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Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Titel: Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maximo Duncker
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Froh, der Kreisstadt entkommen zu sein, in der es, bis auf ein paar Möglichkeiten zum Konsum, noch weniger zu entdecken gab als auf dem Land. Ihn hatte die Geschäftigkeit der landwirtschaftlichen Maschinen gefreut, die über die Äcker und Felder fuhren, der Staub, den sie dabei aufwirbelten, und die langen Schatten, die sie warfen. Nicht einmal die Störche hatten ihn mehr gestört. Eine Frage allerdings hätte ihm die gute Laune fast verschattet: War er jetzt schon einer von ihnen geworden, von den Altwassmuthern, war er jetzt ein Brandenburger Hinterwäldler, ein Dorftrottel?
    »Allerdings weiß ich es«, setzte van Harm ein zweites Mal an, um Brunos Frage zu beantworten, »der Förster war nicht da, und es war niemand da vom Künstlerheim, weder die Direktorin …«
    »… Frau Doktor Sommer-Born …«, ergänzte Bruno den Namen.
    »… noch die falsche Russin …«
    »… die anjeblich Tatjana Malenkova heißt.«
    Sie sahen sich an und mussten gleichzeitig loslachen: »Wie Sherlock Holmes und Dr. Watson«, sagte Kai und prostete Bruno zu.
    »Wie Pat und Patachon«, sagte Bruno und trank einen tiefen Schluck.
    »Wie Stan Laurel und Oliver Hardy.«
    »Wie Hurvínek und Spejbl.«
    »Wie Don Camillo und Peppone.«
    »Wie Lolek und Bolek.«
    »Wie Hase und Igel.«
    »Wie Hase und Wolf «, prustete Bruno los und hieb Kai mit voller Wucht seine Ex-Piloten-Pranke auf den Rücken.
    Als Bruno um halb eins nach Hause ging, klappte Kai am Gartentisch noch einmal sein Notebook auf. Er öffnete das Dokument, das er für seine neue Reportage erstellt hatte, begann zu tippen, und bevor er es wenig später wieder schloss, konnte man auf dem Bildschirm für einige Minuten lesen:
    Satans Jünger und brennende Kirchen –

Eine fast kriminalistische Reportage
    aus dem Oderbruch.

Von Kai van Harm
    Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
    »Ick würde davon abraten«, sagte Peggy am übernächsten Tag, einem Freitag. Kai hatte sie angerufen, teils, weil er ein schlechtes Gewissen hatte wegen seiner schroffen, beleidigten Verabschiedung beim letzten Gespräch. Teils, weil er hoffte, Peggy könne ihn vielleicht dieses Wochenende besuchen, um einen Blick auf die Kinder zu werfen, den der etwas Jüngeren und etwas Cooleren, und dabei vielleicht ihr Vertrauen erlangen. Und zum Dritten, weil er einen handfesten Rat von ihr brauchte, denn ein gewisses Problem, das van Harm heimsuchte, hatte sich binnen nur eines Tages vergrößert.
    Seine Entschuldigung hatte sie bereits angenommen, obwohl van Harm sie nur indirekt formuliert hatte, sein Angebot, übers Wochenende aufs Land hinauszukommen, hatte sie abgelehnt, und auf seine Frage hin, ob ein schwarz gefärbter Haarschopf noch einmal blondiert werden könne, riet sie eher ab. Und wer, wenn nicht Peggy mit ihren exzentrischen Haarschnitten und -farben, sollte darüber besser Bescheid wissen?
    »Und gibt es keine andere Lösung?«
    »Einfach warten, bis et sich ausjewachsen hat, Herr van Harm«, sagte Peggy. »Du hast ziemliche Angst vor deiner Frau, kann dit sein?«
    »Quatsch«, sagte van Harm, obwohl Peggy selbstverständlich recht hatte. Denn nur weil er Constanze jetzt seit ein paar Tagen nicht erreicht hatte, bedeutete das ja nicht, dass sie für immer wegblieb. Kais Problem mit den schwarzen Haaren hatte sich nämlich nicht nur ein bisschen vergrößert, es hatte sich verdoppelt. Und das war tatsächlich seine eigene Schuld, denn um nicht als uncool zu gelten, hatte er nichts weiter zu Jannes gefärbten Haaren gesagt. Er hatte nicht einmal das Nietenhalsband für Hunde kritisiert oder sich nach dem neuen Umgang seiner Kinder erkundigt, dem Bürgermeistersohn namens Karol und dem Sohn des Schweinefleischproduzenten, der Felix hieß.
    Van Harm hatte am Morgen nach der Gründung der Bürgerwehr einfach so getan, als sei alles wie vorher: Er setzte den Kindern das Essen vor, und die Kinder gingen nach den Mahlzeiten draußen spielen. Allerdings waren die Bilder vom Floß- und Baumhausbauen und vom Schmetterlingsfangen gänzlich anderen gewichen. Solchen, in denen zum Beispiel viel Blut vorkam, wenn es auch nur das toter Tiere war. Wann immer er sich vorstellen wollte, was Janne und Erik trieben, kam ihm jetzt Frau Wursts Geunke über den Antichristen und das ganze wirre Zeug in den Sinn. Van Harms Fantasie im Ausmalen von Horrorszenarien war nicht zu unterschätzen.
    Jedenfalls war van Harm nicht eingeschritten, und als die Kinder gestern Nacht von ihren Streifzügen zurückgekehrt waren,

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