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Wer im Trueben fischt

Wer im Trueben fischt

Titel: Wer im Trueben fischt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mechthild Lanfermann
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der Halle. Dafür musste sie wieder mindestens fünfzig Meter gehen. Das Heft in ihrer Hand war dünn, eine Hochglanzbroschüre mit mehr Farbdruck als Inhalt. Vom Vorwort lächelte ihr der Chef entgegen, ein rotgesichtiger Mann um die sechzig. Alexander Bohmann. Auf den folgenden Seiten dann ganzseitige Fotos von Entwürfen der Firma: wuchtige Firmenbauten, gesichtslose Fronten. Emma dachte an Martha Steiners Urteil: keine Visionen. Am Ende war ein Interview aus einer Fachzeitschrift abgedruckt. Alexander Bohmann wurde hier als bedeutender Architekt gewürdigt. Ob er vorhabe, sich an dem Bau der neuen BND -Zentrale in Berlin zu beteiligen, wurde er gefragt. Bohmanns Antwort: Wir haben das Wissen und die Stärke dafür.
    Die Fahrstuhltüren öffneten sich, Emma schaute hoch. Hauptkommissar Blume trat heraus, an seiner Seite Alexander Bohmann. Hinter ihnen Blumes Schatten, der ältere Mann mit dem grauen Kraushaar. Emma schnellte wie ein Teufelchen vom Sofa hoch und ging, fast lief sie, den Männern entgegen. Ihr Mikrofon lag griffbereit, den Einschaltknopf fand sie blind. Kurz vor der Eingangstür hatte sie sie eingeholt.
    »Herr Blume, verhaften Sie Alexander Bohmann?«
    Bohmann lachte, seine Augen blickten wütend. Blume biss sich auf die Lippen.
    »Unsinn. Alexander Bohmann begleitet uns nur zu seinem Vater. Wir …«
    »Ist die Firma Bohmann Teil Ihrer Ermittlungen um den Mord an Tom Rosenberg?«
    Der Architekt schnaufte. Seine Gesichtshaut war noch eine Spur dunkler geworden.
    »Jetzt hören Sie mal zu, junge Frau …«
    Emma trat auf ihn zu, das Mikrofon am ausgestreckten Arm. Der Architekt zögerte, er warf einen Blick zu Blume. Der Kommissar trat vor, legte eine Hand auf Emmas Schulter und drängte sie sanft ein paar Schritte zur Seite. Sie drehte sich unwirsch weg. Sofort ließ er ihre Schulter los.
    »Die Familie Bohmann unterstützt die Polizei bei Fachfragen, Frau Vonderwehr«, Blumes Stimme senkte sich, er bedeckte ihr Mikrofon mit seiner Hand, »halten Sie sich zurück. Sonst haben Sie in dieser Stadt bald nichts mehr zu tun.«
    Emma ließ ihren Arm sinken.
    »Was davon kann ich bringen?«
    »Konzentrieren Sie sich lieber auf die Heimattreuen.«
    Emma schaute hoch.
    »Wieso, gibt es da Neues?«
    Bohmann machte einen Laut. Er stampfte mit seinen Schuhen auf den Boden. Es klang wie das Wüten eines Kindes.
    »Herr Blume, ich habe viel zu tun. Können wir jetzt bitte …«
    »Natürlich«, Blume wandte sich zum Gehen. Dann drehte er sich noch einmal um.
    »Das habe ich alles schon Ihrer Kollegin erzählt. Sind Sie nicht informiert?«
    Die drei Männer gingen. Emma starrte ihnen mit offenem Mund hinterher.
    Siebzehn Minuten bis zum Sender. Fast vergaß sie, ihr Fahrrad abzuschließen. Sie lief die Treppen hoch. Die Tür zum Großraumbüro stand offen, Schneider war da, Bente telefonierte. Es herrschte Hektik. Emma warf einen Blick auf die große Funkuhr. Kurz nach neun. Noch fast eine Stunde bis zur Morgensitzung. Die anderen mussten gerufen worden sein.
    »Was ist passiert?«
    Bente blickte kurz hoch, dann drehte sie sich weg und redete leise weiter in den Hörer. Schneider machte einen Schritt auf sie zu und fasste sie leicht an die Schulter. Ich mag das nicht, dachte Emma und wollte sich wegdrehen. Schneider verstärkte seinen Druck. Leise sagte er:
    »Die Polizei hat ein paar von den Neonazis verhaftet. Den Chef und zwei Mitglieder. Bente geht gleich ins Studio.«
    Emma schaute Schneider wütend ins Gesicht. Sie war kurz davor, die Hand auf ihrer Schulter wegzuschlagen.
    »Warum hat mich niemand informiert?«
    Auf einmal war es totenstill im großen Raum. Bente starrte zu Emma hoch. Weiter hinten kicherte jemand. Schneider war weiß im Gesicht. Er nahm seine Hand von ihrer Schulter.
    »Was glaubst du eigentlich, wer du bist?«
    Emma schluckte. Ihre Augen brannten. Jetzt bloß nicht heulen, dachte sie. Sie drehte sich um und rannte fast aus dem Büro. Am liebsten hätte sie die Tür laut hinter sich zugeschlagen.
    In der Kantine dudelte leise der Sonderjingle Aktuell. Normalerweise wurde die Übertragung von den vielen Stimmen der essenden Kollegen übertönt. Jetzt war niemand in dem großen Raum. Emma holte sich einen Kaffee und setzte sich direkt unter den Lautsprecher.
    Der Moderator berichtete gerade von den drei Haftbefehlen und fragte Bente nach den Männern. Verhaftet wurden der Vorsitzende und zwei Mitglieder der Gruppe, erzählte nun die Kollegin mit ihrer tiefen Stimme. Der Vorsitzende sei

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