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Wer hustet da im Weihnachtsbaum? (German Edition)

Wer hustet da im Weihnachtsbaum? (German Edition)

Titel: Wer hustet da im Weihnachtsbaum? (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ludwig
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der Verkäufer zu mir gesagt. «Wellensittiche sind gesellige Vögel.»
    Natürlich sprach ich mit Bubi, und beschäftigen tat ich ihn auch. Ich spielte nämlich jeden Tag eine Runde Fußball mit ihm. Inzwischen gab es sogar ein Tor. Aus einem Schuhkarton hatte ich den Boden rausgeschnitten und ein Netz dahintergeklebt, in dem vorher Mandarinen gewesen waren. Bubi hatte ziemlich schnell kapiert, was er tun musste, und schon etliche Tore geschossen. Dribbeln war seine große Stärke.
    Ich ließ gerade den Ball über den Boden rollen, als es an der Tür klingelte. Vielleicht Mama, die mir Bescheid sagen wollte, dass das Abendessen fertig war. Vorsichtshalber schaute ich durch den Türspion und sah – ein Auge! Ein großes, böses Auge. Das Auge wurde kleiner, und dann waren es zwei Augen und schließlich das Gesicht von Herrn Dobelmann.
    «Mach auf, Hannes, deine Mutter hat gesagt, dass du hier bist», rief er und klopfte ungeduldig.
    Ich öffnete die Tür einen winzigen Spalt. «Was ist denn?»
    «Junge, du machst ja ein Gesicht, als hättest du sonst was angestellt. Dabei hab ich was für dich!» Herr Dobelmann hielt mir eine braune Flasche unter die Nase.
    Was da wohl drin war? Ich tippte auf Zyankali oder irgendein anderes schnell wirkendes Gift.
    «Na, nimm schon. Das ist Hustensaft. Nach einem alten Rezept meiner Großmutter.»
    «Und der ist noch gut?»
    «Haha, guter Witz. Den mach ich jedes Jahr selber: etwas Thymian, Süßholzwurzel, der Rest ist geheim.»
    Ich öffnete die Tür ein Stückchen weiter. «Wir haben Hustensaft, danke.»
    «Das hat deine Mutter auch gesagt, aber das Zeug aus der Apotheke kann man doch vergessen. Du wirst sehen, das hier hilft.»
    Ich nahm schnell die Flasche und wollte die Tür wieder schließen, da war laut und deutlich Bubi zu hören.
    «Klasse gehalten, stark gespielt, ein Traumpass. Und Tooor!»
    Anscheinend war es immer das gleiche Spiel.
    «Was ist das?», fragte Herr Dobelmann misstrauisch.
    «Ein Radio», sagte ich. Einen Fernseher hatte Frau Moll nämlich wirklich nicht, aber vielleicht war er ja auch nur zugewachsen.
    «Das hör ich selber, aber wer hat es angestellt? Erzähl mir nicht wieder, deine Schwester, die ist nämlich drüben.» Der Dobelmann stellte einen Fuß in die Tür.
    «Das ist der Radiowecker!», sagte ich schnell. «Der geht immer abends an, weil … Frau Moll meint, ihre Pflanzen sollen menschliche Stimmen hören, um sich nicht so einsam zu fühlen.»

    «Zuzutrauen wär’s ihr ja», knurrte Herr Dobelmann. «Aber was wird denn da für ein Spiel übertragen?»
    «Keine Ahnung», sagte ich. «Ich stell auch lieber einen anderen Sender ein. Glaub nicht, dass sich Orchideen für Fußball interessieren. Was schlagen Sie vor, deutsche Schlager oder klassische Musik?»
    Der Dobelmann brummelte was und zog ab. Und das war auch höchste Zeit, denn ich wäre fast geplatzt vor Lachen. Manchmal kann Lügen richtig Spaß machen.

[zur Inhaltsübersicht]
    7. Kapitel
    Ein Riesen-Bonsai
    A m nächsten Morgen wachte ich vom Lärm der Müllabfuhr auf. Ich lief zum Wohnzimmerfenster. Was sammelten die Müllmänner da ein? Die Weihnachtsbäume!
    Jetzt war guter Rat teuer. Wie teuer, wussten wir da noch nicht.
    Luzie presste ihre Nase an die Scheibe. «Die haben unseren Baum mitgenommen! Ich konnte noch nicht mal tschüs sagen!»
    Mama und Papa waren auch nicht begeistert. Zu viert standen wir am Fenster und schauten zu, wie ein Baum nach dem anderen im riesigen Maul des Müllwagens verschwand.
    «Und was machen wir jetzt?», fragte Mama.
    «Willst du Tante Traudl nicht lieber reinen Wein einschenken, Gabi?», sagte Papa. «Wir können doch ein paar von den Dobelmann’schen Zweigen nehmen, in eine Vase stellen, ein paar Kugeln dranhängen, und fertig ist die Laube.»
    Mama sah Papa empört an. «Du verstehst das nicht, Martin. Zweige sind kein Baum. Erinnerst du dich, wie Tante Traudl letztes Weihnachten hier gesessen und geschwärmt hat? Es wäre fast wie früher bei ihr zu Hause, und wir hätten ja auch noch echte Kerzen und nicht dieses elektrische Geflimmer.»
    Papa seufzte. «Natürlich erinnere ich mich, das erzählt sie schließlich jedes Jahr.»
    Luzie und ich sahen uns an, dann riefen wir im Chor: «Mein Gott, Kinder, wie ist es nur schön bei euch! Genau wie früher bei uns daheim.»
    Papa lachte, aber Mama fand das gar nicht komisch. «Über alte Leute macht man sich nicht lustig. Wer weiß, wie lange Tante Traudl noch Weihnachten feiern kann?»
    «Aber im

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