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Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Titel: Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maximo Duncker
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dem diese Zahl auch benannt wurde: Es war die 666, und die Bestie war niemand anderes als Satan, der Teufel, der Fürst der Hölle. Der Anti-Christ.
    Während sie so mit dem Kühlschrank sprach, fragte sich Kai van Harm, woher sie das alles wusste. Und wie er so ignorant sein konnte, bis gerade eben noch anzunehmen, jemand wie Ronja Räubertochter könne noch immer eine Art Vorbild für sie sein, wenn es um Dinge wie Rebellion und Freiheitsdrang ging. Trotzdem wunderte es ihn, dass es ausgerechnet eine Heavy-Metal-Band war, die ihr eine ungewohnte Leidenschaft ins dünne Stimmchen gezaubert hatte. Selbst wenn ihre Rede scheinbar an Wurst und Käse gerichtet war.
    Und weil Kai über das Altern von Kindern sinnierte und darüber, wie schade es war, dass wie immer die Väter als Letzte mitbekamen, wenn ihre Kinder plötzlich erwachsen waren und anders behandelt werden wollten als noch wenige Jahre vorher, bekam er nicht richtig mit, was Janne über Pentagramme erzählte, über umgedrehte Kreuze und über die rituellen Kirchenbrände im Skandinavien der neunziger Jahre, insbesondere in Norwegen. Nur so viel nahm er mit einem halben Ohr auf: dass es irgendwie mit Satanismus und der höllischen Metall-Musik zusammenhing, die umso gefährlicher war, je schneller sie gespielt wurde, und dass es von dieser Strömung jugendlicher Verwirrung wie bei fast jeder anderen Jugendbewegung auch bedauerlicherweise einen Nazi-ableger gab, was die Hakenkreuze auf dem Plakat irgendwie erklären mochte.
    » Daher weht also der Wind«, sagte Bruno, nachdem Janne den Kühlschrank wieder geschlossen hatte.
    Während ihres kleinen Vortrags war sie richtig aufgeblüht, sah rosig, ja fast ein bisschen fiebrig aus, fand van Harm.
    »Habt ihr was von eurer Mutter gehört?«, fragte er.
    Janne und Erik schüttelten fast synchron den Kopf, während sie mit vollen Backen kauten. Kurz nach zehn gingen sie aus dem Haus, wer weiß wohin, ihre schwarzen Rucksäcke aufgeschnallt, in schwarzen Jeans und schwarzen T-Shirts, deren Motive, das fiel Kai van Harm jetzt zum ersten Mal auf, eine gewisse Nähe zu den Dingen aufwiesen, die Janne kurz zuvor erläutert hatte.
    »La Kuckaratscha, la Kuckaratscha, dididididididi-diht«, sang Bruno laut mit, als um die Mittagszeit von draußen das laute Hupsignal des Wurst-Mobils ertönte.
    Kai war äußerst dankbar für die Abwechslung, denn außer dass sie jeder einen Grappa zu ihrem letzten Espresso getrunken hatten, waren sie nicht wirklich weitergekommen in ihren Überlegungen zur Friedhofsschändung. Überhaupt stockte der Tag jetzt irgendwie nach dem dramatischen Beginn in aller Herrgottsfrühe. Der verdammte Tag trat auf der Stelle.
    Zweierlei wusste Frau Wurst ihnen zu berichten, nachdem sie das Gläschen Grappa auf ex geleert hatte, das ihr Bruno aus Kais Küche mit ans Wurst-Mobil gebracht hatte.
    Zum einen waren die Schmierereien und Verwüstungen bei Tageslicht weit gravierender, als Kai und Bruno im Halbdunkel angenommen hatten, denn nicht nur Frau Pagels frische Grabstelle war beschädigt worden, sondern auch die benachbarten Grabsteine und -platten hatten die Täter mit einer roten, an menschliches Blut erinnernden Farbe beschmiert. Wobei zu den Zeichen, die Kai und Bruno schon kannten, SS-Runen und – seltsamerweise – Davidsterne hinzugekommen waren. So wenigstens hatte es einer ihrer Kunden erzählt, als sie das Wurst-Mobil für eine halbe Stunde vor der Kirchenruine von Vieracker aufgemacht hatte.
    Zum anderen verkündete Frau Wurst, dass es aufgrund dieses Ereignisses am Abend eine inoffizielle Dorfversammlung geben würde. Leider jedoch im Saal des Deutschen Hauses, das sie nie und nimmer betreten würde, weshalb sie Bruno ganz herzlich bat daran teilzunehmen und ihr dann morgen alles in sämtlichen Einzelheiten zu berichten.
    »Mach ick, meine Kleene«, sagte Bruno.
    Kai kaufte noch ein Stück Butter für zweieinhalb Euro, und dann fuhr Frau Wurst laut hupend wieder davon, um die Alten und Lahmen des platten Landes mit Lebensmitteln zu versorgen.
    Bruno winkte ihr noch eine Weile hinterher, und Kai merkte schon, wie das Butterpäckchen zwischen seinen Fingern weich zu werden begann, da hielt, was vor allem an Frau Wursts ausgedehnter La-Cucaracha-Orgie lag, fast lautlos der Wagen des Kommissars neben ihnen.
    Als Kai und Bruno den Beamten, der sie durchs offene Seitenfenster ein paar Sekunden wortlos gemustert hatte, bemerkten, strafften sich ihre Körper wie von selbst. Ein wenig sah es aus, als

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