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Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Titel: Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maximo Duncker
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fielen Kai die Polizisten auf, die in großen Gruppen herumstanden, die Helme zwar am Gürtel, die bellenden Hunde aber im Anschlag. Sie wirkten keineswegs entspannt. Ein paar von ihnen filmten das Geschehen mit digitalen Kameras.
    Kai hielt Ausschau nach Bruno, aber im Menschengewimmel konnte er ihn nicht erkennen, denn auch die zivilen Reisenden, die in der Kreisstadt ausgestiegen waren, befanden sich noch auf dem Bahnsteig. Offensichtlich war es die Taktik der Polizei, zuerst den schwarzen Block aus dem Bahnhof zu geleiten und dann den normalen Betrieb wiederherzustellen.
    Schon wieder schrien die jugendlichen Revoluzzer, die mit aller Sicherheit dem Demonstrationsaufruf aus dem Internet gefolgt waren und zur Altwassmuther Bushaltestelle wollten, um sich dort mit den Gleichgesinnten zu treffen. Sie waren jetzt durch die Schalterhalle des roten Backsteinbaus hindurchmarschiert und ordneten ihre Formation auf dem kleinen Vorplatz zu einem neuen Block, als die Polizei den Weg auch für die anderen Passagiere freigab. Van Harm wartete bis zum Schluss, aber weil Bruno nicht auftauchte, trat er schließlich auch auf den Bahnhofsvorplatz, wo sich der Block um den Busfahrplan des Haltestellenhäuschens geschart hatte. Man konnte sehen, wie einer den Zeitplan studierte, den Zeigefinger die Liste hoch-und runterwandern ließ und hoch und runter, ohne etwas zu finden. Und man konnte sehen, wie sich die Unruhe der direkt um ihn herumstehenden allmählich auf jene übertrug, die sich weiter hinten aufhielten. Denn eines war klar: Heute war Sonnabend, und es war ein Sonnabend auf dem Land, und an einem solchen Sonnabend fuhr nicht nur kein Bus von Altwassmuth in die Kreisstadt, sondern umgekehrt war es ebenso. Denn wen hätte man auch zurückschaffen sollen?
    Als endlich alle im Block mitbekommen hatten, dass an diesem sowie auch am nächsten Tag kein Bus gehen würde, brach ein gellendes Pfeifkonzert los. Die Seitentransparente wackelten bedenklich, und als sei das nicht genug, begann jetzt die Polizei auch noch, die aufgebrachten Jugendlichen mit sarkastischen Megafondurchsagen zu verhöhnen.
    »Achtung, Achtung, hier spricht die Polizei«, sagte die Polizei. »Wie Sie vielleicht dem Fahrplan entnommen haben, fährt heute kein Bus an den Veranstaltungsort. Da die Kundgebung nicht für den Bahnhofsvorplatz angemeldet ist, auf dem Sie sich nun schon eine ganze Weile aufhalten, würde ich Sie doch ganz herzlich bitten, Ihren Sammelpunkt per pedes aufzusuchen oder aber gleich die Heimreise mit der Bahn anzutreten.«
    »Wie weit?«, rief einer aus dem Block.
    »Ja, wie weit, ey?«, unterstützte ihn ein Zweiter, und auch ein Dritter, ein Vierter, ein Fünfter, Sechster und Siebenter verlangte Auskunft über die Entfernung.
    »Moment«, sprach die Polizei ins Megafon, und dann gab es eine ohrenbetäubende Rückkopplung, die van Harm bis ins Mark fuhr, ein paar Sekunden geschah nichts, und dann meldete sich die Polizei wieder an der elektrisch verstärkten Flüstertüte: »Mein Kollege meint, zehn Kilometer, wenigstens. Aber da Sie ja alle jung sind und kräftig …«
    » Wann? «, rief wieder einer aus dem Block.
    »Ja, wann, ey?«, pflichteten ihm nach und nach mindestens fünfzehn weitere bei.
    » Wie jetzt: wann?«, rief die Polizei.
    »Die Abfahrtszeit, du Affe!«
    »Wann der nächste Zug fährt, nach Berlin«, präzisierte ein anderer.
    »Moment«, sagte die Polizei und griff zum Telefon, um die korrekte Auskunft einzuholen. »In anderthalb Minuten«, rief sie anschließend ins Megafon, »falls der Zug pünktlich ist.«
    Kaum war dies bekannt gegeben, stürmten drei schwarze Gestalten aus dem Block, wobei das linke Seitentransparent Schaden nahm, indem es quasi in der Mitte zerriss. Das nutzten acht oder neun andere, um dem Führungstrio in die Schalterhalle hinterherzustürmen.
    Aber auch unter die Verbliebenen kam Bewegung. Sie begannen trotz der Hitze auf und ab zu hüpfen und skandierten dabei: »Wir bleiben alle! Wir bleiben alle!«
    Die erste Parole an diesem Tag, die Kai van Harm ganz deutlich verstand. Das ging fast zwei Minuten so: »Wir bleiben alle! Wir bleiben alle!!«
    »Aber ein paar von euch sind doch längst weg«, schrie die Polizei ins Megafon, was zu einem sofortigen Verstummen des schwarzen Blockes führte. Van Harm schien, als berate man dort angestrengt über eine Erwiderung, denn irgendwie hatte die Polizei ja recht.
    »Aber des wir«, schrie eine männliche Stimme mit schwäbischem Akzent eine Weile

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