Hauses, saß an einem winzigen Tisch neben der doppelten Eingangstür zu seinem Festsaal. Auf dem Tisch stand ein mit Münzen gefüllter Suppenteller, sonst nichts.
    »Mensch, Wolf, du kassierst hier doch nicht allen Ernstes ’nen Euro von den Leuten ab«, sagte Bruno, als er und van Harm kurz vor neun Einlass zur Dorfversammlung begehrten, die in wenigen Minuten beginnen sollte.
    »Ick hab die Unkosten«, sagte Kretzschmer und grinste.
    »Du hast doch vor allem den Jetränkeumsatz«, sagte Bruno.
    »Aber ooch die Unkosten.« Diesmal war sein Grinsen noch breiter. »Außerdem leben wa nich mehr in deim Kommunismus, Bruno, jewöhn dich lieber mal langsam dran.«
    »Dazu allerdings is dit letzte Wort noch nich jesprochen«, erwiderte Bruno und ließ ein Eurostück in den Teller fallen. Kai tat es ihm nach.
    Sie fanden zwei Plätze in der Mitte der vielleicht zwanzig Stuhlreihen, die schon gut gefüllt waren. Zwei Frauen mittleren Alters, die Kretzschmer für den Abend angeheuert hatte, verteilten von Tabletts herunter Getränke und Bierdeckel, auf die sie Striche machten. Bruno orderte zwei Pils auf seinen Deckel.
    Die Luft war rauchgeschwängert, van Harm begannen die Augen zu tränen, ein Hustenreiz setzte sich in seinem Hals fest und ließ sich auch mit mehreren Schlucken Bier nicht wegspülen: »In Berlin ist Rauchen verboten.«
    »Hier ooch. Aber wo’s keine Kontrolle jibt, da jibt’s ooch keene Jesetze, wa?«, sagte Bruno, und man wusste nicht, ob er das bedauerte oder eher nicht.
    Wenig später trat Kretzschmer auf die Bühne, ein Glöckchen in der Hand, das er kurz läutete, und erklärte die Versammlung für eröffnet.
    Der erste Dorfbewohner trat auf die Bühne und sagte ein paar Worte. Irgendwer aus dem Publikum schrie: »Lauter!«
    Der Mann auf der Bühne artikulierte drei, vier Worte klar, laut und deutlich, und fiel dann wieder zurück in das unverständliche Ursprungsgenuschel, das er allerdings mit hingebungsvollen Gesten begleitete. So, als müsse er einen Bienenschwarm verscheuchen.
    Ein nächster Zuhörer brüllte: »Jibt’s denn keen Mikro oda wat?«
    Der Dritte: »Nee, Mikro jibt’s nich!«
    Der Vierte: »Ick versteh hier hinten kein einzjet Wort.«
    Der Fünfte: »Haltet do’ ma die Fresse!«
    Der Nächste: »Der Pope hat do’n Mikro.«
    Der Übernächste: »Is do’ allet vabrannt, dit janze Jelumpe vom Popen.«
    Und so weiter.
    Auf diese Art vergingen drei Wortbeiträge, und Kai merkte, wie müde er war. Dass er kaum noch die brennenden Augen offen halten konnte. Wie sehr ihm jetzt das unfreiwillige frühe Aufstehen in den Knochen steckte. Auch Bruno neben ihm wirkte alles andere als frisch. Er gähnte in einer Tour.
    Plötzlich aber wurde es merklich ruhiger, das Murmeln der Zuhörer erstarb, die letzten Störer wurden niedergezischt.
    Bruno dagegen stöhnte leise auf: »Er nu wieder!«
    Der jetzt zur Bühne vorging, war selbstsicher, das sah man. Jeder Schritt ließ das abgewetzte Parkett erbeben. Als der Mann die Bühne geentert hatte und sich dem Publikum zuwandte, erkannte auch van Harm, wer es war:

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