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Wer im Trueben fischt

Wer im Trueben fischt

Titel: Wer im Trueben fischt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mechthild Lanfermann
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ein Erzählband von Theodor Storm. Auf der ersten Seite hatte sich in steiler Schrift die Besitzerin eingetragen: Miriam Rosenberg.
    Emma zog einen Stoß Zettel aus der Lade. Es waren Skizzen von Häusern, Details wie eine Veranda oder ein Bodenfenster. Selkov zeigte auf ein Foto. Es war die Vorderfront eines zweistöckigen Hauses abgebildet.
    »Das war Rosenbergs Haus. Es stand in Lichterfelde.«
    Emma nahm die Fotografie und besah sie sich genau. Das Haus war aus Holz gebaut und war von einer halbhohen Steinmauer umgeben. Selkov nahm ihr das Bild wieder aus der Hand und legte es zurück in die Lade.
    »Jetzt ist dort ein Einkaufszentrum.«
    Emma verlagerte ihr Gewicht. Es fiel ihr schwer, in der Hocke zu sitzen. Aaron Selkov blieb dagegen ruhig in der Stellung. Emma schaute den Mann neben ihr von der Seite an.
    »Wissen Sie immer so gut Bescheid?«
    Der Mann lachte.
    »Nach Ihrem Anruf hab ich ein bisschen recherchiert. Carl Josef Rosenberg und Miriam Winterstamm heirateten 1922. Die beiden verließen im Juni 1934 Berlin.«
    Emma nahm eine bestickte Geldbörse in die Hand. Sie strich über die Initialen MR.
    Selkow holte einen Zettel aus der Hosentasche und faltete ihn auf.
    »Rosenberg war Bauunternehmer und Holzgroßhändler. Er gehörte lose zu der Bauhaus-Gruppe.«
    Selkov nahm noch einmal die Fotografie heraus.
    »Das Haus hat Walter Gropius gebaut. Sagt Ihnen der Name etwas?«
    »Das war der Leiter der Bauhaus-Gruppe, richtig?«
    Der Archivar nickte.
    »Sie waren befreundet. Es gibt viele Hinweise auf Treffen. Gropius wohnte damals um die Ecke. Sie haben auch zusammengearbeitet.«
    Ein Geräusch ließ Emma aufschrecken. Jemand ging an ihrem Regal vorbei. Sie legte die Börse zurück, ihre Hand zitterte.
    »Ich weiß, wir sind in einem Museum, aber …«
    Selkov beobachtete sie.
    »Ja?«
    Emma schluckte.
    »Es fühlt sich komisch an. Als würde ich in einer privaten Schublade herumschnüffeln.«
    Selkov legte ganz leicht seine Hand auf ihre Finger. Sofort zog er sie wieder zurück.
    »So sollen Sie sich auch fühlen.«
    Er lächelte.
    »Sehen Sie sich das an. Wändeweise Schubladen. Darin sammeln wir Zeug, das manche als wertlosen Krempel bezeichnen. Alte Bücher. Porzellan-Fingerhüte. Postkarten. Aber diese Dinge machen etwas mit uns.«
    Behutsam schloss der Archivar die Schublade wieder. Er stand auf.
    »Zahlen sind abstrakt. Aber ein Fingerhut, gekauft 1929 im Allgäu bei einem Urlaub, eine Notiz, Bin gleich wieder da, eine Sporturkunde vom Sohn. Wenn Sie wüssten, was hier alles lagert.«
    Mit wackligen Knien stand nun auch Emma auf. Selkov ging vor ihr aus dem Gang heraus.
    »Es sind Erinnerungen, für ihre Besitzer so wertvoll, dass sie sie aufgehoben haben. Und jetzt erinnern sie uns.«
    Emma schlüpfte hinter ihm aus dem Gang. Selkov drehte an dem Rad.
    »Daran, dass sie gelebt haben. Bevor sie verjagt wurden. Oder zu Tode geprügelt und vergast worden sind.«
    Leise schloss sich der Gang. Emma holte tief Luft.
    »Herr Selkov, wo finde ich noch mehr Informationen über Rosenberg?«
    »Gehen Sie ins Bauhaus-Archiv. Rosenberg hat eng mit den Architekten zusammengearbeitet. Vielleicht bringt Sie das weiter.«
    Die beiden gingen schweigend den langen Gang zurück. Emma dachte an das, was sie gerade gesehen hatte. Als Selkov plötzlich stehen blieb, wäre sie fast gegen ihn gelaufen.
    »Ich wünsche Ihnen, dass Caro Rosenberg der Mann ist, nach dem Sie suchen.«
    Emma blickte auf. Sie standen vor dem Ausgang. Selkov reichte ihr die Hand.
    »Alles Gute, Frau Vonderwehr. Und besuchen Sie uns mal. Mit etwas mehr Zeit, hoffe ich.«
    Sie griff die Hand und schüttelte sie.
    »Das mache ich. Vielen Dank.«
    Als sie durch die Schleuse ging, drehte sie sich noch einmal um. Aber Selkov war bereits im Innern des Hauses verschwunden.
    »Ich mach gleich Mittag.«
    Emma warf einen Blick auf die große Uhr über dem Serviceschalter. Zehn vor eins.
    »Es ist wirklich dringend.«
    Um 13 Uhr sollte sie sich bei Schneider melden. Dann wollte er entscheiden, ob er eine Sonderstunde zu dem Thema machte. Emma bezweifelte, dass ihre Erkenntnisse ansonsten Platz fänden im Programm. Ohne Sendung kein Geld.
    Die Frau hinter dem Schalter im Bauhaus-Archiv seufzte demonstrativ und schaute auf den Namen, den Emma ihr auf der Rechercheanfrage herübergereicht hatte.
    »Carl Josef Rosenberg?«
    »Ja. Hat in der letzten Zeit schon mal jemand nach diesem Namen gefragt?«
    »Solche Anfragen beantworten wir nicht. Datenschutz.«
    Die Frau

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