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Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Titel: Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maximo Duncker
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kleine Kirche, mit viel rankendem, wucherndem Efeu und alten, ausladenden Laubbäumen, deren Kronen sich wie ein Dach über dem Gottesacker schlossen. Zwischen den Gräbern stand jetzt ein feiner Nebel, fast kniehoch. Es war feucht und viel kühler als eben noch auf der Dorfstraße, und Kai beschlich ein ungutes Gefühl. Er lief Bruno hinterher. Sie bogen vom Hauptweg ab, machten ein paar Schlenker, und plötzlich blieb Bruno stehen. Er drehte sich zu van Harm um: »Da wär’n wir.«
    Kai trat einen Schritt nach vorn. Er stand vor einem frischen Grab. Sah Kränze, Blumengebinde, Kerzen. Auf den ersten Blick. Sah fragend Bruno an, der nichts sagte, sondern nur nickend auf die Grabstätte wies. Also blickte van Harm ein zweites Mal dorthin. Sah wieder Kränze, Blumengebinde, Kerzen. Bemerkte jetzt aber auch Knicke, Risse, Bruchstellen. Zertretene Blumen, zerfetzte Schleifen, aufgewühlte Erde: Unordnung.
    »Was zum Teufel …?«, er wandte sich fragend nach Bruno um.
    »Das Schild«, flüsterte Bruno und wies Kai mit dem Zeigefinger die Richtung.
    Dort, am Kopfende der Grabstelle, wo später einmal der Grabstein stehen würde, hatte jemand ein Pappschild aufgestellt, so groß ungefähr wie eines der Plakate, die in Wahlkampfzeiten an Bäumen und Laternenmasten hingen.
    Kai trat einen Schritt näher, um besser lesen zu können, und merkte, wie es weich wurde unter seinem Schuh: Er stand jetzt selbst inmitten eines der Trauergestecke. Er fluchte kurz und entzifferte dann das, was mit grober Hand auf die Pappe gekrakelt war: keine Buchstaben, nur Zeichen und Ziffern, in verlaufener Farbe, die sich der frühen Stunde wegen nicht benennen ließ: in der Mitte ein Pentagramm, in dessen Mitte wiederum eine Zahl.666. In den beiden oberen Ecken prangte je ein umgedrehtes Andreas-, in den beiden unteren jeweils ein Hakenkreuz.
    »Warum zeigen Sie mir das?«, zischte van Harm in Brunos Richtung.
    »Ick dachte, Sie wär’n interessiert.«
    »Nein, bin ich nicht. Sie sollten lieber die Polizei rufen.«
    »Mach ick do’ sowieso noch.«
    »Und was machen Sie eigentlich mitten in der Nacht auf dem Friedhof?«
    »Ick kann doch so schlecht schlafen.«
    »Warum mir ?«, sagte van Harm erneut und meinte es rein rhetorisch, weshalb er sich über die Antwort Brunos, die jetzt auf einmal wie aus der Pistole geschossen kam, umso mehr wunderte: »Weil Sie doch so wat wie’n Freund für mich jeworden sind.«
    »Ach wirklich?«
    »Ja!«
    »Und weil ick dachte, Sie könnten ein bisschen Exklusivmaterial jebrauchen. Für die Reportage, an die Sie grad schreiben.«
    »Tja, dann lassen Sie uns mal gehen.«
    Zurück beim Wagen zückte Bruno Zabel sein Handy, informierte die Polizei und erklärte, wie er zu erreichen sei, falls Bedarf bestünde, mit ihm zu reden.
    Es war kurz nach sechs.
    »Und wat is jetze?«
    »Noch mal hinlegen oder frühstücken.«
    Als Janne und Erik um halb neun in die Küche herunterkamen, um sich mit Orangensaft und Cornflakes zu versorgen, saßen Kai und Bruno vor ihrem x-ten Espresso und diskutierten noch immer die Verwüstung von Frau Pagels Grab. Bruno ging davon aus, dass der Anschlag Frau Pagels Westherkunft galt, Kai hatte dazu keine wirkliche Meinung.
    Aus dem Augenwinkel bemerkte er aber, wie seine Kinder lange Ohren machten, obwohl ihre Gesichter ein nicht zu steigerndes Desinteresse ausstrahlten.
    »Aber wat diese sechshundertsechnsechzig mittenmang dem Stern nu’ soll, will mir partu nich in den Schädel«, sagte Bruno.
    Das war nun der Zeitpunkt, an dem sich Erik nicht mehr zurückhalten konnte: »Dann fragen Sie doch mal mein liebes Schwesterchen!«, schlug er Bruno vor. Es sollte wohl süffisant klingen, hörte sich aber ziemlich unsicher an.
    Kai sah ganz deutlich, dass Janne rot wurde, bevor sie sich schnell zum Kühlschrank drehte, die Tür öffnete und so tat, als suche sie etwas.
    »Dann tun Sie mir doch den Gefallen, Frollein Janne, und erklären Sie mir die Zahl«, sagte Bruno in feinstem Hochdeutsch.
    »Fräulein sagt man nicht mehr«, murmelte Erik in seine Müslischale hinein, und lief nun seinerseits rot an, bevor Janne Bruno die Bedeutung der 666 erläuterte. Wobei sie aber weder den Kopf aus dem Kühlschrank nahm noch ihre vermeintliche Suche unterbrach, was Kai innerlich breit grinsen ließ. Sehr breit.
    »Es gab da mal ein Lied«, begann Janne und erzählte von dem Lied einer Heavy-Metal-Band namens Iron Maiden aus den frühen achtziger Jahren, das den Titel »Die Zahl der Bestie« trug und in

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