Wer im Trueben fischt
Wochenende weggefahren. Sagt seine Sekretärin.«
»Schlau von ihm. Ihr Journalisten setzt ihm bestimmt ganz schön zu.«
Schon wieder Sippenhaft, dachte Emma. Blume nahm noch einen Schluck.
»Jetzt sind Sie aber mal dran.«
Emma schaute auf ihren Block.
»Carl war Bauunternehmer. Er plante Projekte mit den Bauhaus-Architekten. Ich war im Archiv und habe Interessantes herausgefunden.«
Wieder Pause.
»Und zwar?«
»Wie ist es mit Miriam und Carl weitergegangen?«
Sie hörte Blume leise lachen.
»Na schön.«
Papier raschelte.
»Die beiden erlebten eine Odyssee durch Europa. Carl starb 1943 in Madrid.«
Emmas Stift flog über das Papier.
»Todesursache?«
»Wissen wir noch nicht. Sie haben einen dreijährigen Sohn, Henry. Miriam wandert mit ihm in die Staaten aus.«
»Ist Henry der Vater von Tom?«
»Ja. Was war da mit dem Bauhausarchiv?«
Emma setzte sich aufrecht hin. Sie blätterte in ihrem Block zurück.
»Rosenberg hatte eine Baufirma, die nach seiner Flucht vermutlich von Heinrich Bohmann weitergeführt wurde.«
»Moment mal. Der Heinrich Bohmann?«
»Rosenberg war außerdem mit Walter Gropius, dem Leiter des Bauhauses, befreundet. Sagt der ihnen auch etwas?«
»Ich bin ja nicht blöd.«
»Gropius hat ihm sein Haus in Lichterfelde gebaut. Rosenberg und Bohmann planten eine Neubausiedlung in Zehlendorf.«
»Wissen Sie, wo genau?«
Blumes Stimme klang nun interessiert. Emma unterstrich den Abschnitt in ihren Notizen.
»Die Pläne befinden sich im Bauhausarchiv. Das Areal umfasst rund einen Quadratkilometer. Es liegt an der Bergstraße.«
»Bleiben Sie mal kurz dran.«
Emma hörte, wie Blume den Hörer beiseitelegte. Papier raschelte.
»So, da bin ich wieder.«
»Was haben Sie nachgeschaut?«
»Rosenberg hatte in seinem Zimmer einen Stadtplan aufgehängt. Ein Gelände in Zehlendorf ist rot umrandet. Es liegt tatsächlich an der Bergstraße.«
Emma schlug vor Begeisterung mit der flachen Hand auf die Tischplatte.
»Dann ist das also eine handfeste Spur! Sie sollten sich mal mit Bohmann unterhalten.«
Blume trank einen kleinen Schluck.
»Alles zu seiner Zeit.«
Emma stutzte.
»Was ist los, haben Sie Angst vor dem berühmten Baumeister?«
Blume schnaubte, aber dann lachte er doch.
»Der Mann ist steinalt und lebt extrem zurückgezogen. Da braucht man das, was Ihrer Zunft so abgeht – Fingerspitzengefühl.«
Jetzt lachte auch Emma.
»Mein Gefühl, wo immer es auch steckt, sagt mir, dass das eine gute Story ist. Wie viel davon kann ich bringen?«
Die Tür zum Großraumbüro klappte laut zu, Emma schaute auf. Haarms war endlich gegangen.
Blume redete weiter.
»Das muss nicht unbedingt mit dem Mord zusammenhängen. Viele Menschen beschäftigen sich mit ihrem Familienstammbaum.«
Er trank. Emma überlegte. Und sagte dann:
»Martha Steiner scheint das aber zu denken.«
Bei dem Namen Steiner gab es eine schnelle Bewegung am anderen Hörer, als hätte Blume sich am heißen Getränk verbrannt.
»Martha Steiner? Sie haben mit ihr gesprochen?«
»Ja. Und sie ließ durchblicken, dass Tom Rosenberg vielleicht noch am Leben wäre, wenn er nicht so viele Fragen über seine Familie gestellt hätte.«
»Das hat sie gesagt? Sie erstaunen mich, Frau Vonderwehr. Bei uns war die alte Dame nicht so gesprächig.«
»Alter Reportertrick.«
»Verraten Sie ihn mir?«
»Lade deinen Gesprächspartner ein, etwas zu machen, was er sehr gerne und häufig macht. Wer sich sicher fühlt, dem rutscht schneller mal was raus.«
»Nicht schlecht. Sie sollten bei uns anfangen.«
Emma sah Schneider und Bente hereinkommen. Sie lachten und hoben grüßend die Hand. Emma zeigte auf den Telefonhörer und signalisierte Gesprächsbedarf. Schneider nickte und wies auf sein Büro. Emma hob zwei Finger hoch. In zwei Minuten, formten ihre Lippen. Laut sagte sie in den Hörer:
»Ihre Kantine ist bestimmt schlecht.«
Blume lachte.
»Stimmt, aber um die Ecke gibt es einen guten Italiener, bei dem kriegen wir Rabatt. Und der Espresso ist spitze.«
Ein Kaffeetrinker, dachte Emma. Will er mich jetzt einladen? Schnell sagte sie:
»Kommen Sie, ich hab Ihnen mit dem Zehlendorfer Grundstück weitergeholfen. Jetzt können Sie auch noch ein paar Informationen springen lassen.«
Oder einen Cappuccino, dachte sie. Als Blume weitersprach, blieb ihr vor Erstaunen der Mund offen stehen. Damit hatte sie nicht gerechnet.
»Es hat Razzien gegeben.«
»Waaas? Wann? Und bei wem?«
»Heute Nacht. Bei den Anhängern des
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